Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

...Eric Niemann über Jerry Cotton, Sherlock Holmes und zukünftige Projekte

Eric Niemann... Eric Niemann ...
... über Jerry Cotton, Sherlock Holmes
und zukünftige Projekte

Während meiner Recherchen zu meiner "Jerry Cotton" - Artikelserie stieß auf die Internetseite von Eric Niemann.

Daraufhin nahm ich Kontakt zu dem Autor auf, aus dem ein interessanter Email-Verkehr mit Herrn Niemann und nachfolgendes Interview entstand.


Eric NiemannZauberspiegel: Herr Niemann, können Sie den Lesern des Zauberspiegels kurz etwas über Ihre Person erzählen?
Eric Niemann: Gerne. Ich habe Soziologie, Psychologie und Neuere deutsche Literatur in Hamburg und Leicester studiert.
Nach der Promotion war ich dann Hochschullehrer in einigen deutschen Unis und bin nun in meine Wahlheimat Hamburg zurückgekehrt.

Zauberspiegel: 2003 und 2010 veröffentlichten Sie mit "Wendepunkte" und "Im Niemandsland" Ihre erste beiden Gedichtbände. Wie kam es dazu?
Eric Niemann: In diesen Jahren war ich an der Uni voll eingespannt, wollte aber auch Geschichten schreiben. Da meist die Zeit fehlte, begann ich mit dem Verfassen von Gedichten, die in sich auch eine kleine Geschichte darstellen können.
Außerdem lässt sich in der Lyrik ganz ausgezeichnet mit der Sprache spielen, und das hat mir sehr zugesagt.

Zauberspiegel: Welchen Themen bzw. welche Themenfelder behandeln die Gedichte in Ihren beiden Büchern?
Eric Niemann: Die klassischen Themen: Liebe, Schmerz, Verlust, Dekonstruktion, Vision.

Eric NiemannZauberspiegel: 2012 gaben Sie mit "Hülle dich in Schweigen " (JC # 2853) Ihr "Jerry Cotton"-Debüt. Wie kam es zum Kontakt mit dem Bastei Verlag?
Eric Niemann: Ich hatte in meiner Jugend Jerry Cotton-Romane gelesen, und zwar mit großer Begeisterung. Um 2010 herum habe ich mir für eine längere Zugfahrt einen Cotton in der Bahnhofsbuchhandlung gekauft und war begeistert: Das war schnell, treffsicher, hardboiled, noir.
Und dann reifte in mir der Gedanke, die Geschichten, die mir im Kopf herumspukten, in das Gewand des FBI-Agents Jerry Cotton zu kleiden. Mein erstes Exopsé wurde angenommen, die Textprobe für gut befunden, und dann stand auch schon der erste Roman.

Zauberspiegel: Worum geht es in Ihrem Jerry-Cotton-Debüt?
Eric Niemann: Ein Journalist wird ermordet – einer, der gerne am Rand des Legalen operierte und gelegentlich darüber hinausging. Damit hatte sich viele Feinde gemacht, aber nur einer war es, der ihn ermordet hatte. Jerry und Phil haben den Auftrag bekommen, herauszufinden, wer das gewesen ist.

Zauberspiegel: Warum die 'Veröffentlichung' unter dem Pseudonym Eric Niemann?
Eric Niemann: Das hat mit meiner Tätigkeit in der Uni zu tun. Ich wollte das von meinen Schreibprojekten trennen, daher das Pseudonym.

Zauberspiegel: Gab es Anweisungen seitens des Bastei-Verlages, an die sich die Autoren der Serie halten mussten?
Eric Niemann: Es gibt ein sehr umfangreiches Serienexposé, an das sich alle Autor*innen halten müssen. So ist es auch bei einer Vielzahl von Autor*innen gewährleistet, dass die wiederkehrenden Charaktere sich in den Stories nicht allzu sehr unterscheiden.

Zauberspiegel: Wie wählen Sie Themen zu Ihren Romanen aus?
Eric Niemann: Ich gehe mit offenen Augen durch die Welt und lese sehr viel. Da fliegen mir die Themen zu. Manchmal sind es Kuriositäten, die ich in der Zeitung gelesen habe, oder kulturelle Besonderheiten, die der Auslöser einer Tat sein können.
Auch gesellschaftliche Unterschiede, Konflikte zwischen Interessengruppen, moralische Seiltänze – all das kann der Ursprung einer neuen Idee sein.

