... H. J. Müggenburg über Earls, SF und sich
Ein Beitrag von Michael Müller
Das nachfolgende Interview wurde am 10. März 2015 in Herrn Müggenburgs Stammkneipe bei einem Bierchen auch Tonband aufgezeichnet. Bei der schriftlichen Wiedergabe kann es zu Auslassungen und Umformulierungen kommen.
Ergänzt wurde das Interview von Peter Emmerich aufgrund diverser Korrespondenz mit dem Autor.
H.J. Müggenburg – Autor und Person
Zauberspiegel: Wer ist H. J. Müggenburg? Wo kommt er her? Was hat er gemacht? Weder über Sie noch über ihr Alter Ego Hexer Stanley ist viel bekannt? Können Sie sich ihren Lesern einmal ausführlicher vorstellen?
H. J. Müggenburg: Es gibt kein Alter Ego nur Hans Jürgen Müggenburg, ohne Bindestrich zwischen Hans Jürgen.
Zauberspiegel: Ihre Romane zeichnete immer ein britisch angehauchter Humor aus. Waren Sie in der Schule der Klassenclown mit Vorliebe für den englischen Humor?
H. J. Müggenburg: (verneint 3x) Ich war in der Schule immer einer der Besten. Ich habe anderen immer geholfen, speziell wenn Diktate geschrieben werden mussten. Seit dem 17 Lebensjahr war ich immer wieder Stadtbücherei Kaiserslautern und dort im Schnitt von drei Wochen vier Bücher „weggemacht“.
Zauberspiegel: Wie sind Sie wann zum Schreiben gekommen?
H. J. Müggenburg: Zum Schreiben bereits in der Schule. Meine Aufsätze waren immer die phantasievollsten. Das professionelle Schreiben begann 1966.
Zauberspiegel: Das kommerziell erfolgreichste Genre war der Western. Auch sehr erfolgreich war der Krimi. Haben Sie nicht mal überlegt es mit Männer auf Pferden zu versuchen oder mit Detektiven mit 38-igern? Wobei Krimis – immerhin gibt es stilistische Ähnlichkeiten zwischen Ihnen und dem Zauberkreis-Autor Simon Sarg, der humorvolle Krimis schrieb. Stecken Sie etwa dahinter?
H. J. Müggenburg (lacht): Nein! Simon Sarg ist übrigens nicht Simon Sarg (schmunzelt)
Zauberspiegel: Haben sie nebenberuflich geschrieben?
H. J. Müggenburg: Damals war es nebenberuflich. Hauptberuflich war ich mit 17 Jahren gar nichts damals. Ich hab nur geschrieben.
Zauberspiegel: Wie sind Sie an den Zauberkreis Verlag gekommen? Haben Sie es auch bei einem der anderen Verlage wie Bastei Pabel oder Kelter einmal versucht mit Texten unterzukommen?
H. J. Müggenburg: Hallberg und Kelter wollten nicht, Pabel und Bastei Lübbe wollten nicht, aber der Zauberkreis hat dann zugesagt.
Peter Emmerich: Sie haben also nie so etwas wie eine „schriftstellerische Ausbildung“ gemacht?
H. J. Müggenburg: Nein! Ich habe immer gerne und gut geschrieben und wollte einfach versuchen, meine Romane zu publizieren. Und wie gesagt, Zauberkreis hat sie als einziger Verlag angenommen.
Zauberspiegel: Nachdem Schreiben sind sie Elektriker geworden. Hat es Sie nie wieder an die Schreibmaschine zurückgezogen? Hat es Sie nie wieder in den Fingern gejuckt, Romane zu schreiben?
H. J. Müggenburg: Ich hab in den Eisenwerken Starkstromelektriker gelernt von 1958 bis 1961. Die Lehre hab ich nach dreieinhalb Jahren Lehrzeit mit Bestbenotung abgeschlossen, also praktisch und theoretisch. Ich hatte 1951 bis 1958 vor der Lehre geschrieben und auch danach.
Zauberspiegel: Was macht der Rentner Müggenburg denn so?
