Dinosaurus sapiens – Über die Möglichkeit einer irdischen Zivilisation lange vor dem Menschen - Asteroideneinschlag oder Sternhagel?
Dinosaurus sapiens
Über die Möglichkeit einer irdischen Zivilisation lange vor dem Menschen
Asteroideneinschlag oder Sternhagel?
Es die Bahn frei machte für das Überleben der "Vögel, Säugetiere und eine Anzahl kleinerer Reptilien- und Amphibiengruppen“, schreiben die Herren Long und Schouten in der Einleitung ihres Buches mit dem berühmt- berüchtigten Brustton der Überzeugung, der jeden Zweifel gleich mit dem Nimbus fehlender Wissenschaftlichkeit umgibt.
Neu ist die Meteoritenhypothese allerdings nicht. Der finnische Paläontologe Björn Kurtén hat sie 1974 schon in seinem Buch „Die Welt der Dinosaurier“ unter jenen Theorien zum Faunenschnitt aufgeführt, die als veraltet und unwahrscheinlich galten.
Was also ist passiert, daß eine so ad acta gelegte Annahme binnen weniger Jahre auf einmal zur allein gültigen Weisheit avanciert ist? Nun, 1980 erschien eine Arbeit von Vater und Sohn Alvarez zu einer weltweit auftretenden Schicht an der Kreide- Tertiär- Grenze, die vor allem durch ihren hohen Gehalt an Iridium auffällt. Welche Schlüsse die Herren daraus gezogen haben, besagt schon der Titel ihrer in der Zeitschrift Science erschienenen Biographie: „Extraterrestrial Cause for the Cretaceous- Tertiary Extinction“.
Genau genommen handelt es sich bei dieser „Iridium- Anomalie“ genannten Lage um eine Schicht aus Kalk und Ton mit einem ungewöhnlich hohen Gehalt an Schwermetallen. Besonders auffallend ist das Vorkommen von Platinmetallen, die auf der Erdoberfläche selten sind, etwas häufiger aber im Erdmantel und in Meteoriten auftreten. Neben dem namensgebenden Metall sind auch Osmium, Palladium, Arsen, Chrom, Kobalt, Selen, Nickel und Zinn überdurchschnittlich stark vertreten. Osmium ist faktisch der „Bruder“ des Iridiums, und Nickel ist häufig in Eisen- Meteoriten, aber ansonsten gibt es anhand dieses Spektrums keine großen Hinweise auf einen außerirdischen Einfluß.
Der auf diese Publikation folgende Enthusiasmus erfaßte zunächst mehr die Geologen, als die Paläontologen. Doch im Laufe der Jahre sprangen mehr und mehr befreundete Wissenschaftler der Familie Alvarez zur Seite, bis vor lauter Zustimmung keiner mehr auf die eklatanten Widersprüche achtete. Auch in der Wissenschaft kaschiert bloße Quantität manchmal die Mängel in der Qualität.
Zwei zum Teil rivalisierende Lager bildeten sich heraus, von denen das eine die Anomalie als Fallout eines gewaltigen Vulkanausbruches sehen wollte, während das andere den Einschlag eines Himmelskörpers propagierte. Doch welcher Theorie man auch den Vorzug gab, beide implizierten, daß in Folge Aerosole in höhere Schichten der Atmosphäre aufgestiegen sind, die Sonneneinstrahlung vermindert oder unterbunden, und damit die Photosynthese der Pflanzen unmöglich gemacht hätten. Ein solcher Effekt, der auch eine deutliche Abkühlung des Weltklimas zur Folge hat, wird in Anlehnung an ähnliche Auswirkungen eines Atomkriegs gerne „nuklearer Winter“ genannt. Die Pflanzen gehen ein, ihnen folgen die Vegetarier, und denen wiederum die Fleischfresser.
Eine solche Katastrophe, und sollte sie auch nur wenige Jahre gedauert haben, müßte eindeutige Spuren in der Geologie hinterlassen haben. Doch die Indizien für eine abrupte Klimaverschlechterung sind gelinde gesagt spärlich. Es finden sich weder Tillite (fossile Grundmoränen), noch sonstige Anzeichen einer Vereisung, die einem „nuklearen Winter“ entsprochen haben könnte. Nun wird gerne argumentiert, daß diese Kälteperiode nur wenige Jahre gedauert haben soll, also lange genug, daß von den höheren Pflanzen gerade mal die Samen im Boden überlebten, und die größeren Landtiere verhungerten, aber viel zu kurz, um in der Geologie Spuren zu hinterlassen.
Dem spricht aber entgegen, daß es sich bei der Anomalie um eine Wechsellage aus Kalk und Ton handelt, wie sie ganz normal bei der Sedimentation in aquatischem Milieu entsteht, und zwar in einem Zeitraum von mehreren Jahrtausenden. Was immer sich hier an Eintrag findet, muß mit ähnlich langsamer Geschwindigkeit in den Boden gelangt sein. Zu dem Ergebnis kommen auch nähere Untersuchungen, die eine allmähliche Ablagerung mit stetiger Massenzunahme annehmen lassen. Ja, im oberen Bereich gar nimmt der Iridiumgehalt sogar deutlich ab, während Eisen- Nickel- Kügelchen und selbst Diamanten auftreten. Auch ist die Zusammensetzung der Anomalie nicht gleichmäßig, sondern variiert von Fundort zu Fundort, was für einen Einfluß lokaler Phänomene spricht. Auch die können Zeit in Anspruch nehmen.
Aerosole zumindest halten sich keine Jahrtausende in der oberen Atmosphäre. Außerdem bestehen Aschelagen nun mal hauptsächlich aus Asche, gleich ob von einer Eruption in die Höhe geschleudert, oder aber durch einen Impakt.
Noch weitere Befunde sprechen gegen einen Zusammenhang zwischen Faunenschnitt und Iridium- Anomalie. Beispielsweise sind auch für andere Epochen der Erdgeschichte entsprechende Lagen nachgewiesen worden, die jedoch mit keinem Massensterben in Verbindung gebracht werden können (so in der mittleren Trias). Allerdings traten die zumeist nicht weltweit auf.
Aber auch dieses globale Vorkommen von erhöhtem Schwermetalleintrag irritiert ein wenig, denn in allen sonst bekannten Fällen verbleiben die Bestandteile des Himmelskörpers dort, wo sie eingeschlagen sind, und bilden eine lokale Lagerstätte. Doch die Theorien von dem Impakt und der Explosion eines Supervulkans gehen gleichermaßen davon aus, daß dem Kataklysmus eine kurze, aber intensive Periode folgte, in der eine Hülle aus Staub und Asche mit erhöhtem Gehalt an Schwermetallen um die Erde kreiste, und damit das Sonnenlicht aussperrte.
Nun haben die Herren Sloan und Van Valen über die letzten fünf bis zehn Millionen Jahre der Kreidezeit ein leichtes Abkühlen des Klimas beobachtet, von eher tropischen Verhältnissen hin zu mehr gemäßigten. Doch das ist eben eine längerfristige Geschichte, die keine spontane Folge eines Impaktes sein kann. Ob ein Zusammenhang mit dem Ausbruch eines Supervulkans im Dekkan- Hochland besteht, erscheint ebenso fraglich, wird der doch erst ans Ende dieser Zeitspanne datiert.
Erst oberhalb der Anomalie deuten ein paar spärliche Indikatoren auf eine weitere klimatische Abkühlung hin. So scheint es zu Beginn des nachfolgenden Tertiärs weltweit zwei bis drei Grad kälter gewesen zu sein. Wo in der Endkreidezeit noch subtropische Pflanzen wie Farne und Zykadeen häufig waren, finden sich oberhalb der Iridiumlage Gewächse, die eher für ein kaltgemäßigtes Klima sprechen, wie beispielsweise die Sequoia.
Freilich mögen auch Nadelbäume keine nuklearen Winter. Eine Schicht, die gänzlich ohne Vegetation ist, oder in der mangels Sonneneinstrahlung sogar Pilze dominieren, ist nicht bekannt.
Und eine Schwankung von 2 bis 3° Celsius sind in erdgeschichtlichen Dimensionen eher alltäglich. Schon die „kleine Eiszeit“, die uns vom Spätmittelalter bis in die frühe Neuzeit hinein heimgesucht hat, hat einen Temperaturunterschied von einem Grad betragen. Bei dem Maximum des letzten eiszeitlichen Gletscherschubs kam ein Unterschied von 5° bis 6° zu heute zustande. Angesichts der Tatsache, daß es in der Kreidezeit noch verhältnismäßig warmes Klima vorherrschte, kann eine Abkühlung von 2° bis 3° nicht die Auswirkung eines quasi nuklearen Winters sein.
Für die Befürwortet der Asteroiden- Theorie kam noch ein weiteres Problem hinzu: Ihnen fehlte der Asteroid. Also fing man in den achtziger Jahren an, fieberhaft nach Hinweisen zu suchen, und schon Hinweise auf lokale Waldbrände im Süden Nordamerikas wurden zu großen Beweisen aufgebauscht. Und – Wo Hu Zang Long! – plötzlich war er da, der lang gesuchte Einschlagskrater. Und das auch noch direkt vor der Haustür der USA – Wie praktisch! Am Rand der Halbinsel Yucatan, größtenteils im Golf von Mexiko gelegen, machte man den Chicxulub- Krater aus.
Natürlich ist es verdächtig, daß man ihn erst nach der Alvarez- Publikation entdeckt hat. Gewiß, man mag die Spuren bislang nicht beachtet haben, weil man eben nicht nach Auswirkungen eines Impakt- Ereignisses gesucht hat, aber für gewöhnlich entsteht eine seriöse Theorie erst durch die Auswertung von Befunden (und nicht umgekehrt).
Auch ist Chicxulub nicht unbedingt der ideale Kandidat, wenn es darum geht, einen mesozoischen Weltuntergang zu begründen. So hat er mit einem Durchmesser von 180 Kilometern zwar eine respektable Größe, doch reicht sie aus? Die Vredefort- und Sudbury- Krater sind als größte, auf der Erde bekannte Einschlagskrater (Daß Böhmen ebenfalls einer sein mag, ist nicht bewiesen) zu alt, als daß man sie mit bekannten Faunenschnitten in Verbindung bringen könnte. Eine direkte Beziehung zu geologisch feststellbaren Marken wie z. B. Eiszeiten läßt sich jedoch nicht feststellen. Der Manicougan- Krater mit etwa 100 Kilometern Durchmesser (Einschlag vor 214 Millionen Jahren) und der etwa gleich große Popigai- Krater (35 Millionen Jahre alt) stehen allerdings mit keinem globalen Aussterben in Verbindung, geschweige denn der Siljan- Krater oder die beiden Becken des Ries- Ereignisses.
Letzten Endes ist die Paläontologin Gerta Keller von der Princeton University nach intensiven Forschungsarbeiten zu dem Schluß gekommen, daß Chicxulub deutlich älter ist als die Iridium- Anomalie. Wo also ist der todbringende Himmelskörper dann niedergegangen?
Chatterjee führt noch den Shiva- Krater an, den der Carlsberg- Rücken in zwei Hälften teilt, just als hätte der Impakt für einen Riß in der Erdkruste gesorgt. Besonders pikant ist, daß dieser Krater dem von Chicxulub nahezu gegenüber gelegen hat, was die Position auf der kreidezeitlichen Erdkugel anbelangt. Chatterjee geht von einem zweiten Bruchstück des Asteroiden aus, der zwölf Stunden später niedergegangen sein soll, aber die spezifische Lage nährt den Verdacht, daß hier Wellen der Erschütterung durch unseren Planeten selbst gejagt, und am antipodalen Gegenpart zum Einschlagsort kulminiert sind. Der Effekt ist ähnlich dem mehrerer nebeneinander hängender, sich berührender Holzkugeln: Wenn links eine weitere gegen sie schlägt, schwingt rechts eine andere weg. Auf diese Weise ließe sich sogar der endmesozoische Vulkanismus im Dekkan- Hochland erklären, der dem Chicxulub gleichfalls fast antipodal gegenüber liegt. Chatterjee nimmt einen Himmelskörper mit 40 Kilometern Durchmesser an, was die vierfache Größe von dem ausmacht, der in Mittelamerika runtergekommen sein soll. Freilich bestehen noch große Zweifel, ob es sich bei dieser zweigeteilten Struktur überhaupt um den Überrest eines Einschlagskraters handelt, und nicht zum Beispiel um das Relikt eines dereinst auf dem Carlsberg- Rücken aktiven Vulkans. Auch wird der Dekkan- Vulkanismus gern so datiert, daß er vor dem angenommenen Chicxulub- Impakt stattgefunden hat, und da seine Lavaschichten die nach der indischen Gottheit der Zerstörung benannte Mulde überdecken, muß das Shiva- Ereignis älter sein.
Da sich der Großteil unseres Planeten jedoch unter Wasser befindet, steht zu befürchten, daß der gesuchte Krater ohnehin nie gefunden wird, weil er in den Grund des Ozeans eingeschlagen ist, und der aufgrund der Plattentektonik längst schon wieder aufgeschmolzen wurde.
Ein Asteroid allerdings, der groß genug war, um beim Einschlag die Kruste bis zum Erdmantel hin zu beschädigen, mag einen sogenannten „Hot Spot“ erzeugen. Hierbei handelt es sich um einen vulkanisch aktiven Bereich abseits der ozeanischen Rücken und der Subduktionszonen. Mit jedem Ausbruch entstehen Vulkane, aber da die Erdkruste über den Hot Spot hinweg wandert, ziehen auch die Vulkane weiter, und mit der nächsten Eruption wächst ein neuer Lavaberg. Auf diese Weise entstehen ganze Inselketten. Der von Hawaii hat ein spätmesozoisches Alter, so daß auch er schon in den Fokus der Forscher gewandert ist. Allerdings hat man ihn inzwischen auf ein Alter von 80 Millionen Jahre datiert, also in eine Epoche 14 bis 16 Millionen Jahre vor dem Aussterben der Dinosaurier.
Außerdem sind es Mechanismen unterhalb der Kruste, die für den Bestand eines Hot Spots sorgen. Wie hier der Niedergang eines Himmelskörpers als Auslöser fungieren soll, erscheint mir nicht so recht schlüssig.
Ab und an rückt auch immer wieder mal Island in den Fokus, aber da diese Insel direkt auf dem Mittelatlantischen Rücken liegt, ist sie wohl vielmehr ein Produkt der hiesigen Riftzone. Zumindest ist es nicht sehr wahrscheinlich, daß ein Himmelskörper ausgerechnet mitten in einen ozeanischen Rücken einschlägt. Und eine Folge eines solchen Impakts kann der Mittelatlantische Rücken auch nicht sein, denn es gibt ihn schon seit der Trias. Ja, vermutlich bestand noch bis ins Eozän hinein eine Verbindung zwischen Nordamerika und Europa, die sogenannte „Thule- Landbrücke“, die es klassischen amerikanischen Lebensformen ermöglichte, sich bis ins heutige Deutschland auszubreiten (Urpferdchen [Hyracotherium], Ameisenbären [Eurotamandua] und Riesenvögel [Diatryma]).
Aber selbst, wenn es sich herausstellen sollte, daß Chicxulub nichts mit dem Faunenschnitt zu tun hat, und alternative Einschlagskrater nicht gefunden werden, so müßte es doch zumindest indirekte Belege für einen Impakt geben. Der hätte nämlich für ausgesprochen brutale Tsunamis gesorgt, und die hätten an allen umliegenden Küsten deutliche Spuren der Verwüstung hinterlassen. Marine Sedimente über terrestrischen, Tempestite, umgeknickte Wälder, mitgerissene Gesteinsbrocken – Die Zerstörungen hätten sich klar im Tagebuch der Geologie verewigt. Hätten... aber sie haben es nicht. Allein die Iridium- Anomalie tritt weltweit auf. Für alles andere gibt es bestenfalls lokale Indizien (so etwa Anzeichen für Flutkatastrophen in Haiti, Mexiko, Texas, Alabama, Bereichen der Karibik und einigen angrenzenden Gebieten [fide Chatterjee]). Im Falle des Shiva- Kraters sind die Hinweise noch spärlicher, ist doch die gesamte Region vom Auswurf der Dekkan- Vulkane (bzw. des Dekkan- Supervulkanes) überlagert worden (außerdem ist der unmittelbar vor der Haustür der USA gelegene Chicxulub en vogue, und damit besser erforscht). Es sieht nicht so aus, als hätte es zu der Zeit des postulierten Impakts Monsterwellen gegeben, die mehr als nur regionale Auswirkungen gehabt hätten.
Gerne werden die Bruchstücke von Kohle in der Iridiumschicht als Beleg dafür herangezogen, es hätte zu der Zeit weltweit Waldbrände gegeben, und zwar in einem solchen Ausmaß, daß ganze glimmende Holzstücke in die oberen Schichten der Atmosphäre aufgestiegen, und dann überall auf der Welt als Fallout wieder heruntergekommen sind. Aber um diese Hypothese zu stützen, bräuchte es auch die gewaltigen Brandschichten eben jener vernichteten Dschungel, und die fehlen. Alles, was man kennt, sind ein paar lokale Waldbrände, die sich in ihrem Ausmaß kaum von denen aus anderen Schichten unterscheiden, die mit keinem Faunenschnitt in Verbindung gebracht werden. Und eine der mächtigsten Ascheschichten jener Zeit liegt ausgerechnet in Neuseeland, also weit weg von der eigenen Haustür, wo viele US- Amerikanische (und andere) Geologen den Asteroideneinschlag gern gehabt hätten.
Terra Dino nennt noch ein spezifisches Isotop des Edelgases Helium, das in der Anomalie nachgewiesen wurde, sonst aber nur im All vorkäme. Freilich behauptet die selbe Quelle das Gleiche von Iridium, was nachweislich falsch ist. Insofern darf diese Angabe mißtrauisch beäugt werden. Schließlich weist auch die Anomalie selbst Eigenschaften auf, die nicht unbedingt für eine extraterrestrische Herkunft seiner Komponenten sprechen. Ein erhöhter Schwefelgehalt läßt sich noch mit saurem Regen erklären, so wie es Maruka et al. tun. Birger Schmitz von der Universität von Göteborg berichtet allerdings von einem hohen Anteil an Arsen und Antimon in den Proben der Anomalie, die er aus dem Westen Nordamerikas untersucht hat. Ähnliches hat auch die MIAC für einen Aufschluß bei Brazos River, Falls County in Texas nachweisen können. Beide Elemente sind alles andere als typisch für die Zusammensetzung von herumvagabundierenden Himmelskörpern. Laut science.ORF gehen russische und österreichische Forscher (Heinz Kollmann und Andrei F. Grachev werden mit Namen genannt) sogar soweit, nicht den Einschlag, sondern eine Vergiftung mit Arsen und anderen Schwermetallen für den Faunenschnitt verantwortlich zu machen.
Und schlußendlich: Wo ein Massensterben stattfindet, sammeln sich auch entsprechend viele Leichen an, die in einem frostigen Klima noch nicht mal verwesen. Wir hätten also eine gute Chance, das Ereignis mit vielen, vielen Fossilien dokumentieren zu können. Doch das jüngste bekannte Dinosaurierfossil befand sich noch einen guten Meter unterhalb der Iridium- Lage.
Und obwohl man bei einem solch globalen Ereignis erwarten würde, daß allerorten alle Lebewesen gleich betroffen sein müßten, lehrt uns der Fossilbericht etwas anderes: Das Aussterben an Land verlief nach einem ganz anderen Muster, als das im Meer. Und im Salzwasser wirkte sich die Katastrophe vernichtend aus, während sie im Süßwasser kaum Spuren hinterlassen hat. So wurde die Gruppe der kalkschaligen Foraminiferen arg dezimiert, und ein Großteil davon starb so schnell aus, daß J. Smit und J. Hertogen von gerade mal 200 Jahren Dauer ausgehen. Die Radiolarien mit ihrer Silikat- Hülle sind dagegen kaum betroffen gewesen. Die Ammoniten und Belemniten, beide extrem erfolgreich, verschwanden ohne Nachkommen, während die nahe verwandten Tintenfische unbeeindruckt weiterlebten. Dabei ist bei den Ammoniten ein gleicher Rückgang der Arten bei konstanter Individuenzahl zu beobachten, wie bei den Dinosauriern (Kurtén). Die Rudisten erwischte es vollständig, wie auch ganze Überfamilien von marinen Schnecken. Während die Ichthyosaurier schon früher gegangen sind, verschwanden nun die Plesio-, Plio- und Mosasaurier, und die Amphichelydia wurden arg dezimiert. Aber ausgerechnet den Haien hat der Faunenschnitt so wenig geschadet, daß viele schon damals steinalte Gattungen bis auf den heutigen Tag überdauert haben (Carrol).
In den tropischen Regionen hatte die Vegetation weit stärker Schaden genommen, als in den gemäßigten. Die Flug- und Dinosaurier hat es zur Gänze dahingerafft, selbst die kleinsten, während sich die Vögel, Krokodile, Echsen, Schlangen, Brückenechsen und Vögel auch heute noch bester Gesundheit erfreuen. Ja, sogar eine inzwischen längst verschwundene Reptiliengruppe, die Champsosaurier, haben sich hinüber ins Tertiär retten können! Auch bei den Säugetieren gab es spürbare Einschnitte, nur ausgerechnet unsere eigene Unterklasse, die Placentalia, scheint das Desaster ohne größere Blessuren überstanden zu haben.
Was die Dinosaurier anbelangt, so war den Paläontologen schon lange vor dem Alvarez- Hype klar, daß sie nicht „plötzlich“ ausgestorben sind. Tatsächlich sind die meisten von ihnen nicht auffälliger verschwunden als in anderen Epochen zuvor; es sind ihnen im Verlauf mehrerer Jahrmillionen nur einfach immer weniger neue Typen nachgefolgt. So hatte Colbert (fide Kurtén) die Fauna zweier aufeinander folgender Epochen am Ende der Kreidezeit untersucht (auf Nordamerika bezogen, sind das die Belly River- und die Lance- Stufe) und festgestellt, daß sechzehn Arten der Ceratopsia danach nur noch sieben gegenüber standen, neunzehn Arten der Ankylosauria dagegen sechs, und 29 Arten der Hadrosaurier sieben. Lediglich bei den Raubsauriern war der Schwund nur schwach ausgeprägt (fünfzehn zu vierzehn). Ob in der Aufstellung auch Sauropoden und kleinere Ornithopoden berücksichtigt worden sind, ist meinem Quelltext nicht zu entnehmen, doch läßt der Kontext darauf schließen, daß bei ihnen das selbe Phänomen zu beobachten war, nur nicht in solch dramatischem Ausmaß wie bei anderen Dinos (Ohnehin werden die Sauropoda in der Oberkreide Nordamerikas nur durch die Gattung Alamosaurus vertreten).
Aber nahm auch die Formenfülle ab, die bloße Quantität tat es nicht. Was bis zum Schluß überdauerte – darunter so bekannte Vertreter wie Tyrannosaurus, Triceratops, Ankylosaurus und der Hadrosaurier Anatotitan – scheint in erstaunlich großer Individuenzahl aufgetreten zu sein. Eine Individuenzahl, die sich über mehrere Jahrmillionen erstreckte, also nicht als Anzeiger vieler plötzlich verstorbener Tiere gedeutet werden kann. Noch kurz vor Ende des Mesozoikums sind Überreste von Triceratops so zahlreich, daß man von einem Umweltfaktor ausgehen muß, der sich auf einige Typen verheerend auswirkte, während sich andere anpaßten und florierten. Die leichte Abkühlung des Klimas, von der die Herren Sloan und Van Valen geschrieben haben, mag als Ursache in Frage kommen.
Freilich sind Häufigkeiten von Fossilien immer mit Vorsicht zu genießen. Meist spiegeln sie nicht die tatsächliche Häufigkeit von Tieren wieder, sondern gerade mal diejenige der den Menschen bekannten Fundstätten. So wissen wir zum Beispiel über den gesamten mittleren Jura recht wenig über die Dinosaurier, obwohl sie dort gewiß nicht selten gewesen sein dürften. Und daß es auch in der Oberkreide noch Stegosaurier gegeben hat, wissen wir von einem einzigen Fund aus dem weiland isolierten Indien (Dravidosaurus) .
Aber es gibt noch weitere Unstimmigkeiten. So trifft auch das Bild, daß überwiegend die großen Tiere gestorben sind, nur zum Teil zu. Schließlich zählen Krokodile und Haie nicht unbedingt zu den Zwergen im Tierreich. Was zeichnete sie aus, was Mosa-, Plio- und Plesiosauriern fehlte? Bei vielen der Haie handelt es sich um Hochsee- Formen, die mehrere tausend Kilometer zurücklegen. Damit erwischten sie vielleicht noch genug Beute, um eine solche Krise zu überdauern. Mosa-, Plio- und Plesiosaurier mögen ähnlich aktiv gewesen sein, doch waren sie Lungenatmer, und für die Eiablage vielleicht sogar auf das Land angewiesen. Hinzu kommt, daß sich die beiden letztgenannten Gruppen zum Teil bevorzugt von Ammoniten und Belemniten ernährten, die ziemlich plötzlich aus den Meeren verschwanden.
Außerdem haben kaltblütige Geschöpfe zwar ein großes Problem mit plötzlichen Temperaturstürzen, warmblütige aber durch ihren großen Nahrungsbedarf. Und wo sich der Himmel verfinstert, gehen die Pflanzen ein – Was hätten Säuger und Vögel denn in all den Jahren eines „nuklearen Winters“ essen sollen? Nur ein phantasiebegabter Optimist würde annehmen, es hätten sich bei den frostigen Temperaturen genügend Kadaver der Millionen toten Riesenechsen frisch gehalten, um einer Population kleiner Pelztiere das Überleben zu sichern. Jeder Bauer weiß: Wenn man zwei hungrige Tiere füttert, hat man kurzfristig vielleicht zwei satte Geschöpfe, aber langfristig mindestens drei oder mehr hungrige. Wenn der Bauch voll ist, ist nicht unbedingt das Gehirn das Organ, das die nächsten Ansprüche anmeldet.
Außerdem ist es nicht so, daß nur eine Handvoll Säugetiere den Faunenschnitt überstanden hätte, und sich erst danach alle Hauptlinien entwickelt hätten. Tatsächlich hatten die Beuteltiere schon vor 160 Millionen Jahren ihren eigenen Weg eingeschlagen, und auch die vier Überordnungen der Placentalia hatten bereits deutlich getrennte Pfade beschritten. Die afrikanische Gruppe (Afrotheria) war vermutlich schon vor 105 Millionen Jahren eigenständig, die amerikanische (Xenartha) irgendwann vor 100 bis vor 90 Millionen Jahren. Und als sich die Nordgruppe (Laurasiatheria) von den Nager- und Affenartigen (Euarchontoglires) schieden, dauerte es immer noch 20 bis 30 Millionen Jahre, bis die Riesenechsen für immer verschwanden. Ja, es gab sogar schon erste Primaten (Purgatorius), wobei allerdings noch nicht klar ist, ob sich zu diesem Zeitpunkt bereits die Vorfahren der Spitzhörnchen und der Gleitflieger vom Stammbaum getrennt hatten. Zu allem Überfluß haben noch zwei weitere Gruppen das Ende der Kreidezeit überdauert, nämlich die inzwischen ausgestorbenen Multituberculata und die Vorfahren der heute noch lebenden Kloakentiere (Monotremata). Ja, die Schnabeltiere sollen sich mit den Gattungen Steropodon und Teinolophos sogar schon in der Unterkreide von den Vorfahren der Ameisenigel abgespalten haben. Mit anderen Worten: Was immer gegen Ende der Kreidezeit passiert ist, es hat nicht einfach nur eine kleine, isolierte Schar primitiver Pelzträger verschont, sondern gleich mehrere Entwicklungslinien.
Nun sind Winterschlaf bzw. Winterruhe von mehreren nicht näher miteinander verwandten Säugern bekannt (und Kältestarre bei einigen kleineren wechselwarmen Wirbeltieren). Dem FOCUS zufolge verfügt selbst der Mensch noch über die Gene, die den Körper „in den entsprechenden Energiesparmodus“ versetzen. Kann man deshalb aber davon ausgehen, daß auch die Vorfahren der Ameisenbären, frühe Beuteltiere und Multituberculata so den „nuklearen Winter“ überstanden haben? Ganz einmal abgesehen davon, daß viele uns bekannten Tiere die Ruhezeit erst recht spät (im Plio-/ Pleistozän) entwickelt haben, da sich manche ihrer nahen Verwandten ganz und gar nicht um die karge Jahreszeit scheren.
Nicht vergessen werden darf auch, daß man sich rechtzeitig vor Antritt der Auszeit einen ordentlichen Fettvorrat anfressen, und gegebenenfalls Vorräte anlegen muß. Außerdem sorgt oft eine innere Uhr dafür, daß man rechtzeitig zum Frühling wieder erwacht – Der aber läßt bei einem Impaktwinter lange auf sich warten. Wer zu früh aktiv wird, findet keine Nahrung, und wer zu lange inaktiv bleibt, verhungert im Schlummer. Der Winterschlaf ist nach einem Asteroideneinschlag also nur bedingt von Vorteil.
