Oliveri, Michael: Das tödliche Geschlecht
Auf der Suche nach einem Job, der ihm vorübergehend ein wenig Geld für Verpflegung und ein Dach über dem Kopf einbringen soll, macht Tim eine unheimliche Entdeckung. Die Bewohner von Rapture benehmen sich äußerst seltsam; insbesondere die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau scheint völlig aus dem Gleichgewicht geraten zu sein. Schon bald muss Tim erkennen, dass sich hinter dem merkwürdigen Verhalten mehr verbirgt, als nur die Verschrobenheit einiger Kleinstädter. Ein dunkles Geheimnis lauert in Rapture, eines, dem er näher kommt, als ihm lieb ist...
Es ist ein Thema, dass von Schriftstellern und
Drehbuchautoren immer wieder gerne aufgegriffen wird. Ein Fremder
kommt in einen einsamen Ort irgendwo am Ende der Welt, der zunächst
zwar freundlich und einladend wirkt, in dem aber so manches nicht mit
rechten Dingen zugeht. Die Einwohner des Dorfes verhalten sich
merkwürdig, und es kommt zu bizarren Zwischenfällen, die sich der
Neuankömmling einfach nicht erklären kann. Bevor er den Ort jedoch
wieder verlassen kann, um so dem Schrecken, der hier lauert,zu
entgehen, muss er feststellen, dass es für eine Flucht längst zu
spät ist.
Der Amerikaner Michael Oliveri hat sich für seinen Roman Das tödliche Geschlecht eben dieses klassischen Plots bedient und schickt seinen Protagonisten in eine Welt, die den Albtraum eines jeden Mannes verkörpert: ein Ort, der von Frauen dominiert wird und in dem Männer nicht mehr sind als Sklaven, die demütig jeden Wunsch erfüllen müssen, den eine Frau an sie richtet.
Da der Roman dem Horrorgenre zuzuordnen ist, kann man sich denken, dass mehr hinter dieser ungleichen Rollenverteilung steckt als bloß ein aus den Fugen geratenes Weltbild. Das bekommt die Hauptfigur des Buches am eigenen Leib zu spüren auf recht brutale Art und Weise.
Der Roman als solcher ist klasse geschrieben. Oliveris Stil sowie die gelungene Übersetzung von Michael Krug sorgen dafür, dass sich Das tödliche Geschlecht flüssig lesen lässt. Sehr schön ist auch, dass das Buch ohne lange Vorgeschichte daherkommt und man sich praktisch unmittelbar mitten in der Story befindet. Leider ist es gerade diese, die den positiven Eindruck, den man auf den ersten Seiten gewonnen hat, recht bald wieder zunichte macht.
Das tödliche Geschlecht ist ein Roman, der recht einfachen Strukturen folgt. Die Personen sind größtenteils reichlich stereotyp und ohne besondere Tiefe, so dass man manchmal Mühe hat, sie wirklich voneinander zu unterscheiden. Ihre Handlungsweisen verändern sich gerade so, wie es für den weiteren Verlauf der Handlung notwendig ist. So hat Tim, als er auf der Flucht ist, beispielsweise Probleme damit, eine seine Häscherinnen zu erschießen, nur um fünf Minuten später einen weiteren seiner Verfolger aus allernächster Nähe eiskalt zu ermorden.
Das Szenario einer von Frauen dominierten Welt, in der ein Männerleben nicht einen Pfifferling wert ist, klingt zunächst recht interessant, und einige Kapitel lang zeigt sich durchaus, dass ein gewisses Potenzial hinter der Idee steckt. Doch schon bald wird das Prinzip langweilig, insbesondere aus dem Grund, dass dem Roman starke und glaubwürdige Protagonisten fehlen, die ein solcher Plot, will er tatsächlich funktionieren, unbedingt benötigt.
Erwähnt werden sollte auch noch, dass der Roman stellenweise recht brutal daherkommt und eine Menge ausführlich beschriebener Sexszenen beinhaltet. Da aber keine dieser beiden unterschiedlichen Sequenzen besondere Highlights darstellen, retten sie das Buch auch nicht mehr davor, bestenfalls mäßig ansprechende Unterhaltung zu sein. Schade, denn Oliveris eingängiger Stil hat besseres erhoffen lassen.