Gaiman, Neil: Zerbrechliche Dinge

Neil Gaiman - Zerbrechliche DingeZerbrechliche Dinge –
Geschichten & Wunder

(Fragile Things)
von Neil Gaiman
aus dem Amerikanischen von
Hannes & Sara Riffel sowie Karsten Singelmann

330 Seiten; 19,90 €
ISBN 978-3-608-93876-0
Erschienen: Frühjahr 2010
Hobbit Presse, Klett-Cotta

In seiner Anthologie »Zerbrechliche Dinge« versammelt Kultautor Neil Gaiman eine Sammlung ausgefallener, schaurig-schöner, mitunter auch reichlich skurriler Kurzgeschichten, in denen er seinem Ruf, der wohl unkonventionellste Schriftsteller phantastischer Werke der Gegenwart zu sein, alle Ehre Macht. 14 Erzählungen warten nur darauf, ihr Publikum mitzunehmen auf kurze, aber höchst außergewöhnliche Reisen in phantasievolle Welten.

Wie etwa die Erzählung um einen Autor, der ein literarisches Meisterwerk schreiben will, einen Roman, der das Leben in all seinen Einzelheiten, ganz so, wie es ist, widerspiegeln soll. Was auf den ersten Blick reichlich banal anmutet, erweist sich für den Leser schnell als weitaus hintergründiger, als zunächst vermutet ...

Oder aber die Erzählung von einem Jungen, der auf einer Party endlich seine Scheu vor dem anderen Geschlecht überwinden und ein Mädchen ansprechen möchte – nicht ahnend, dass ausgerechnet diese Party relativ ungünstig für sein Vorhaben ist.

Und dann wäre da noch die Erzählung um einen Mann, der von einem alten Bekannten eine unheimliche Geschichte über dessen Zimmerwirtin, die immerzu frisches Fleisch benötigt, berichtet bekommt ...

Allerhand Phantastisches und immer auch ein wenig Groteskes erwartet die Leser in den zwischen 2 und knapp 70 Seiten langen Geschichten von Gaimans Anthologie. Freunde ausgefallener Phantastik mit mehr als nur einem kleinen Hang in Richtung des Makabren werden auf ihre Kosten kommen.

Der ganz große Wurf ist Gaiman mit »Zerbrechliche Dinge« allerdings nicht gelungen. Die eigentlichen Plots seiner Erzählungen sind allesamt zwar im Großen und Ganzen recht originell, doch echte Höhepunkte fehlen ihnen im Grunde vollkommen. Die eingebauten Storywendungen werden zu augenfällig vorbereitet, als dass sie schlussendlich tatsächlich noch überraschen könnten. Und auch hinsichtlich der Protagonisten muss man Abstriche machen: Überzeugen die Figuren in Gaimans Romanen in der Regel durch reichlich unorthodoxe Darstellungen, so bleiben die Figuren aus seinen Kurzgeschichten fast samt und sonders blass, nicht mehr als bloße Statisten, lediglich dazu da, die Handlung der jeweiligen Story voranzutreiben.

Ganz anders sieht das hinsichtlich der Atmosphäre aus. Hier reicht kaum einer Gaiman das Wasser. Mühelos erzeugt der Autor in nur wenigen Sätzen jene schaurig-schöne Grundstimmung, jenen stets mitklingenden unheimlichen Unterton, den man an seinen Geschichten so zu schätzen weiß.

Alles in allem ist »Zerbrechliche Dinge« eine unterhaltsame Zusammenstellung kurzer Episoden für alle Leser, die Romane wie jene von Gaiman, Kurzgeschichtensammlungen wie »Unter dunklen Schwingen« von Herausgeberin Alisha Bionda und Filme wie jene von Tim Burton zu schätzen wissen. Sicherlich kein Meilenstein der phantastischen Unterhaltung, abwechslungsreiche Unterhaltung für einen wohlig-gruseligen Abend vor dem Kamin aber in jedem Fall.
 

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