Zauberspiegel: Wie sieht Ihre Vorarbeit zu einem Cotton-Roman aus?
Eric Niemann: Zu Beginn steht die Lust, an einem neuen Fall zu arbeiten. Dann lese ich tatsächlich noch einmal das Serienexposé durch, um mir das Cotton-Universum zu verinnerlichen. Und dann sammle ich Material zu dem Thema, mit dem ich mich im Rahmen der Story beschäftigen möchte.
Es ist aber auch schon vorgekommen, dass ich in der amerikanischen Presse von einem interessanten Kriminalfall gelesen habe und mich dann entschlossen habe, daraus einen Cotton-Roman zu machen.

Zauberspiegel: Wie wichtig sind Recherchen für Ihre Romane?
Eric Niemann: Das Herzstück der Romane sind für mich die Dialoge. Sie müssen authentisch sein und zum Weiterlesen animieren. In den Dialogen spiegeln sich Konflikte wider, Gemütszustände oder auch Alltagsprobleme.
Das sind für mich Elemente, die notwendig sind, um als Leser*in Teil der Geschichte zu werden. Nachempfinden zu können, wie die Leute denken und fühlen, und warum sie das in dieser Form tun.
Und was die Ereignisse, die ich dann beschreibe, mit den Figuren macht. Werden sie härter, brechen sie zusammen, ändern sie etwas oder geben ihrem Leben eine andere Richtung.
Dafür ist keine exzessive Recherche notwendig, da kommt es auf die Figurenentwicklung und die Tiefenschärfe der Charaktere an. Für den eigentlichen Fall recherchiere ich dann aber umfänglich, um herauszufinden, warum etwas so ist, wie es ist, wer oder was dazu beigetragen hat, wo Weichen gestellt wurden und welche Perspektiven es gibt.

Zauberspiegel: Wie lange schreiben Sie ungefähr an einem Roman?
Eric Niemann: Das ist sehr unterschiedlich.

Zauberspiegel: Hatten Sie Vorbilder aus Ihrer Kinder- oder Jugendzeit an denen Sie sich beim Schreiben Ihrer Romane orientieren?
Eric Niemann: Ich bin sicherlich von den großen, amerikanischen Erzählern beeinflusst, auch natürlich von Chandler und Hammett. In der Kinder- und Jugendzeit wäre Enid Blyton zu nennen.

Eric NiemannZauberspiegel: Mit "Das Tribunal der Chocta" (JC # 3152) erschien Ihr bisher siebter und letzter Cotton-Roman. Worum geht es in diesem Roman?
Eric Niemann: Die amerikanischen Ureinwohner*innen führen in den Reservaten oft ein tristes Leben: Geringe Bildung, hohe Arbeitslosigkeit, weit verbreiteter Alkoholismus. Und es gibt Menschen, die die Misere dieser Menschen auszunutzen wissen.
Ein Cotton soll in erster Linie ein Spannungsroman sein, und die Darstellung und die Folgen sozialer Ungleichheit bieten sich an, um Spannung zu erzeugen.

Zauberspiegel: Sind weitere Cotton-Romane von Ihnen in Planung? Können Sie den Lesern des Zauberspiegels schon etwas darüber verraten?
Eric Niemann: Im Moment arbeite ich mit einer Kollegin an einem umfangreicheren Romanprojekt; der erste Krimi ist fertig, und der zweite steht vor der Vollendung. Daher ist zur Zeit wenig Luft für den Cotton.
Aber ein neues Exposé habe ich bereits geschrieben. Es geht da um die Jazzszene in New York und die Rolle einiger der Protagonisten dieser Szene in der organisierten Kriminalität.

Zauberspiegel: Was ist Ihrer Meinung nach so faszinierend an der Figur des Jerry Cotton, dass die Krimi-Serie selbst nach über 50 Jahren immer noch gelesen wird?
Eric Niemann: Es ist der immerwährende Kampf Gut gegen Böse, Moral gegen Unmoral, und die klassischen Tugenden wie Ehrlichkeit, Rechtschaffenheit und Freundschaft.
In einer Welt, die offenbar immer mehr Menschen an die Macht bringt, die ihren sozialen Kompass verloren haben, wünscht man sich einen wie Jerry Cotton, der den Versuchungen des Geldes widersteht, und der unerschrocken seinen Beitrag leistet, um die Risse in seiner Welt zu kitten.

