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Vom Ex-Planeten zum Exoplaneten (Teil 16)

1Vom Ex-Planeten zum Exoplaneten
(Teil 16)

Es sind schon viele Überlegungen angestellt worden, ob wohl jenseits der Erde noch Leben möglich sei. Natürlich stand das Sonnensystem selbst dabei besonders im Fokus, sind die einzelnen Objekte hier doch relativ gut beobachtbar, und im Notfall auch mit der uns jetzt schon zur Verfügung stehenden Technik zu erreichen. Gut, von Personenflügen zum Neptun sollten wir vorerst noch die Finger lassen.


HR 8799 = V 342 Pegasi liegt circa 129 +/- Lichtjahre von uns entfernt im Sternbild Pegasus. Er ist zwar ein Hauptreihenstern, gehört aber in die Sonderklasse der veränderlichen Sterne (genauer: ein γ- Doradus- Veränderlicher und λ- Bootis- Stern), die sich durch Schwankungen in der Leuchtkraft auszeichnen. Als Richtwert wird die 4,9- fache Helligkeit unseres Heimatgestirns angegeben. Mit einem Alter von 30 bis 60 Millionen Jahren ist HR 8799 ausgesprochen jung (Die Dinosaurier dürfte er nicht mehr mitbekommen haben), und seine Größe (1,5- fache Masse und 1,3- facher Durchmesser der Sonne) und Temperatur (circa 7430 K an der Oberfläche) lassen auch nicht erwarten, daß er Methusalem Konkurrenz machen wird. Mit Leben dürfte in seinem Umfeld also nicht zu rechnen sein.

Bislang sind vier planetare Begleiter nachgewiesen, wobei die drei äußeren Gasriesen mit 5- bis 13- fachem Durchmesser des Jupiter sind. Der Vierte ist nur lückenhaft bekannt, doch soll er eine Umlaufzeit von 50 Erdenjahren haben. Vermutlich ist auch er ein Gasriese. Sowohl innerhalb seiner Bahn, als auch um den äußersten Planeten herum sind Asteroiden- und Kometengürtel nachgewiesen worden; Letzterer ist sogar der mächtigste, der uns überhaupt bekannt ist. Auffallend ist, daß sich die Abstände der Planeten zueinander in einem ähnlichen Verhältnis befinden wie die der Gasriesen im Sonnensystem, nur um den Faktor 2,2 weiter vom Zentralgestirn entfernt als bei uns. Nach diesen Proportionen sind bei HR 8799 auch weiter innen kreisende, eventuell terrestrische Begleiter denkbar, die aufgrund ihrer Winzigkeit, der großen Entfernung und der relativen (wenn auch schwankenden) Helligkeit des Sterns noch nicht entdeckt worden sind. Abgesehen von der mehr als doppelt so großen Ausdehnung erscheint das System wie eine ursprüngliche Version unseres eigenen, so daß man sich durch die Beobachtung und Analyse Erkenntnisse über unsere eigene Frühzeit erhofft.

Was es so besonders macht, ist, daß die beiden äußeren Gasriesen direkt nachgewiesen werden konnten. Somit war es auch möglich, über das Lichtspektrum den „chemischen Fingerabdruck“ des Planenten HR 8799c unter die Lupe zu nehmen. Es stellte sich heraus, daß in seiner Atmosphäre auch Kohlenmonoxid und Wasserdampf vorkommen.

Im selben Sternbild finden wir auch HD 209458 (auch V376 Pegasi genannt), inzwischen allerdings in einer Entfernung von ungefähr 162 +/- 6 Lichtjahren. Er ist leicht größer (1,1- fache Masse und 1,12- facher Radius), spürbar heißer (ca. 6000 K Oberflächentemperatur) und deutlich heller (1,6- fache Leuchtkraft) als die Sonne. Die Schätzungen seines Alters variieren von 4 bis zu 7 Milliarden Jahre.