H. J. Müggenburg (lacht): Der Rentner Müggenburg ist im Unruhestand.
H.J. Müggenburg – Der Hexer Stanley
Zauberspiegel: Der erste – noch unveröffentlichte – Roman um den Earl of Depford, seine trinkfeste Gattin und den Butler George McLowrie ist 1968 angesiedelt, während die Romane danach alle 1974 (quasi dem Erscheinungsjahr von sechs der sieben veröffentlichten Romane) spielen. Bedeutet das, sie haben die Figuren als Reaktion auf die Dan Shocker-Romane bereits 1968 entwickelt? Oder war die Geschichte etwa ganz anders?
H. J. Müggenburg: Der einzig Unveröffentlichte ist Die Jagd nach Borascht. Die Jahresangaben wurden von mir willkürlich eingesetzt.
Zauberspiegel: Es hat also keinen Zusammenhang mit Dan Shocker?
H. J. Müggenburg: Nein.
Peter Emmerich: Was ist mit dem Manuskript von Satans Hoflieferanten? Das hat – nach unseren Recherchen – Zauberkreis nicht veröffentlicht. Wurde es überhaupt angekauft?
H. J. Müggenburg: Ehrlich gesagt: ich weiß es nicht mehr. Trotz intensiver Suche in meinen alten Unterlagen konnte ich dazu nichts mehr finden. Vermutlich wurde es tatsächlich nirgendwo gebracht.
Zauberspiegel: Wie sind diese Figuren der Hexer Stanley-Romane entstanden? Die Serie als Parodie und Komödie anzulegen ist ein kluger Schachzug. Sehr ausgeprägt waren ja auch die Schilderungen von George McLowrie, dem Butler. Das bringt mich auf den Gedanken: War da Butler Parker (lief ja auch bei Zauberkreis) eine Art Vorbild?
H. J. Müggenburg: Das war die Freundschaft mit einer echten schottisch-adligen Familie.
Zauberspiegel: Wie war die Zusammenarbeit mit den Lektoren (Herr Villinger Silber-Grusel-Krimi und der Dame von der Zauberkreis-SF)? Immerhin hat Herr Villinger ihre Romane heftig bearbeitet.
H. J. Müggenburg: Da habe ich wirklich nichts davon gehalten. Ich hatte ja immer meine Originalmanuskripte zu Hause und die jeweils 5 Freiexemplare.
Zauberspiegel: Was hielten Sie von den Bearbeitungen Ihrer Texte?
H. J. Müggenburg: Wahrscheinlich kam der [Lektor] nicht mit meinem Schreibstil zurecht. Der hat mir die Originalmanuskripte so sehr verhunzt.
Zauberspiegel: Mussten Sie Exposés einreichen und wenn ja, welchen Umfang hatten diese?
H. J. Müggenburg: Nein, ich habe nur die fertigen Manuskripte hingeschickt – das waren zuerst die Science Fiction Romane. Dann wurde angefragt ob ich auch etwas grusliges schreiben könnte, und da kam mir dann die Idee zu dem Earl of Depford. Das Vorbild war der 27. Earl of Gawain, Gawain of Edinburgh. Earl ist der höchste Adelstitel den es in Schottland gibt. Und diese Familie kann ihre Ahnen bis ins 9 Jahrhundert zurückverfolgen. Und so alt ist auch ihr Schloss.
[Anmerkung: H.J.Müggenburg kannte der Earl persönlich und war auch dort zu Gast. Daher auch die nächste Frage.]
Zauberspiegel: Aber wahrscheinlich doch ohne Schlossgespenst?
H. J. Müggenburg (lacht): Ja.
Peter Emmerich: Wie war Ihre damalige Arbeitsweise, wie viel Zeit haben Sie in einen Roman im Schnitt investiert?
H. J. Müggenburg: Ich habe intuitiv geschrieben und für ein Manuskript ca. einen Monat gebraucht.
Zauberspiegel: Es gibt noch zwei bislang unveröffentlichte Hexer Stanley-Romane? Können Sie sagen, warum Zauberkreis diese Texte nicht mehr gebracht hat?
H. J. Müggenburg: Bislang bin ich wirklich davon ausgegangen, dass nur ein Roman nicht veröffentlicht wurde: Die Jagd nach Borascht. Ich habe es vorhin schon erwähnt, ich kann mich an das warum nicht mehr erinnern, vermute aber ... vielleicht war der Roman dem Villinger zu locker. Ich kann euch aber weiter nachliefern falls ihr Lust habt.
