McDevitt, Jack: Die "Alex Benedict"-Serie
Die Alex
Benedict-Serie
von Jack McDevitt
1. Die Legende von Christopher Sim (A
Talent for War)
Bastei SF Special 24134
deutsch 1990, im Original 1989
426 Seiten; Taschenbuch; 12,80 DM
ISBN: 3-404-24134-7
Der Roman ist ebenfalls noch verfügbar in einer Neuauflage von 1999 zusammen
mit dem Roman Erstkontakt <2. Version> des gleichen Autors
Bastei Luebbe Taschenbuch; SF Special 24274
ISBN: 3-404-24274-2
2. Polaris
(Polaris)
Bastei Science Fiction 24349
deutsch 2006, im Original 2004
525 Seiten; Taschenbuch; 8,95 Euro
ISBN-13: 973-3-404-24349-5 bzw.
ISBN-10: 3-404-24349-8
3. Die Suche (Seeker)
Bastei Science Fiction 24362
deutsch 2007, im Original 2005
492 Seiten; Taschenbuch; 7,95 Euro
ISBN: 973-3-404-24362-4
Verlagsgruppe Lübbe
Die Menschheit in fernster
Zukunft des 9. Jahrtausends: man hat seit etwa 6000 Jahren den Raum zu
besiedeln versucht, die inzwischen mehreren hundert Planeten sind aber erst
seit etwa 200 Jahren zu einer Konförderation zusammengeschlossen.
Grund
dafür ist ein bitterer Krieg gegen das einzige außerirdische Volk, die man
bislang angetroffen hat, die sogenannten Stummen, aber auch diese
Telephatenrasse ist humanoid und vom Charakter her nicht völlig anders, wie
die Verhaltensformen beweisen. Vor besagten zweihundert Jahren (etwa um 1290
nach Zeitrechnung des Planeten Rimway) eskalierte ein Konflikt der
Grenzwelten zu einem offenen Raumkrieg, in dem die Ayyuraner (wie die Stummen
sich selbst nennen) verschiedene Welten besetzten, zuletzt auch Dellaconda, den
rauen Planeten, von dem Christopher und sein Bruder Tarien Sim stammen, die
beide die Hauptakteure des Krieges und ihrer Anführer waren und ihn 4 Jahre
gegen die große Übermacht fortführten, wobei insbesonders Christopher sich als
legendärer Anführer erwies und überall zugleich zu sein schien. In der letzten
Schlacht im Rigelsystem wird sein Flaggschiff CORSARIUS mit ihm an Bord
zerstört, aber dies galt dann als das letzte Signal, damit sich auch die
Hauptmenschenwelten wie Rimway, Toximon und die Erde selbst nach ihrem isolationistischen
Zögern den Angreifern entgegenstellten und sie wieder zurückwarfen, so dass
beide Sim-Brüder (Tarien starb einige Wochen später ebenfalls im Raumkampf)
dieses, ihr angestrebtes Ziel, letztlich erreichten, die Gründung eben jener
Konföderation.
Auch
Alex Benedikt, geboren auf Rimway, ist mit diesen Legenden aufgewachsen, sein
Interesse für Geschichte ist auch deshalb groß, weil er sein Geld mit dem
Handel von Artefakten verdient; zumindest solange, bis er in den Genuss der
Erbschaft seines Onkels Gabriel kommt, der bei einem der sehr seltenen, aber
doch vorkommenden Unglücke ums Leben kommt, als das Passagierschiff CAPELLA
beim Hyperraumflug verschwindet. Gabriel war gerade auf dem Weg zu einem
Außenplaneten, um von dort mit der Raumpilotin Chase Kolpath eine Expedition zu
unternehmen zur geheimnisvollen Verschleierten Dame, einem 1100 Lichtjahre
entfernten galaktischen Nebel, und als beide nachforschen, kommt es zu sehr
merkwürdigen bis gar bedrohlichen Vorfällen (wie Einbrüchen, einem Attentat und
selbst der Einmischung der Stummen). Es geht letztlich um die wahre Geschichte
von Christopher Sim, ein Artefakt und einen Preis, der sich wirklich lohnt.....
2.
Die POLARIS ist ebenfalls eines jener legendären Schiffe, eine luxuriöse
Raumyacht, die einige Forschungs- und Tourismusreisende zu einem
Sternzusammenstoß ins All getragen hat, von der sie nicht mehr zurückkamen
nur das Schiff wurde von Suchexpeditionen nach etlichen Tagen leer im All
treibend aufgefunden. Das Schicksal der Verschwundenen wird zum Mythos,
persönliche Gegenstände und andere Memorabilien sind sehr gefragt;
Antiquitätenhändler Alex Benedict hat einige in Besitz, doch als auf einer
Auktion mit diesen ein schwerer Anschlag mit Todesopfern verübt wird, erwacht erneut sein Misstrauen
und begibt er sich mit der unverwüstlichen Chase auf die Nachforschungen, die
zu einem unerwarteten Ende führen werden das dann doch keines ist, weil....
3.
