Alice Borchardt, Der Gesang der Wölfin
Norditalien im 9.Jahrhundert. Ein entlaufener sächsischer Sklave findet im Schnee eine bewusstlose, halberfrorene Frau. Mit letzter Kraft schleppt er sie in ein nahe gelegenes Kloster und gerät in ein alptraumhaftes Szenario. Anstelle von Mönchen wird die Anlage von Zombies bewohnt, die einem dunklen Gott/Geist hörig sind. Der Sachse wird gefoltert und sieht dem Tode ins Auge. In letzter Minute kann Regaene (so heisst die inzwischen wieder zu sich gekomme Fremde) ihm das Leben retten und die beiden übergeben den Bau den reinigenden Flammen.
So beginnt das eigentliche Abenteuer.
Regaenes Ehemann, Fürst Maeniel, herrscht im Dienste Karls des Großen über ein Fürstentum in den Bergen. Seine Vertrauten leben gleich ihm ein Doppelleben als Wolf und Mensch. Weil König Karl die Invasion des norditalienischen Langobardenreiches plant, geht der Wolf auf Spionagemission zu den Alpenpässen. Seine Frau lässt er gegen ihren Willen zurück. Als er in Gefangenschaft gerät, bricht sie auf, um ihn zu rettten. Am Langobardenhof treffen die beiden wieder aufeinander und auch der böse "Geist" ist mit von der Partie. Weitere wichtige Handlungsträger sind: die Kaufmannstochter Chiara, die Sängerin Dulcinea und Lucilla, die im Auftrage des Papstes handelt.
Alice Borchardts Roman ist aus der Sicht von Frauen geschrieben. Liebe, Ehe, Familie und der Wunsch nach Kindern spielen eine wichtige Rolle und auch das Verhältnis Mann/Frau gerät immer wieder in den Fokus der Erzählung. Zusammen mit dem Werwolfmotiv und dem geschichtlichen Hintergrund, in den auch der Papst und seine Geliebte noch einbezogen werden, ergibt dies eine ganz besondere Mischung. Die Autorin entwirft ein ganz spezielles religiöses Umfeld, in dem sie Christentum und vorchristliche, heidnische Götter und den Werwolfmythos vermengt. Dies alles unterscheidet Borchadts Romane von den anderen Werken mit historischem Hintergrund. Dieser historische Hintergrund ist aber auch nicht mehr als das: eben der Hintergrund. Die Langobarden und ihr König kommen bei der Autorin nicht besonders gut davon, werden als grausam und unfähig eingestuft. Die Ablösung ihre Herrschaft durch Karl scheint im Roman als richtig und wünschenswert. Die Spezifika des fränkischen Reiches werden nur am Rande berührt.
Fazit: ein spannender, lesenswerter Roman, der wohl am besten für Freunde spannender Liebes- und Abenteuergeschichten geeignet ist. Sowohl das fantastische als auch das historische Element treten dagegen deutlich zurück. Vor allem weibliche Leser werden aber ihre reine Freude darin haben.