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Vom Ex-Planeten zum Exoplaneten (Teil 17)

1Vom Ex-Planeten zum Exoplaneten
(Teil 17)

Es sind schon viele Überlegungen angestellt worden, ob wohl jenseits der Erde noch Leben möglich sei. Natürlich stand das Sonnensystem selbst dabei besonders im Fokus, sind die einzelnen Objekte hier doch relativ gut beobachtbar, und im Notfall auch mit der uns jetzt schon zur Verfügung stehenden Technik zu erreichen. Gut, von Personenflügen zum Neptun sollten wir vorerst noch die Finger lassen.


Doch wenn uns ansonsten noch keine extraterrestrischen Funksignale erreicht haben, kann das auch bedeuten, daß da draußen niemand ist, um uns zu kontaktieren. Bedenken wir, daß es vielleicht 800 Millionen Jahre gebraucht hat, um auf der Erde Leben hervorzubringen, aber weitere 3,8 Milliarden (!) Jahre, damit eine intelligente Spezies entsteht. Selbst wenn es der mathematischen Wahrscheinlichkeit nach fast schon zu erwarten ist, daß noch anderswo vernunftbegabte Kreaturen kreuchen und fleuchen, so heißt das noch lange nicht, daß sie sich auch in unserer Reichweite befinden. Nun sind unsere Kenntnisse über die planetaren Begleiter der Sterne selbst in unserer unmittelbaren Nachbarschaft noch äußerst lücken- und fehlerhaft, doch scheinen von denen, die entdeckt worden sind, nur wenige für eine Besiedlung durch unsere Spezies geeignet zu sein. Nicht einmal das Sammelsurium von Supererden im Orbit des betagten Tau Ceti ist vielversprechend. Schließlich sind sie doch einer riesigen Wolke von Asteroiden ausgeliefert, die man nur mit sehr viel Phantasie als Satellitenzone oder das ganze Sternensystem umfassendes Abwehr- oder Tarnsystem einer weit fortgeschrittenen Zivilisation deuten mag.

Dementsprechend sollten wir auch im Fall eines notwendigen Exodus davon ausgehen, daß wir selbst bei den sonnenähnlichsten Gestirnen in unserer Reichweite keinerlei Trabanten vorfinden, die sich so ohne weiteres kolonisieren lassen. Wie könnte man diesem Problem begegnen? Nun, mit einer Technologie, wie sie uns heute noch nicht zur Verfügung steht! Aber geben wir uns einfach mal der Hoffnung hin, daß wir zu dem Zeitpunkt, da uns das interstellare Reisen möglich ist, auch Fähigkeiten zur Verfügung stehen, die Objekte, die einen Stern umkreisen, ganz nach unseren  Bedürfnissen umzugestalten.

Wie es der Zufall so will, befinden sich in unserer direkten Nachbarschaft gleich zwei davon, die unserer guten, alten Sonne ausgesprochen ähnlich sind, nämlich das Doppelgestirn Alpha Centauri. An diesem Beispiel möchte ich demonstrieren, wie die Errichtung einer neuen kosmischen Heimat vonstatten gehen könnte.

Es kommt uns dabei entgegen, daß es in diesem System vermutlich schon einen Planeten erdähnlicher Konsistenz gibt, nämlich Alpha Centauri Bb. Es läßt sich durchaus vorstellen, daß man ihn von seiner Bahn ablenkt, so daß er sein Zentralgestirn zukünftig innerhalb der habitablen Zone umkreist. Was Alpha Centauri A anbelangt, ließe sich vielleicht ein irgendwo in der Nachbarschaft herumvagabundierender Planet einfangen, und in einen vergleichbaren Orbit umdirigieren. Der Aufwand könnte geringer sein als befürchtet: Schon ein relativ kleiner Asteroid, der die zu ändernde Bahn des Himmelskörpers schneidet, könnte für unsere Zwecke ausreichen. Freilich ist hier die Rechenleistung eines Supercomputers von Nöten (und er darf nicht auf der Erde stehen, denn seine Weisungsbefehle wären jeweils 4,34 Jahre unterwegs, um auf Details zu reagieren, die selbst erst nach 4,34 Jahren erkannt worden sind). Schon die kleinste Ungenauigkeit oder unvorhergesehene Abweichung kann das Vorhaben als Ganzes scheitern lassen.

