Ariana Franklin - Die Teufelshaube
Die Teufelshaube
(The Serpent's Tail)
von Ariana Franklin
Aus dem Englischen von: Ulrike Wasel und Klaus Timmermann
erschienen: England, Februar 2008 bei Bantam Press, London.
Deutsche Ausgabe: März 2008
439 Seiten Seiten, 18,95 Euro
ISBN: 978-3426197400
DroemerKnaur
Warnung für jene, die das Buch doch sollten lesen wollen: Der Text enthält Spoiler!
Nach dem ersten Buch, das ich von Ariana Franklin in Händen hielt (Die Totenleserin), hatte ich durchaus Lust auf den zweiten Band, der zu dem Termin bereits erschienen war. In Verbindung mit der Erwähung der medizinischen Schule von Salerno und der Tatsache, dass es einmal mehr um Henry II., den englischen König, gehen sollte, war für mich ausreichend Grund, mir auch die Teufelshaube zu Gemüte zu führen.
Hätte ich es doch gelassen ...
Einmal mehr ist Vesuvia Adelia Rachel Ortese Aguilar
die ermittelnde Totenleserin, die im Auftrag von Henry II. losgeschickt wird um
ein Rätsel zu lösen.
Dieses
Mal geht es jedoch um eine Menge mehr: Henry braucht die Antwort auf die Frage
wer seine Geliebte Rosamund Clifford vergiftet hat. Wenn es tatsächlich Henrys
Gattin und englische Königin Eleanor von Aquitanien gewesen sein sollte, hat
Henry mehr als ein "Problem".
Also
reist Adelia mit dem obligatorischen Hund (der sich - wie schon der vierbeinige
Begleiter im ersten Band - vorrangig durch olfaktorische Beleidigung bemerkbar
macht), ihrer englischen Freundin, dem Sarazenen Masur und ihrer kleinen
Tochter zu dem Turm, in dem Rosamund lebt(e).
Rowley,
der ebenfalls im ersten Band bereits auftauchte und inzwischen Bischof von
Henrys Gnaden ist, spielt ebenfalls eine tragende Rolle, auch wenn er den
größten Teil der Handlung durch Abwesenheit glänzt.
Adelia
bekommt in diesem Band wieder ausreichend zu tun. Es gibt eine Menge Tote, in
der Regel mehr oder weniger verwüstet und verwest, und schließlich die Frage,
wer denn nun eigentlich der mysteriöse gedungene Mörder ist, der im Prolog von
einem geistlichen Herren zum Meuchelmord an einer wichtigen Dame angeheuert
wird.
Ariana
Franklin zieht in diesem Band alle Register. Alle Stadien der Verwesung werden
dem Leser (wohl überwiegend LeserIN - zwecks der political correctness)
vorgestellt. Rosamunde wird in ausgesprochen magenunfreundlicher Art und Weise
quer durch das Buch immer wieder präsentiert. Hinzu kommen noch einige andere
Tote, die weniger spektakulär ihr Leben lassen.
Die
Handlung kommt erst ab Beginn des zweiten Drittels in Fluss, bis dahin geht es
vor allem um Adelias Gedankenwelt, die in allererster Linie um ihr Kind und
ihren Ex-Geliebten Rowley kreist. Mit der Ankunft im Turm, der von einem
Irrgarten umgeben ist, kommt Tempo - und Blut - in die Geschichte.
Im
Wesentlichen erinnert mich die gesamte Handlung und die Gestaltung der
handelnden Charaktere sehr an mo(r)derne Thriller, die in die historische
Umgebung transferiert wurden. So wird das Stilmittel der Isolation einer Gruppe
von Akteueren eingesetzt, das die Bedrohung verstärkt und die Handlung
verdichtet. Adelia fühlt sich - durchaus zu Recht - immer bedroht, nicht
zuletzt wegen ihrer Tochter, die sie unter allen Umständen schützen will.
Zentrum
des Romans sind Frauen - und die sind durchaus nicht uninteressant, wenn auch
plakativ und schematisch dargestellt: Da ist Adelia, die aufgeklärte
Sizilianerin, die so gar nicht in die männerdominierte Zeit zu passen scheint
und sich standhaft gegen die männliche Macht wehrt. Eleanor von Aquitanien,
Königin von England und Ehefrau von Henry II, Mutter seiner acht Kinder und
Verschwörerin, die es sich zur Aufgabe gemacht hat ihren Sohn Henry auf den
Thron zu bringen und seinen Vater zu entmachten. Nebenbei wird sie des Mordes
an der Geliebten Henrys verdächtigt. Dann gibt es Emma, Tochter eines zu Geld
gekommenen Händlers, der seiner Familie durch die Ehe mit einem Adeligen einen
Adelstitel kaufen will, und die Bertha, eine vom Leben gebeutelte Dienstmagd,
die sterben muss - weil sie eine (zu) gute Nase hat. Edyve, die Äbtissin des
Klosters in dem die Gruppe eingeschlossen ist, und die eine sehr moderne und
doch zur damaligen Zeit bereits in gewissen Kreisen vertretene Vorstellung von
Gott als Vater und Mutter vertritt, und nicht zuletzt Dakers, eine im
Halbdunkel des Wahnsinns bleibende Gestalt, die mit Teufelsanbetung ihre Herrin
zu retten versucht und auch ansonsten eine nicht unbedeutende Rolle spielt.
Um
diese Frauen dreht sich die Handlung, die Männer sind überwiegend Staffage mit
einem wenig bedeutungsvollen Schicksal. Selbst Henry II. und Rowley tauchen auf
und ab. Für die frauenrechtsbewegte Mitarbeiterin des Zauberspiegels sehr
interessant, zumal ich durchaus historische Realitäten der Rechte und
Möglichkeiten von Frauen darin fand.
Allerdings
waren die ständigen sexuellen Anspielungen und Bedrohungen (die damals für
Frauen durchaus real existierten) nicht unbedingt notwendig und eher störend im
Fluss der Geschichte. Die einzige Stelle bei der Sexualität nicht bedrohlich
und Machtdarstellung war, war von solcher Süße, dass sie meiner Ansicht nach
eher kontraproduktiv war.
Die
Handlung wurde im letzten Drittel immer zäher, und wenn nicht die Rezension
gewesen wäre, hätte ich es wohl kaum zu Ende gelesen. Bis auf einige wirklich
schöne Stellen, die sich über das Buch verstreut immer wieder finden und die -
von mir nicht wirklich intensiv nachgeprüft - interessanten historischen
Fakten, ist das Buch eher konventionelle Durchschnittsware mit Anklängen an moderne Thriller.
Als
auf der letzten Seite Henry II. auf dem Boot davon treibt, brüllt er Adlia zu:
Adleia, Ihr seid meine Totenleserin, ob es Euch gefällt oder nicht (...) Ihr werdet niemals sicher
sein.
Dies
gibt Anlass zur Befürchtung, dass es einen dritten Band um Adelia geben wird.
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