Zauberspiegel: Etwa wegen dem Jugendschutz?
H. J. Müggenburg: Eben. Das war sowieso ein verklemmter Mann.
Peter Emmerich: Für die Fans von Interesse sind auch ein paar statistische Daten im Zusammenhang mit den Hexer-Stanley-Romanen. Wann haben Sie welchen Roman an Zauberkreis verkaufen können?
H. J. Müggenburg: Leider finde ich den alten Vertrag zu Dr. Quintus nicht mehr. Die anderen habe ich noch:
- Vertragsdatum Titel des Manuskripts Zauberkreis-Titel
- 17.01.1974 Japhet’s Tod / Das Grauen von Chichen Itza
- 29.03.1974 Der Gilgit-Teppich / Satans erste Garnitur
- 07.03.1974 Unternehmen Frankenstein / Duell im Vampirschloß
- 10.12.1974 Die Puppen / Die Monsterpuppen
Im Horrorkäfig des Dr. Quintus / Die Todeszelle des Dr. Quintus
- 06.05.1974 Die Pyramide von Meidum / ... und die Mumie umarmte ihn
- 16.07.1974 Golem / Kefil, der Golem-Macher
Peter Emmerich: Nicht erst durch die obigen Vertragsdaten, sondern auch bereits beim Einscannen der Originalmanuskripte für die Werkedition hat sich ja eine ganz andere Reihenfolge der Romane ergeben ...
H. J. Müggenburg: Die Hexer Stanley hatten keine fortlaufenden Nummern. Die Jagd nach Borascht ist der Letzte der Kleinserie. In welchem Jahr die Einzelromane spielten ist von mir willkürlich festgelegt worden. Damals war die Nr. 1 Unternehmen Frankenstein (Duell im Vampirschloß – SGK Nr. 84), die Nr. 2 Der Gilgit-Teppich (Satans erste Garnitur – SGK Nr. 80).
Peter Emmerich: War das Pseudonym Hexer Stanley Ihre Idee oder eine Vorgabe von Zauberkreis?
H. J. Müggenburg: Das war die Vorgabe von Zauberkreis
H.J. Müggenburg – SF
Zauberspiegel: Bei ihren SF-Romanen haben Sie weniger auf Serien denn (fast?) ausschließlich auf Einzelromane gesetzt. Wie kam es zu der Entscheidung, dass Sie auf wiederkehrende Helden verzichtet haben?
H. J. Müggenburg: Einige Figuren tauchten immer wieder auf. Das waren z.B. die SF-Frauen Leicis und Sibyl Lindström oder auch der Detektiv Randolf „Randy“ Templeton und sein Sidekick Ron Jenkins. Kann natürlich sein, dass Zauberkreis die Namen geändert hat.
Peter Emmerich: Zumindest Templeton und Jenkins wurden beibehalten. Die beiden tauchen kurz hintereinander in den Zauberkreis-SF-Nummern 139 (Auf Tod programmiert ...) und 151 (Jupiter-Plutonium) auf – der Rest wird sich noch zeigen.
Zauberspiegel: Es waren aber keine Serien sondern abgeschlossene Romane.
H. J. Müggenburg: Es waren abgeschlossene Romane. Ja.
Zauberspiegel: Die SF im Heftformat in Deutschland bestand zu dieser Zeit aus Perry Rhodan und in den meisten Fällen aus knalligen Space Operas, in denen noch echte Männer das Weltall erstürmten und Sternenimperien errichteten. War diese Stereotype ein Anreiz zur Parodie?
H. J. Müggenburg: Ich habe noch nie Rhodan gelesen.
Zauberspiegel: Also „jungfräulich“ ans Thema rangegangen?
H. J. Müggenburg(lacht): Genau.
Zauberspiegel: Wie würde heute und wie hätte damals ein ernster SF-Roman von Müggenburg ausgesehen?
H. J. Müggenburg: Total modernisiert und mit mehr Erotik (lacht).
Zauberspiegel: Ich bedanke mich für das Gespräch.
H. J. Müggenburg: Gern geschehen.
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