Haben wir unsere zukünftigen Tochterwelten dann da, wo wir sie haben wollen, müssen wir noch für ausreichend Wasser und eine atembare und schützende Atmosphäre sorgen. Was Ersteres anbelangt, müssen wir sämtliche Kometen, derer wir habhaft werden können, in die Richtung unserer Felskugeln lenken. Und wir müssen uns anstrengen, haben wir doch nur wenige Jahrzehnte zur Verfügung, wozu sich die Natur bei der Erde Hunderte von Jahrmillionen Zeit gelassen hat. Auf diese Weise leeren wir die nähere Umgebung auch von potentiellen Störenfrieden, die uns später bei der Errichtung der Kolonien noch in die Quere kommen könnten. Ein solches Dauerfeuer an Sternschnuppen- Einschlägen könnte geomagnetische und plattentektonische Prozesse initialisieren, doch andererseits muß man aufpassen, daß man die Kruste nicht dauerhaft aufschmilzt. Außerdem können zu wuchtige Kollisionen einen Großteil des benötigten Materials wieder ins All hinausschleudern.

Wenn wir genügend Wasser haben (und eventuell auch meteoritisches Nickel und Eisen, sollte es dem Kern daran gemangelt haben), daß wir die Impakte einstellen können, empfiehlt es sich noch, jeweils einen Planetoiden als künftigen Mond (und klimatischen Stabilisator) einzufangen. Während des Kometenregens hätte er nur im Weg gestanden, aber jetzt darf man sich um ihn kümmern. Eventuell ist durch die ganzen Einschläge auch genügend Schutt in den Orbit geschleudert worden, daß sich daraus ein Trabant formen ließe.

Eine elegante Methode wäre es übrigens, wüßte man die Schritte zu kombinieren, und den Planeten derart gezielt mit Schweifsternen und Asteroiden zu bombardieren, daß man ihn so auf die gewünschte Umlaufbahn um einen der Steine treibt.

Natürlich sind wir davon ausgegangen, daß uns genügend Kometen zur Verfügung stehen. Nahe Alpha Centauri ist allerdings keine der Oortschen Wolke vergleichbare Struktur nachgewiesen worden. Aber wo einsame Planeten durch die Leere ziehen, könnten auch die für eher sonnenfernere Bereiche typischen Schweifsterne häufig sein.

Nun, wo wir die gewünschten Ozeane auf unseren neuen Heimatwelten haben, sind weitere Zusammenstöße eher unerwünscht. Die Tatsache, daß es gleich zwei Gestirne gibt, die mögliche Fels- und Eisbrocken auf sich ziehen, mag hilfreich sein, aber wir sollten es in Erwägung ziehen, für jeden der beiden Sterne noch einen Gasriesen von Jupitergröße einzufangen (Wie selten sie in der Leere zwischen den Sternensystemen sein mögen, ist bislang noch unbekannt). Für sie gäbe es noch genügend Platz, um nicht unter den Einfluß des Nachbargestirns zu geraten, und sie böten einen angenehmen Schutz gegen herrenlose Meteoroide.

Jetzt gilt es, einen Blick auf unsere beiden Tochtererden zu werfen. Durch unseren Jahrzehnten Dauerbombardement haben wir hoffentlich für einen aktiven Vulkanismus gesorgt, der mit seinen austretenden Gasen eine erste, gewiß noch dünne Atmosphäre erschaffen hat. Was wir brauchen, ist Sauerstoff. Auf der Erde hat es weit über drei Milliarden Jahre gedauert, bis die Pflanzen genügend CO² in O² umgewandelt hatten, daß Kalkschalen gebildet und schließlich auch die Warmblütigkeit entwickelt werden konnten. Die Muße haben wir nicht, zumal die Gashüllen unserer neuen Welten möglicherweise weder Schwefelbakterien, noch Blaualgen (geschweige denn höhere Pflanzen) am Leben läßt. Als erstes sollten wir die Giftstoffe unserer Uratmosphären eliminieren, und dabei eventuell enthaltenen Sauerstoff ausfällen. Aber das Element ist auch Bestandteil der allermeisten Gesteine, also ließe es sich auch aus dem Fels selbst gewinnen, eventuell mit solar betriebenen Maschinen. Natürlich ist es auch im Wasser enthalten, aber wenn wir bedenken, wieviel Mühe wir mit den Kometen gehabt haben, sollten wir in der Hinsicht vielleicht eher sparsam sein. Die Anreicherung der Atmosphäre mit Atemluft und schützendem Ozon kann eventuell mehr Zeit in Anspruch nehmen, als der Sternschnuppen- Regen gedauert hat.

Erst, wenn das alles geregelt ist, können wir uns Gedanken um Raumschiffe machen, die uns als Archen dienen. Pflanzen keimen meist nicht in nacktem Fels, und Tiere sind nicht einfach zu transportieren. Soll man zunächst in hermetisch abgeschlossenen Stationen leben, oder aber warten, bis die Bedingungen erdähnlich genug sind für einen Aufenthalt im Freien? Wir dürfen nicht vergessen: Was immer uns fehlt, müssen wir vor Ort herstellen, denn die Erde ist zu weit weg. Aber dann wiederum: Um all das, was ich beschrieben habe, durchführen zu können, benötigen wir Technologien, die uns heute noch fehlen.

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