Stolzenburg, Silvia: Die Launen des Teufels
Um Gott ein Denkmal zu setzen, beschließen die Bürger der Handelsmetropole den Bau eines himmlischen Münsters. Der habgierige Glockengießer Conrad setzt alles daran, von dem geplanten Bauvorhaben zu profitieren und scheut weder vor Intrigen noch vor Mord zurück, um sich einen einflussreichen Platz im Rat der Stadt zu sichern. Skrupellos zwingt er seine blutjunge Tochter Anabel ins Bett des lüsternen Abtes der Barfüßerabtei, von dem er sich Vorteile zur Erlangung seiner Ziele erhofft doch Anabel liebt Bertram, den Lehrling ihres Vaters. Gemeinsam beschließen sie, aus Ulm zu flüchten, aber sie haben nicht mit dem schrecklichsten aller Feinde gerechnet: dem Schwarzen Tod! Dieser schleicht durch die Gassen der Stadt, bereit, wahllos zuzuschlagen
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Wo Follett oder auch Ildefonso Falcones (»Die Kathedrale der Meeres«) das Thema Kathedralenbau eindrucksvoll zu nutzen verstanden, um beeindruckende, charakterorientierte Zeitgemälde zu entwerfen, weiß Stolzenburgs »Die Launen des Teufels« bestenfalls in Ansätzen zu überzeugen. Mit den thematisch ähnlichen, international gefeierten Bestsellern kann der Roman allerdings bei Weitem nicht mithalten.
»Die Launen des Teufels« enttäuscht vor allem hinsichtlich zweier Aspekte: Handlung und Charakterdarstellung. Was die Handlung angeht, so verliert sich Stolzenburg viel zu sehr in den Wirrnissen um romantische Verwicklungen und die Gier nach Sex. Besonders in der ersten Hälfte des Romans scheinen die Protagonisten an nichts anderes denken zu können als daran, wie sie ihre körperlichen Gelüste möglichst bald befriedigen können. Die weitaus interessanteren Teile der Erzählung, die den Baus des Münsters und das Auftreten der Pest betreffen, gehen beinahe vollkommen unter in dem endlosen Streben der Figuren nach Liebe, Lust und Leidenschaft.
Womit ich im Grunde auch schon beim zweiten großen Schwachpunkt des Romans bin, bei der Darstellung der Protagonisten. Zunächst einmal schlägt die sehr einfach gehaltene Charakterisierung der verschiedenen Figuren negativ zu Buche. Anabel, Bertram und Co fehlt jegliche Tiefe; alles, was man über die stereotypen, einem simplen Schwarz-Weiß-Muster folgenden Handlungsträger wissen muss, lernt man innerhalb der ersten paar Sätze ihres ersten Auftritts.
Daneben stört vor allem die übertriebene Betonung der negativen Wesenszüge vieler Figuren. Schon nach kurzer Zeit bekommt man beim Lesen das Gefühl, dass Stolzenburgs Kosmos fast ausschließlich mit triebgesteuerten, raffgierigen Menschen angefüllt ist. Immer wieder betont die Autorin die Schlechtigkeit der meisten ihrer Protagonisten. Nicht, dass ich etwas gegen unsympathische, finstere Gesellen ohne jegliche Skrupel und Rücksicht einzuwenden hätte. Stolzenburg übertreibt es aber; die einfach gestrickten Figuren des Romans sind derart unsympathisch, dass es schlicht uninteressant ist, ihre Geschichten zu lesen.
Betrachtet man »Die Launen des Teufels« in einer Reihe mit den Werken von Follett und Falcones, so muss man ganz eindeutig feststellen: Einem solchen Vergleich ist das Buch nicht im Mindesten gewachsen. Doch selbst wenn man besagte Erzählungen ausblendet, kommt man nicht umhin festzustellen, dass die Schwächen von »Die Launen des Teufels« die positiven Aspekte des Romans wozu etwas die stimmungsvolle Atmosphäre gehört, die in jenen seltenen Momenten zum Tragen kommt, wenn die Romanfiguren mal nicht mit ihrem Sexualleben beschäftigt sind bei Weitem übersteigen.
Alles in allem ein schwacher Auftakt, der nur wenig Lust macht, die beiden Folgebände der Reihe ebenfalls zur Hand zu nehmen.
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