Was ihn so spektakulär macht, ist sein Begleiter: HD 209458 b, der inoffiziell auch den Namen „Osiris“ trägt, und kein besonders wohnlicher Ort ist. Mit ungefähr 69% der Jupitermasse zählt er zu den Gasriesen, doch bewirkt sein geringer Abstand von 0,045 AE zum Zentralgestirn, daß er sich auf den 1,3- fachen Jupiterdurchmesser aufgebläht hat. Gerade mal 3 ½ Erdentage dauert ein Osirisjahr, und an der „Oberfläche“ herrschen Temperaturen von mindestens 1000 K – zum Vergleich: Beim Braunen Zwerg Epsilon Indi C sind es gerade mal 850 K. Aus diesem Grunde hat man für seinen Planetentyp die Bezeichnung „Heißer Jupiter“ gefunden. Bei HD 209458 b sind die Verhältnisse allerdings derart extrem, daß der Sonnenwind die Atmosphäre geradezu wegbläst, und der Planet einen vom Gestirn weg weisenden Schweif hat, dem eines Kometen nicht unähnlich. Doch dieser Schweif hat es in sich, im wahrsten Sinne des Wortes: Er enthält Sauerstoff und Kohlenstoff. Beide sind gebunden in Kohlendioxid, Methan und viel, viel Wasserdampf. Tatsächlich handelt es sich bei HD 209458 b um den ersten Exoplaneten überhaupt, in dessen Atmosphäre Wasserdampf nachgewiesen worden ist. Spätere Untersuchungen freilich kamen zu anderen Ergebnissen, denen zufolge der Schweif überwiegend aus Wasserstoff besteht.

Atemberaubende 620 Lichtjahre muß man bereits zurücklegen, um zu Kepler- 22 zu gelangen, zwischen den Sternbildern Schwan und Leier gelegen. Von der Masse (97 +/- 0,06%) und dem Radius (97,9 +/- 0,02%) her ist er nur geringfügig kleiner als unser Heimatgestirn. Auch ist er an der Oberfläche deutlich kühler (5518 +/- 44 K), und auch sein Gehalt an Elementen schwerer als Helium ist geringer. Das Alter ist – wie so manches – unbestimmt, doch scheint seine Eigenrotation bereits erkennbar abgebremst zu sein, was für gewöhnlich einige Milliarden Jahre Existenz vermuten läßt.

Nun gibt es zahlreiche sonnenähnliche Sterne, die näher sind, die ich aber trotzdem unterschlagen habe. Denn was Kepler- 22 besonders macht, ist Kepler- 22 b: Dieser Exoplanet gilt als zuerst entdeckter, erdähnlicher Exoplanet, der sich innerhalb einer habitablen Zone befindet. Er ist ungefähr 2,4- mal so groß wie die Erde (30.500 km Durchmesser), und benötigt 290 Tage für einen Umlauf. Weitere Details stehen noch aus, doch hofft man, durch spektoskopische Messungen bei seinem nächsten Transit (Vorüberziehen zwischen seinem Zentralgestirn und unserer Beobachterposition) weitere Erkenntnisse gewinnen zu können.

Kepler- 62 dann ist inzwischen schon unvorstellbare 1200 Lichtjahre von uns entfernt, im Sternbild Leier gelegen. Es handelt sich bei ihm um einen Gelben Zwerg, wie die Sonne auch, ist jedoch deutlich kleiner (60% der Masse, 64% des Radius) und kälter (4925 +/- 70 K) als sie. Sein Alter wird auf 7 Milliarden Jahre geschätzt, doch mit einem großen Unsicherheitsfaktor, so daß er schon 11 oder auch nur 3 Milliarden Jahre auf dem Buckel haben könnte. Für die Entstehung von Leben, ja sogar für intelligentem Leben sollte das eigentlich ausreichen... vorausgesetzt, dort gäbe es einen Ort, wo es sich auch entwickeln könnte.

Ich hätte dieses so weit entfernte Gestirn nicht in diesen Aufsatz mit aufgenommen, wenn dem nicht so wäre!