Letztlich ist auch noch die SEEKER zu nennen, ein uraltes Schiff, das bereits
im 27. Jahrhundert (Erdzeit) die erste private Mission einer Besiedlung
unternahm, getragen von einer regierungskritischen Gruppe, die 5000 Menschen
davon überzeugen konnte, sich ihnen anzuschließen. Nach mehreren Hin- und
Herflügen ist die SEEKER (und ihr Schwesterschiff, die BREMERHAVEN) schließlich
verschollen, ebenso wie die Kolonie. Das Besiedlungsprojekt war zwar ohnehin
dahin ausgerichtet, dass man eine
völlige Autarkie erreichen wollte, weshalb auch nach dem Verschwinden der
SEEKER keinerlei Anhaltspunkte über das erreichte Sonnensystem und die Welt
vorhanden waren und die Mission ins Reich der Legenden abglitt bis nunmehr
Alex Benedict eine uralten Keramik-Tasse angeboten wird, die das Emblem eben
dieser SEEKER trägt und sich als echt herausstellt. Erneut beginnen Alex und
Chase die Nachforschungen, die sich durch etliche Computerarchive, Befragungen
von Zeitzeugen bis hin zu den Stummen ziehen und letztlich in einer
grandiosen finalen Entdeckung nicht nur der SEEKER selbst enden werden...
Auch
diese Serie von McDevitt wurde offenbar (wie die um Priscilla Hutch
Hutchison) nicht als solche geplant, die beiden Folgebände später angefügt.
Im
ersten (und besten) Band tritt Alex Benedict noch als Ich-Erzähler auf, in den
weiteren übernimmt dies seine patente Assistentin und Raumpilotin Chase
Kolpath. Alles ist in die, beim Autor gewohnte, schöne Atmosphäre des
Wundersamen, Spannenden, Mysteriösen eingebunden; die reine Technik steht
weniger im Vordergrund, obwohl im ersten der Preis für alles ein grundlegend
neuer Ansatz der überlichtschnellen Raumfahrt zu gewinnen ist. Ein Hauch von
Science Fantasy ist spürbar, wenn auch nicht so extrem wie beim Meister
derselben, Jack Vance. Es berührt vor allem die Tragik um das Schicksal der
Hauptperson (Christopher Sim), dessen Legende, ohne nun zuviel verraten zu
wollen, sich zunehmend als Scheinbild erweist; wobei man ohnehin vorher schon,
aus heutiger Sicht, in rechtem Zweifel war/ist, ob Handlungen eines
Kriegshelden, so gut sie auch gemeint sind, im gleichen Ausmaße zu
rechtfertigen sind wie von der Legende der future history dargestellt oder
gar als Vorbild genommen werden können. Die Verführbarkeit von Leuten, der
öffentlichen Meinung, ja ganzer Planetenbevölkerungen ist wohl etwas, was sich auch
in fernster Zukunft nicht ändern mag...
In
den beiden Folgebänden tritt (zum Glück) der militärische wie moralische Aspekt
zurück; hier frönen Alex und Chase ziemlich unverhohlen, aber insofern ehrlich,
dem Gewinnstreben in finanzieller Natur (schließlich ist es eine Firma, die mit
Artefakten/Antiquitäten handelt...) und der rein intellektuellen Freude daran,
Mysteriöses und Geheimnisse, auf die sie stoßen, aufzuklären; das natürlich
auch gewohnt zäh und beharrlich, letztlich auch von Erfolg gekrönt. (Den
Hintergrundplot des zweiten Bandes speziell zu erklären würde potentiellen
Lesern die Spannung nehmen. Es ist, nur als Appetithappen, aber keine
Geschichte, wie man aus der Beschreibung oben vermuten könnte, also nichts in
Sachen MARIE CELESTE und ähnlichen Geisterschiffen)
Kritisch
anmerken muss man, dass das ganze zwar weit, weit entfernt in die Zukunft
verlagert ist (selbst Perry, unser Mann im All, hat noch nicht mal die Hälfte
der Zeit geschafft), aber sich nicht sehr viel getan hat. Die Erde gibt es noch
immer, die besiedelten Planeten sind, bis hin zu Namensgebungen (und auch noch
meist amerikanisch/angliziert) ihre Abbilder, von gesellschaftlichen,
intellektuell neuen Entwicklungen ist
wenig bis nichts zu spüren (nur ein paar kleine Anmerkungen werden gemacht, die
Grundidee des dritten Bandes fußt ja auf der Auswanderung einer solchen
Nonkonformistengruppe). Christopher Sim kann sich ungehindert auf noch viel
ältere Traditionen beziehen (die altgriechischen Ereignisse; denn er agiert, ziemlich
unverschlüsselt, in einer Rolle, die Leonidas bei den Thermophylen einnahm:
(Opfertod um die Nation gegen den Feind zusammenzuschließen; nun ja.....),
und das ist allen noch recht präsent, auch nach 6 bis 10 Jahrtausenden....
Ein
Hoch auf die Datenhaltbarkeit; wo Lesers sich Gedanken machen muss, ob die
Abspeicherungen auf CDRoms und anderen Mitteln zwanzig Jahre überdauern oder
gar, eine noch grusligere Vorstellung, nicht die Zusätze bei der
Papierherstellung jedes gedruckte Werk, also auch diese McDevitt.-Romane, in
den nächsten hundert Jahren ohnehin dem Vergessen anfallen lassen werden. Diese
Probleme hat Alex Benedict nicht, der Raum bewahrt ja vieles, aber wenn die
Artefakte denn mal in Gebrauch sind, muss es schon die Tasse der SEEKER aus
Keramik sein, die so lange Zeiträume übersteht....
...ein
Schicksal, das man jedem dieser Bücher natürlich auch wünscht, denn sie sind
gut genug, um erhalten zu bleiben; beinahe schon etwas für die Mitnahme zur
sprichwörtlichen Insel, je nach Umfang der dorthin zu transportierenden
Bibliothek.
Ein
Urteil, dem sich hoffentlich andere auch anschließen können.