Donald, Angus: Der Barde
Mit »Der Barde« ist nun bei Knaur der Auftakt zu einer weiteren Saga erschienen, die sich um den Herrn von Sherwood Forrest dreht. Dem Zeitgeschmack entsprechend, zeichnet der Brite Angus Donald in seinem Debütroman ein sehr menschliches und vielschichtiges Bild des legendären Gesetzlosen und punktet damit auf ganzer Linie.
Die Hauptfigur aus »Der Barde« ist ein Mann namens Alan Dale. Alan befindet sich am Ende seines irdischen Daseins und nutzt seine verbleibenden Jahre, um die Geschichte seines Lebens niederzuschreiben. Ein Leben, das seit seiner Jugend eng mit der Geschichte des Mannes verknüpft ist, dessen Name sich unsterblich ins Gedächtnis der Menschheit eingebrannt hat: Robin Hood.
»Der Barde« schildert, wie junge Alan, ein Tunichtgut und kleiner Dieb, in Robins Bande aufgenommen und dank seines Talents als Barde, aber auch als passabler Kämpfer und treuer Gefährte, zu einem der engsten Vertrauten Robins wird. Sein Weg ist kein einfacher. Alan hat so manch schwere Last zu tragen und muss mehr als nur einen Kampf um Leben und Tod ausfechten. Doch es ist auch ein Weg, der verbunden ist mit außergewöhnlichen Abenteuern, mit Achtung, Freundschaft und Liebe.
Grandios. Einfach grandios. Viel besser lässt sich Donalds Erstling kaum umschreiben. Als ich »Der Barde« zum ersten Mal zur Hand nahm, freute ich mich lediglich auf ein kurzweiliges Historienabenteuer, das ein wenig Abwechslung in meinen Lektüre-Alltag aus phantastischen Geschichten und Thrillern bringen sollte. Dass jemand der Geschichte um Robin Hood noch neue Facetten abgewinnen und mich wahrhaft fesseln kann, daran hatte ich im Traum nicht gedacht.
»Der Barde« hat mich eines Besseren belehrt. Angus Donald hat ein erstklassiges Historienabenteuer geschrieben, dessen einziger Schwachpunkt seine viel zu geringe Seitenzahl von nicht einmal 450 Seiten ist.
Donald konzentriert sich in seiner Erzählung voll und ganz auf den Menschen hinter der Legende. Sein Robin ist ein charismatischer, intelligenter junger Mann, der aber auch so manche Schwäche hat und mit Sicherheit nicht den Strahlemann und galanten Helden verkörpert, als der er in so vielen Mittelalter-Epen dargestellt wird. Ihm zur Seite stehen eine Vielzahl weitere, ebenfalls sehr vielschichtiger Charaktere, allen voran der Ich-Erzähler Alan Dale, der eigentliche Held des Romans.
Die Zeichnung dieser Figur ist es schlussendlich auch, die »Der Barde« zu etwas ganz Besonderem macht. Wenn man die Darstellungen von Robin, Tuck, Little John und wie sie alle heißen als großartig ansieht, dann ist die Charakterisierung Alans schlichtweg als genial zu bezeichnen. Der junge Mann wirkt von Beginn an ungemein lebendig, und die Art und Weise, wie Donald seine Entwicklung vom unreifen, rotznäsigen Dieb zum vollwertigen Vertrauten Robins schildert, ist exzellent.
Und nicht nur die Charaktere wissen zu begeistern. Die Story an sich ist zwar, was ihren Rahmen anbelangt, allseits bekannt, doch Donald gelingt es, die bekannten Eckpfeiler der Legende mit originellen Ideen zu kombinieren und so einen fesselnden Plot zu erzählen, der in keinster Weise altbacken wirkt. Darüber hinaus vermag es der Autor wunderbar, das Setting des mittelalterlichen Englands wortgewandt und in ausdrucksstarken Bildern in Szene zu setzen.
»Der Barde« ist ganz zweifelsohne die packendste Deutung der Robin Hood-Saga, die mir je begegnet ist. Wer charakterorientierte Historienromane liebt, der wird an Donalds Debüt nicht vorbeikommen. Es ist eine ungeheuer intensive, mitreißende Interpretation der weltberühmten Saga, die der Leser hier geboten bekommt, und ein famoser Auftakt für eine neue Reihe, deren Fortsetzung ich wahrlich entgegenfiebere! Kurzum: Ein Muss für jeden Fan historischer Abenteuerromane.