Keyes, Greg: The Briar King

CoverThe Briar King – The Kingdoms of Thorn and Bone 1
von Greg Keyes
Del Rey Taschenbuch
erschienen: 2003 (USA)
584 Seiten, $ 7.99
ISBN: 978-0-345-44070-9
Del Rey

Wenn es eine Sache gibt, der ich misstraue, dann sind es die lobenden Zitate bekannter Autoren und Kritiker auf dem Cover oder den ersten Seiten von Büchern. Zu oft schon habe ich erlebt, dass Romane, die als einzigartige Highlights angepriesen wurden, sich beim Durchlesen als volle Flops erwiesen haben.

Natürlich gibt es eine Menge solcher Aussagen, die zutreffen und denen man nach der Lektüre bereitwillig zustimmt. Wenn es sich dabei aber um völlig übertrieben klingende Statements handelt und man trotzdem nicht umhin kommt, dem jeweiligen Verfasser beizupflichten, dann ist man doch ein wenig überrascht. So ist es mit beim Fantasyroman The Briar King gegangen.

Wenn man Fantasy total satt hat, dann sollte man The Briar King lesen. Schon wüsste man wieder, warum man das Genre einmal geliebt hat. Mit etwa diesen Worten hat ein Kritiker Greg Keyes Roman aus dem Jahr 2003 kommentiert. Derartige Aussagen lassen mich normalerweise nur ungläubig mit dem Kopf schütteln. Doch zu meinem großen Erstaunen muss ich sagen: In diesem Fall kann ich der Kritik nur zustimmen.

The Briar King ist, wie so viele High Fantasy-Werke, das, was man ein Ensembledrama nennen könnte. Greg Keyes schickt eine ganze Reihe von Figuren ins Rennen, die auf den ersten Blick relativ wenig miteinander zu tun haben, im Endeffekt aber alle in die gleiche Geschichte verstrickt sind.

Da ist zunächst mal der schweigsame Förster Aspar White zu nennen, der auf der Suche nach einer Bande von Räubern und Mördern auf die Spur einer Sagengestalt stößt, die Tod und Verderben über alles Leben zu bringen vermag. Oder Prinzessin Anne, die jüngste Tochter des Königs von Crotheny, die in geheimnisvollen Visionen erfährt, dass das Schicksal der Welt von ihr abhängen könnte. Ein junger, ehrenhafter Mann, der überraschend zum Ritter geschlagen wird, eine sturköpfige junge Frau, die ihrer großen Liebe folgt und dabei in große Gefahr gerät, ein abenteuerlustiger Draufgänger, der die ernsten Seiten des Lebens kennen lernt, ein machtgieriger Adliger, der zu mörderischen Mitteln greift, um seine Ziele durchzusetzen... Die Schicksale dieser und weiterer Personen sind untrennbar miteinander verbunden im Kampf um die Zukunft der Welt, denn der Dornenkönig, eine dunkle, legendäre Gestalt, droht, aus jahrhundertelangem Schlaf zu erwachen und die bekannten Reiche ins Chaos zu stürzen.

The Briar King ist der Auftakt zur vierteiligen Reihe The Kingdoms of Thorn and Bone, deren abschließender vierter Band im Laufe des Jahres 2008 erscheinen soll. Und, auch wenn es übertrieben klingen mag: Das Buch ist (meiner Meinung nach, wohlgemerkt) ein wahres Meisterwerk, ein Fantasyepos, das seinesgleichen sucht.

Okay, eines vorneweg: Auch an einem Meisterwerk kann man Kritik üben. In diesem Fall kann man sich an der recht einfachen und stereotypen Charakterzeichnung stören. Die Prinzessin ist die typische Rebellin, wie man sie aus Dutzenden anderen Werken kennt, Aspar White könnte die Kopie des verschlossenen Helden eines jeden Action- und Kriminalfilms sein, und der edle Ritter ist so durch und durch edel, dass es schon fast wehtut. Andererseits aber sind alle Personen detailliert ausgearbeitet und wirken sympathisch (oder, im Falle der Bösen, wirklich fies und durchtrieben).

Überraschende Wendungen, eine äußerst gelungene Mischung aus politischen Intrigen und sagenhaften Gestalten, eine gewaltige, vielseitige Welt, mitreißende Handlungsstränge – inhaltlich hat der Roman enorm viel zu bieten. Schon bei dieser Aufzählung geht einem Fantasyfreund das Herz auf, doch wirkliche Begeisterung stellt sich ein, wenn man sich Keyes Umsetzung dieser Elemente zu Gemüte führt. Personen und Orte wirken lebendig und faszinierend, und man ist, wenn man mal die beiden etwas verwirrenden Vorworte hinter sich gebracht hat, innerhalb kürzester Zeit gebannt von der fesselnden Handlung.

Keyes Schreibstil ist äußerst ansprechend. Er schafft es, dass der Roman einerseits episch klingt, gleichzeitig aber problemlos zu lesen ist und einen dabei immer weiter mitreißt, sowohl durch geschickte Formulierungen als auch durch packende Storylines. Na ja, eine Einschränkung muss wohl gemacht werden: Man sollte schon wirklich fit sein, was die Lektüre englischsprachiger Texte angeht, es sei denn, man liebt es, sich Romane mit Hilfe von Wörter- und Grammatikbüchern zu erarbeiten. Wer die englische Sprache nicht so gut beherrscht, den Roman aber trotzdem lesen möchte, der sei beruhigt: im Blanvalet-Verlag ist die deutsche Ausgabe unter dem Titel Der Dornenkönig – Die verlorenen Reiche 1 erschienen (wobei ich aber nicht garantieren kann, dass die Übersetzung so gut ist wie der originale Text).

Um es kurz zu machen: The Briar King ist ein absolutes Highlight der Fantasyliteratur. Wer High Fantasy mit vielen Charakteren und einer Vielzahl verschiedener Handlungsstränge mag, der liegt mit dem Buch goldrichtig. Auch für alle, die Fantasy bisher nur wenig abgewinnen konnte, ist das Buch genau das Richtige – oder eben, wie ein bereits erwähntes Zitat schon sagt, für all diejenigen, die das Interesse an Fantasy verloren haben und noch mal wissen wollen, warum sie das Genre einmal geliebt haben.

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