Eric NiemannZauberspiegel: Mit "Sherlock Holmes - Neue Fälle 9: Holmes unter Verdacht" erschien 2014 Ihr erstes Hörspiel. Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit der Romantruhe?
Eric Niemann: Die Motivation war ähnlich wie die beim Cotton. Ich habe seit jeher gerne Hörspiele gehört, und die Sherlock-Holmes-Reihe von Romantruhe mit den hervorragenden Stimmen von Rode und Gröger hat mir besonders gut gefallen. Daher habe ich angefragt und ein Exposé beigelegt. Und dann kam postwendend der erste Auftrag.

Zauberspiegel: Wie lange schreiben Sie ungefähr an einer Folge der Hörspiel-Serie?
Eric Niemann: Das ist auch sehr unterschiedlich. Wenn ich in die Geschichte hineingezogen werde, dann steht das Skript mitunter nach vier Tagen.

Zauberspiegel: Ist von Vorteil ein Holmes-Fans zu sein, wenn man Hörspiele für eine neue Holmes-Serie schreibt?
Eric Niemann: Man sollte in jedem Fall ein/e Doyle/Holmes-Expert/in sein. Und man sollte Spaß an komplexen Denken haben, denn die Fälle werden schließlich von Sherlock Holmes gelöst, und der würde sich nicht mit einem Fall beschäftigen, dessen Lösung auf der Hand liegt.

Zauberspiegel: Mit "Sherlock Holmes - Neue Fälle 44: Die Glocken des Teufels " erschien Ihr bisher sechstes und letztes Holmes-Hörspiel bei der Romantruhe. Worum geht es darin?
Eric Niemann: Das wird nicht verraten!

Zauberspiegel: Sind weitere Holmes-Hörspiele von Ihnen geplant?
Eric Niemann: Die beiden Sprecher sind mittlerweile leider verstorben, und so werden nun vermutlich nur noch diejenigen Skripte vertont, die vorliegen. Aber die „Glocken des Teufels“ ist nicht das letzte Skript, das ich eingereicht habe – so viel kann ich verraten.

Eric NiemannZauberspiegel: Neben "Sherlock Holmes - Neue Fälle" schrieben Sie meines Wissens mit "Professor van Dusen fährt Achterbahn" und "Professor van Dusen spielt Theater" auch zwei Hörspiele für die Serie "Professor van Dusen - Die neuen Fälle". Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem Label Allscore?
Eric Niemann: Michael Koser hat ganz hervorragende Professor van Dusen-Skripte geschrieben, und als die Möglichkeit bestand, mich an dieser Serie zu beteiligen, habe ich nicht lange gezögert – zumal mich das Wissenschaftsmilieu als Hochschullehrer auch beruflich interessiert, und die Geschichten eine wunderbare Mischung aus historischem, skurrilem/humoresken und kriminalistischen Elementen enthalten, was mich ebenfalls sehr gereizt hat.

Zauberspiegel: Was sind grob gesagt die Unterschiede zwischen dem Schreiben eines Romans und dem Schreiben an einem Hörspiel?
Eric Niemann: Bei einem Roman schreibe ich nach dem Exposé ein Treatment. Im Treatment wird der Handlungsablauf der Geschichte dargestellt, die Charaktere werden mit Leben gefüllt und das Surrounding wird komponiert.
Beim Hörspiel schreibe ich die Exposés umfassender, damit ich daraus bereits die Kapitel herleiten kann. Stehen die Kapitel, arbeite ich an den Cliffhangern und Twists.

Zauberspiegel: An welchen Projekten arbeiten Sie zur Zeit? Können Sie den Lesern des Zauberspiegels darüber schon etwas verraten?
Eric Niemann: Neben dem Buchprojekt schreibe ich weiterhin Hörspiele, ebenfalls unter Pseudonym, unter anderem für Pater Brown und OscarWilde/Mycroft Holmes.

Zauberspiegel: Herr Niemann, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.
Eric Niemann: Sehr gerne!

 

Die Internetseite des Autors

JC-Romane von Eric Niemann
2853 Hülle dich in Schweigen
2896 Die Wahrheit bringt den Tod
2937 Mein Vater – Mein Feind
2960 Korrupte Killer sterben schnell
3118 Für immer tot
3129 Der Klan kennt keine Gnade
3152 Das Tribunal der Chocta

Hörspiele von Eric Niemann
Sherlock Holmes - Neue Fälle
09: Holmes unter Verdacht
14: Der bibelfeste Mörder
26: Der siebte Monat
28: Die Rache der Gerechten
30: Das Rätsel der Aurora
36: Remis in zehn Zügen
44: Die Glocken des Teufels

Professor van Dusen - Die neuen Fälle
12 Professor van Dusen fährt Achterbahn
13 Professor van Dusen spielt Theater


Zur Einleitung - Zur Übersicht

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles