Jack McDevitt - Zeitreisende sterben nie

Jack McDevitt - Zeitreisende sterben nieZeitreisende sterben nie
(Timetravellers never die)
Jack McDevitt

Zeitreisen sind seit H.G. Wells ein beliebtes Thema der Science Fiction. Zeitreisen gab es in nahezu allen Heftserien. Besonders bekannt sind sicherlich die Zeitkugel und Peter Terrids Time Squad. Über Ostern habe ich mir nun die Zeit genommen, zu schauen, was Jack McDevitt aus diesem Thema gemacht hat.

McDevitt dürfte den meisten bekannt sein wegen seiner Romane über Priscilla Hutchins und der Serie über Alex Benedict. Auf jeden Fall verfügt er laut Bastei über eine schillernde Vita. Danach war er Marineoffizier, Taxifahrer, Motivationstrainer und Zollbeamter.


Zeitreisende sterben nie schildert in 45 Kapiteln plus Prolog und Epilog die Erlebnisse von Shel Shelborne und seinem Freund Dave Dryden. Geschrieben sind die Kapitel meist aus der Ich-Perspektive von Dave, sofern sie Shel behandeln, wählt der Autor die dritte Person. Vordergründig geht es in dem Buch um die Suche der beiden Protagonisten nach dem verschwundenen Vater von Shel. Der Physiker Michael Shelborne ist nämlich spurlos verschwunden, aus einem von innen verschlossenen Haus, das keinerlei Einbruchsspuren aufweist. Doch schon nach kurzer Zeit erfährt Shel von einer Art Testament und dem Wunsch des Vaters drei Apparate zu vernichten. Nach längerer Tüftelei entdeckt er ihr Geheimnis, es handelt sich um Zeitmaschinen. Und das ist der Startschuss für eine Suche nach dem Vater.

Doch wo gilt es anzusetzen? Welche Epoche, welche historische Persönlichkeit hat den Vater am meisten interessiert?  Und bald gerät die Suche fast in den Hintergrund. Die beiden Zeitreisenden finden selbst gefallen an der Begegnung mit historischen Persönlichkeiten, am Besuch von Erstaufführungen und Konzerten. Diese Erlebnisse verändern die beiden, ihr normales Leben kommt ihnen schal, langweilig und schließlich sinnlos vor. Aber sie machen auch Bekanntschaft mit den Tücken der Zeitreisen. Es gibt eine Art Notwehrmechanismus der Zeit, der tiefgreifende Veränderungen unmöglich macht. Und auch die Apparate selbst sind nicht unzerstörbar und können defekt werden. Und während sie noch darüber brüten, wie man diese Erfindung am sinnvollsten für sich selbst, aber auch für die Menschheit einsetzen kann, wird Shel ermordet ...

Die Zeitreisenden greifen nach einer ernüchternden Erfahrung nicht selbst ein in das historische Geschehen. Sie genießen Konzerte, Theaterbesuche, feiern Feste und diskutieren mit historischen Persönlichkeiten, schließen sogar Freundschaften. Jedes Kapitel wird von einem Zitat eingeleitet, etwa von Winston Churchill oder Alexander Pope. Im Grunde vermittelt das Werk Einblicke in die gesamte abendländische Kultur- und Kunstgeschichte von der Antike bis in das 19. Jahrhundert. Einen für Europäer ungewöhnlich breiten Raum nimmt dabei die amerikanische Geschichte ein. Dort werden auch unangenehme Themen wie die Rassendiskriminierung thematisiert. Die kurz gehaltenen Abstecher in die Zukunft bleiben vage und ungewiss. Und wenn man genauer liest, entdeckt man eine zweite tiefere Ebene des Romans. Es geht McDevitt um Freundschaft, Persönlichkeitsentwicklung und den Sinn des Lebens.

Zeitreisende sterben nie ist ein aussergewöhnliches Buch. Wenn sich der Leser darauf einlässt, kann er viel neues entdecken, mehr über sich und die abendländische Zivilisation erfahren. Wenn man Action oder Splatter sucht, sollte man dagegen lieber die Finger von dem Buch lassen.

 

Daten zum Buch

Übersetzer: Frauke Meier
Bastei-Lübbe 2011
ISBN 978-3-404-24396-9
525 Seiten
8,99 Euro


 

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