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... Dr. Florian Marzin über Tradition, den 2800. Roman, eBooks, Pläne und Gedankenspiele

Jerry Cotton ... Dr. Florian Marzin ...
... über Tradition, den 2800. Roman, eBooks, Pläne und Gedankenspiele

2.800 Bände hat Jerry Cotton im Heftroman am Dienstag (offiziell) hinter sich gebracht. Die Figur selbst gibt es seit 1954, aber er jagt in alter Frische Schwerverbrecher (vornehmlich) in New York, aber - wenns Not tut  - auch in aller Welt. Anlässlich des morgigen Jubiläums sprachen wir mit dem Redakteur der Serie Dr. Florian Marzin...

 

Eine Falle für den TodZauberspiegel: Ich hoffe, Du bist bereit für eine weitere Runde im Interview mit dem Zauberspiegel. Ich verzichte auch mal auf die beiden Schlüsselfragen, die Du nicht beantwortest.
Der 2800. Jerry Cotton-Roman erscheint dieser Tage. Unter dem Titel »Eine Falle für den Tod« führt Jerry Cotton der Weg nach Australien. Inwieweit hast Du als Redakteur diese Auswahl beeinflusst? Wie eng war der Dialog mit dem Autor des Jubiläumsbandes?

Dr. Florian Marzin: Ein Jubiläumsband ist immer eine besondere Herausforderung, und damit ist auch die Absprache zwischen Redakteur und Autor in diesem Fall intensiver. Das Thema habe ich vorgegeben, denn in dem Roman wird wieder Kendro Hollander, bekannt als das Phantom, auftreten. Die Spur führt diesmal nach Australien, weil meines Wissens Jerry und Phil dort noch nie waren oder zumindest nicht häufig.

Zauberspiegel: Nach welchen Motiven wählst Du das Autorenteam oder den Verfasser von Jubelbänden aus?
Dr. Florian Marzin: Wer Autor bei Jerry Cotton werden will, sollte eine Krimi-Geschichte gut erzählen können, sicher im Aufbau eines Spannungsbogen sein und natürlich bereit sein, sich in die Serie einzuarbeiten. Das klingt jetzt ziemlich lapidar, ist aber - wie man immer wieder an gescheiterten Versuchen sieht - doch nicht ganz so einfach. Bei der Auswahl des Autors für den Jubiläumsband geht es im Wesentlichen darum, dass der Autor die von der Redaktion in groben Zügen vorgegebene Geschichte umsetzen und mit den Figuren, z.B. Edward G. Homer, dem Phantom, etc. umgehen kann.

Zauberspiegel: Was hat Jerry Cotton was andere Krimihelden nicht hatten? Er ist der letzte Überlebende des Krimi-Heftes. Da sind große Namen auf der Strecke geblieben: Kommissar X, Franco Solo, Jeff Conter, Die schwarze Fledermaus, John Drake und viele andere mehr? Was also macht Jerry Cotton und seinen seit 1954 anhaltenden Erfolg aus?
Dr. Florian Marzin: Ich denke, ein wesentlicher Aspekt ist, dass Jerry Cotton das Original ist. Alle anderen waren der Versuch, Jerry Cotton in irgendeiner Form zu kopieren. Ein weiterer Grund ist, dass die Figur zwar immer die gleiche ist, aber doch dem Lauf der Zeit folgt und stets so modern ist wie die Welt um sie herum. Natürlich spielt auch die Qualität der Autoren eine große Rolle. Der jetzige Autorenstamm ist wirklich klasse und alle schreiben mit Begeisterung an der Serie, was man an der Qualität der Manuskripte sofort sieht.

Zauberspiegel: Diesmal ist mit 80 Seiten Umfang ja ein Jubiläumsband von rhodannesken Umfang entstanden. Macht sich da Deine Vorgeschichte beim Erben des Universums bemerkbar?
Dr. Florian Marzin: Schon die Jubiläumsbände 2600 und 2700 hatten 80 Seiten Umfang. Als auf mich zum ersten Mal (2600) ein Jubiläumsband auf mich zukam, habe ich mir überlegt, was kann man machen. 2500-2502 war eine Trilogie. Ich habe es nicht so mit Doppelbänden und Trilogien, und mein Eindruck ist, die Leser auch nicht (sieht man an den Verkaufszahlen).
Also habe ich mir gedacht, wir bieten den Lesern auch etwas für ihre Treue zur Serie. Deshalb größerer Umfang zum gleichen Preis. Dass das etwas mit meiner Geschichte bei Perry Rhodan zu tun hat, halte ich für eine böswillige Unterstellung. Wie kann man nur darauf kommen?

Zauberspiegel: Ich denke, dass der Umfang etwas mit Deiner PR-Vergangenheit zu tun hat, kommt von einem Phänomen, dass man gemeinhin ›männliche Intuition‹nennt.
Wohin soll die Cotton-Serie in den nächsten Jahren steuern? Gibt es wieder mehr wiederkehrende Gegner, Trilogien und Zweiteiler oder werden Einzelromane weiterhin der Schwerpunkt der Serie bleiben?

Dr. Florian Marzin: Wie gerade gesagt: Ich bin kein Fan von Mehrteilern, die auch Probleme im Verkauf haben. Ich denke, der Leser will seinen abgeschlossenen Roman haben und nicht eine Woche oder gar zwei auf die Lösung warten. Trotzdem möchte ich nicht ausschließen, dass es ab und zu mal einen Mehrteiler gibt.