Genau genommen sind es fünf Planeten, die in seinem Orbit lokalisiert worden sind. Die drei inneren dürften für lebensfreundliche Bedingungen zuviel Hitze abbekommen, aber die beiden äußeren, Kepler- 62e und Kepler- 62f, befinden sich innerhalb der habitablen Zone. Beide sind Supererden, wobei Kepler- 62e ungefähr 60% und Kepler- 62f etwa 40% größer als unser Heimatplanet ist. Bei Ersterem dauert das Jahr 122, bei Letzterem 267 Tage. Aufgrund der großen Distanz konnten bislang noch keine Daten gesammelt werden, die z. B. das Vorhandensein einer Atmosphäre belegen könnten, doch gehen Computermodelle von der Existenz ausgedehnter Ozeane und einer etwas wolkenreicheren Troposphäre als bei uns aus. Kepler- 62f bräuchte allerdings die globalen Auswirkungen von Treibhausgasen, um nicht permanent zu vereisen.

Mit einigen der genannten Sterne hat man bereits versucht, über Radiowellen Kontakt aufzunehmen. Epsilon Eridani, Tau Ceti und Gliese 581 d sind im Einzelnen die Ziele gewesen. Doch entweder gibt es dort kein intelligentes Leben, oder es hört keinen Rundfunk, oder es möchte keinen Kontakt mit uns, oder aber die Botschaften kommen nicht mehr verständlich dort an – Auf jeden Fall hat man uns bislang noch keiner Antwort für würdig befunden (oder sie ist noch im interstellaren Raum unterwegs)!

Aber wo wir schon Signale zu möglichen bewohnten Welten senden, wäre es doch wünschenswert, wenn außerirdische Zivilisationen den selben Gedanken hätten. Bisher allerdings hat uns das SETI- Programm, mit dem gezielt Bereiche des Alls abgehört werden, keine brauchbaren Hinweise auf einen solchen Kontaktversuch liefern können... mit einer Ausnahme! Am 15. August 1977 empfing das Big Ear- Radioteleskop der Ohio State University ein Signal, das die Standardabweichung des Hintergrundrauschens um das Dreißigfache übertraf. Die Frequenz lag sehr nahe derjenigen, die vom Hyperfeinstruktur- Übergang des neutralen Wasserstoffs im Universum erzeugt wird.

Es dauerte alles in allem 72 Sekunden, ohne sich jemals zu wiederholen. Dabei stieg es anfangs an und flaute gegen Ende ab, ganz wie es zu erwarten ist bei einem Observatorium, das sich auf der sich drehenden Erdoberfläche befindet, während von einem scheinbar statischen Punkt fern im All ein Signal eintrifft.

Der Stern, welcher der Ursprungsrichtung dieses Signals am nächsten liegt, ist Tau Sagittarii. Er liegt freilich an die 122 +/- 4 Lichtjahre entfernt (im Sternbild Schütze gelegen), so daß eine Reaktion auf das irdische Radioprogramm ausgeschlossen ist. Selbst die allerersten Rundfunk- Übertragungen aus dem Jahr 1895 hätten diese Distanz bis zum Jahr 1977 noch nicht zurücklegen können, und dann wäre bei all den Interferenzen und der nachlassenden Oszillation wohl nichts mehr von der einstigen Sendung zu verstehen.

Hinzu kommt, daß Tau Sagittarii mit einer Größe von 16 Sonnenradien und 1,5 bis 2 Sonnenmassen auch zu monströs ist, um auch nur entfernt als sonnenähnlich durchzugehen. Als orangefarbiger Riese zählt er nicht einmal mehr zu den Sternen der Hauptreihe, und er steht sogar im Verdacht, Teil eines Doppelgestirns zu sein. Seine Oberflächentemperatur liegt bei 4860 K. Himmelskörper seines Typs erreichen nicht das nötige Alter, als daß sich in einem möglichen Orbit eventuell höheres Leben entwickeln könnte. Zumindest keines, das in der Lage ist, über 122 Lichtjahre hinweg Radiosignale zu versenden!

Einige Besonderheiten in der Velozität und dem geringen Gehalt an Elementen schwerer als Helium haben sogar den Verdacht genährt, daß dieser Stern nichts mit den anderen in seiner Umgebung zu tun hat, sondern ein Fremdling ist, der ursprünglich einem anderen Teil der Milchstraße (wenn nicht einer anderen Galaxie) entstammt.

Letzten Endes ist es auch nicht auszuschließen, daß es sich bei der vermeintlichen Botschaft nur um den gigantischen Ausbruch eines Pulsars gehandelt haben mag.

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