Gruselkabinett (73) Das Grauen im Blue-John-Stollen
Das Grauen im Blue-John-Stollen
Gruselkabinett (73)
Aus heutiger Sicht scheint es etwas unwirklich, wenn jemand zur Ausheilung seiner Tuberkulose auf eine Farm reist und dort neugierige Erkundungen in einem Stollen anstellt. Aber wir haben es hier ja mit Meisterwerken der sogenannten historischen Schauerromantik zutun und damals entstanden auf diese Art und Weise eben Geschichten. Reiche Edelmänner, die getrieben durch Neugier und Langeweile einem Spuk begegnen, so dass sie am Ende nicht mehr wissen was wahr und unwahr ist.
Hier geht es um ein leibhaftiges Monster, das lediglich als zottig, riesig und mit Lefzen und blutunterlaufenen Augen beschrieben wird. Dieses haust offenbar in dem alten Blue-John-Stollen, der nach einem wertvollen Mineral benannt wurde, dass dort einst abgebaut wurde. Die Geschichte beginnt geheimnisvoll mit einem Brief, den der befreundete Arzt bei den Habseligkeiten des Helden der Geschichte findet. Hier erzählt der schwindsüchtige Mann von seinen Erlebnissen, die ihm niemand glauben wollte. Wie immer kann man sich dabei auf Titania verlassen, die ein schönes Szenario schaffen, in der alle Figuren und Kulissen zu richtigem Leben erwachen. Fehlen tut nur das Bild, was bei Hörspielen aber immer im Kopf entsteht und deswegen diesen besonderen Reiz ausübt. Hörspiele die keine Bilder im Kopf entstehen lassen, haben versagt. Auch die gibt es, aber nicht bei Titania.
Die Handlung hat hier absolute Priorität. Es gibt keine schwülstigen Dialogszenen von Überlänge und auch keine Subtexte, die der Handlung nicht dienlich sind, so dass sich alles voll und ganz auf das Grauen im Stollen konzentriert. Das Ende befriedigt leider nicht so sehr. War das nun alles Einbildung oder Wahrheit. Vieles deutet auf Ersteres. Aber das regt sicher auch zu Diskussionen und zum Nachdenken an, was sicher auch ein Zweck der Geschichte ist, die Holmes-Erfinder Canon-Doyle einst niederschrieb.
Marc-Oliver Schulze gibt einen prima Haupthelden ab. Glaubwürdig und perfekt spielt er die Rolle des Edelmannes mit der Neugier, der sich am Ende nicht zu schade ist der Bestie den Kampf anzusagen. Ein Highlight dieser Folge jedoch ist Ingrid Steeger, die in brillanter Weise die Zimmerwirtin des Helden darstellt. Es ist gleichzeitig Steegers Hörspieldebüt und das verwundert schon sehr. Denn sie passt ausgezeichnet in dieses Medium. Ein großer Dank an Titania Medien, die es geschafft haben, die große Dame des Ulks und des flotten Schauspiels vors Mikro zu bekommen. Die anderen Darsteller sind gleichermaßen überzeugend und ebenso ein Genuss für die Ohren. So freut es mich immer wieder Horst Naumann wieder zu hören, der viele Hörspiele in den 80er Jahren prägte und welcher eigentlich meine Hörspieljugend begründete.
Das Artwork ist typisch. Das Cover diesmal weniger detailreich als noch in Folge 72, aber auch ein Ertugrul Edirne-Bild. Er versteht es genau wie sein Vorgänger die Atmosphäre und den Stil der Hörspiele in Bildern einzufangen.
Die unheimliche Musik sorgt zusammen mit den Geräuschen der stampfenden Monsterschritte, die wie ein Echo in den Stollenwänden ertönen für mehr als schaurig-wohlige Atmosphäre.
Fazit: Ein erneuter großer Wurf innerhalb der größten Gruselserie, die es jemals auf dem Hörspielsektor gab. Der Speicher an alten Geschichten scheint unerschöpflich zu sein.