Zauberspiegel: Was kann der Redakteur an Jerry Cotton noch verbessern? Wo liegen da aus Deiner Sicht noch verborgene Potentiale?
Dr. Florian Marzin: Ich versuche dauernd Jerry Cotton zu verbessern, die Autoren zu motivieren und Fehler auszumerzen. Auch wenn das, wie der Autor Preyer einmal in einem Interview gesagt hat, ein durchaus schmerzlicher Prozess sein kann. Ich denke die zusätzlichen Potentiale versuchen wir gerade im e-book Bereich zu aktivieren.

Zauberspiegel: In vier Jahren ist es soweit, dass Jerry Cotton die 3000er Marke durchbrechen wird und in drei Jahren ist das 60. Dienstjubiläum von Deutschlands bekanntesten FBI-Agenten. Gibt es lang laufende Planungen zu diesen Jubiläen? Wird es da Cotton Schwerpunkte geben oder einen 12bändigen Taschenheftzyklus über die Jagd eines Serienkillers oder ähnliche Projekte oder ist das einfach noch zu weit weg?
Dr. Florian Marzin: Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Vielleicht müssen wir den Band 3000 der Serie ja als Hardcover herausbringen, um dem Jubiläum gerecht zu werden.

Zauberspiegel: Cotton ist elektronisch geworden. Das eBook ist da. Gibt es schon Zahlen wie sich der G-man in der neuen Publikationsform schlägt?
Dr. Florian Marzin: Wir sind mit der Resonanz zufrieden, allerdings ist es noch zu früh, um gesicherte Zahlen zu haben.

Zauberspiegel: Wird es das eBook-plus mit zusätzlichen Infos geben?
Dr. Florian Marzin: Das kommt darauf an, wie sich das e-book bewährt. Grundsätzlich finden Überlegungen in alle Richtungen statt.

Zauberspiegel: Gibt es Pläne oder zumindest die vage Idee auch spezielle Cotton-Geschichten im Netz oder als eBook laufen zu lassen? Ich denke da an einen Rätselkrimi mit Cotton?
Dr. Florian Marzin: Wir denken und planen beim e-book in alle Richtungen, müssen aber auch bedenken, was sich unter sinnvollem Einsatz von man-power bewerkstelligen lässt.

Zauberspiegel
: Was macht aus der Sicht der Redaktion einen Cotton-Roman aus? Wie muss der Autor schreiben, um den Redakteur vom Hocker zu reißen?
Dr. Florian Marzin: Wie schon gesagt: Ein gute Story, stimmige Charaktere, ein roter Faden, der sich ein bisschen verschlingt und nicht gleich von Anfang an klar ist, wer der Täter ist. Und der Stil muss passen. Der Autor muss sicher in der Darstellung von Actionszenen sein.  Ein Heftromanautor muss eine Figur mit wenigen Strichen charakterisieren können, gleiches gilt für Schauplätze etc. Wir haben im Heftroman nicht den Raum wie Karl May, erst einmal 10 Seiten Landschaft zu schildern, aus der sich dann am Horizont ein dunkler Punkt abhebt, der nach weiteren drei Seiten endlich den Satz sagt: "Ich bin dein Bruder Winnetou."

Zauberspiegel: Gibt es eigentlich heute noch Leute, die glauben Jerry Cotton gäbe es tasächlich und übermittelt Woche für Woche seine Romane nach Deutschland?
Dr. Florian Marzin: Kann ich mir nicht vorstellen.

Zauberspiegel: Hat der Kinofilm sich messbar auf die Verkaufszahlen der Romane ausgewirkt?
Dr. Florian Marzin: Leider nein. Er war aber auch ein ganz anderes Produkt als die Romane.

Zauberspiegel: Wird Jerry Cotton im TV oder auf der Leinwand wieder präsent sein?
Dr. Florian Marzin: Ich glaube nicht.

Kommentare  

#1 Wolfgang Trubshaw 2011-02-14 00:22
Positiv auffallende, unausweichende Antworten. :-)

Mir ist "in letzter Zeit" bloß aufgefallen, dass die Titelbilder wieder wesentlich besser geworden sind. Das ging soweit, dass ich mir letztens zum ersten Mal seit dem Eozän wiedermal ein Einzelheft der Erstauflage gekauft habe ("Blood Song" mit den NPV-Leichen).

Bin zwar noch nicht zum Lesen gekommen (zumal ich das Heft dummerweise irgendwo unter Stapeln anderen Zeugs verlegt habe), aber allein der Umstand, dass ich ihn gekauft habe, sagt für meine Verhältnisse extrem viel aus.

Einzig Herrn Marzins Marketingsprech in der Antwort zur dritten Frage muss natürlich ins rechte Licht gerückt werden:

Im Gegensatz zu doch einigen anderen Figuren, die echte Typen waren (Butler Parker, Fledermaus, etc.), die sich eben wenig bis gar nicht "angepasst" haben im Laufe ihrer Existenz, und so lange liefen, bis man sich an dem, was sie (wieder)erkennbar waren, satt gelesen hatte, war JC immer schon gesichtsloser Schatten, wandelnde Diawand.

Daraus eine Tugend machen zu wollen, ist gewagt.
#2 Zorro01 2011-02-17 20:07
Nun die Antwort auf die Frage 4 ist doch etwas merkwürdig. Die Frage war berechtigt und keine "böswillige Unterstellung". Warum diese Reaktion....läßt Raum für Interpretationen.
#3 Harantor 2011-02-17 20:28
@Zorro01: Ich halte das für einen böswilligen Witz. Im Ernst: Das ist ein Joke

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