Und selbst wenn man den Säugetieren hiermit ein Schlupfloch im Überlebenskampf zugestehen will, wie ist es dann um die Vögel bestellt? Welchen Vorteil haben sie gegenüber den Flugsauriern gehabt? Ein dem Winterschlaf analoger Mechanismus ist von ihnen schließlich nicht bekannt. Freilich fliegen einige von ihnen vor Beginn der kalten Jahreszeit nach Süden. Doch selbst wenn man allen Vögeln der Endkreidezeit unterstellt, Zugvögel gewesen zu sein (und es gab damals Byron Preiss zufolge immerhin schon Regenpfeifer, Seeschwalben, Möwen, Seetaucher, Reiher, Flamingos und Enten, laut L. B. Halstead auch Eulen und Rallen), so dürfte ihnen das kaum beim Überleben geholfen haben. Mochten die Temperaturen rund um den Äquator auch milder gewesen sein, das Nahrungsangebot war gewißlich nicht besser. Wo eine Schicht aus Aerosol den gesamten Planeten umgibt und die Photosynthese zumindest deutlich erschwert, wird das Pflanzenwachstum global geschädigt gewesen sein. Ja, eine Häufung von Vögeln in den Tropen dürfte die Lage dort noch verschärft haben, und man dar auch nicht vergessen, daß eine Reise von mehreren tausend Kilometern an den Kraftreserven zehrt.
Da ist es eher zu vernachlässigen, daß manche Forscher auch von einigen Dinosauriern periodische Wanderungen annehmen, darunter auch von so erfolgreichen Vertretern wie den Iguanodonten und den Hadrosauriern. Da hier die Beweislage schwierig ist, werde ich auf die entsprechenden Theorien nicht weiter eingehen.
Welchen Vorteil also hatten die Vögel gegenüber den Dinosauriern in einem quasi nuklearen Winter, abgesehen davon, daß sie aufgrund ihrer geringen Größe mit weniger Nahrung auskommen?
Denn über den Kälteschutz, den ein aufgeplustertes Gefieder bietet, haben auch zahlreichere kleinere Dinosaurier verfügt. Und ja, sogar gegen Ende der Kreidezeit gab es einige von ihnen, die nicht zu Monstern heranwuchsen! Viele Dromaeosaurier, Troodontiden und verwandte Formen erreichten gerade mal Hühner- oder gar Taubengröße (Microraptor, Rahonavis) – Dimensionen, die man vor wenigen Jahrzehnten nur von Compsognathus aus dem Oberjura gewohnt war.
Alles in allem gibt es also eine ganze Reihe von Unstimmigkeiten, was die Theorien zur Iridium- Anomalie anbelangt. Viel zu viele zumindest, um den Brustton der Überzeugung bei Long und Schouten zu rechtfertigen. Und doch wird der Asteroiden- Impakt allerorten als Tatsache verkauft – Was sagt uns das über die Berufsauffassung mancher weithin respektierter Forscher?
„Sternhagelvoll“ nennt man jemanden, der ein wenig zu tief ins Glas geschaut hat. Ein solcher Mensch hat beizeiten Einfälle, die er am Morgen danach knurrig als „Schnapsideen“ abtut. Ob es sich bei dieser Theorie um etwas Ähnliches handelt, oder um eine bahnbrechende Erkenntnis, mag die Zukunft zeigen. Ich hoffe, ich habe mit diesem Abriß deutlich machen können, daß bei weitem nicht so abgesichert ist, wie man uns immer weiszumachen versucht, und das mit der Penetranz des Werbefernsehens. Die Unstimmigkeiten werden dabei stets ausgeblendet, just als könnte ihre bloße Erwähnung Karriere und Forschungsgelder gefährden. Eigentlich schade, denn ist es die vorrangige Aufgabe der Wissenschaft, Fragen zu stellen. Unbezweifelbare Antworten zu geben, ist eher die Domäne der Religion.
Eine der nach den Funden in China neu aufgestellten Maniraptora- Familien trägt den Namen „Alvarezsauridae“ – Eine Ehre, die vielen Wegbereitern der Zunft versagt geblieben ist, seien es nun Richard Owen, die berühmt- berüchtigten „Cowboy- Paläontologen“ Edward Drinker Cope und Othniel Charles Marsh, oder auch Henry Fairfield Osborn. Manchmal sind Bezeichnungen nicht nur Ehrungen, sondern auch Glaubensbekenntnisse.
Bekenntnisse aber sind keine Erkenntnisse, und wo die Meinung als Gewißheit daherkommt, verwundert es nicht, daß es auch Leute gibt, welche die Sachverhalte ganz anders interpretieren. Einem von ihnen ist das nächste Kapitel gewidmet.