Theoretische Physik wie die DDR - Rüdiger Vaas’ Tunnel durch Raum und Zeit
Theoretische Physik wie die DDR
Rüdiger Vaas’ Tunnel durch Raum und Zeit
Der zweite Teil des Buches befasst sich mit hypothetischen Überlichtgeschwindigkeiten vom Tachyon bis zum Wurmloch.
Sehr anregende "Theoretische"Physik, teilweise logisch fundiert, teilweise nichts als moderne Scholastik. Auch befasst sich der Autor sehr schön mit der Definition des Begriffes "Wissenschaft"und was dazu zählen kann oder was nicht, ebenso mit den Methoden der Naturwissenschaft.
Im dritten Teil beschäftigt er sich mit hypothetischen Zeitreisen, den logischen Paradoxa, die in nicht quantisierten Raum-Zeittheorien dabei auftreten und rundet das Buch mit einem nachträglich eingeschobenen Anhang über die moderne Neutrinoforschung ab. Diese hatte ja unter Federführung einer italienischen Wissenschaftergruppe vor einigen Jahren fälschlich Überlichtgeschwindigkeiten von Neutrinos beim Durchqueren der Alpen gemessen.
Der Autor zeigt als Wissenschaftsredakteur von Bild der Wissenschaft, dass er im wissenschaftlichen Establishment zuhause ist, denn er zitiert sich selbst im Literaturverzeichnis 37-mal, andere Autoren immerhin 49-mal...
Während der erste Teil des Buches nur über Physik ist, wenn auch teilweise ungemessene, wird im zweiten und dritten Teil die Fiction mit den Tatsachen vermischt, auch Science Fiction. Diese Mischung von Fact und Fiction in gewollt physikalischen Sachbüchern las ich zuerst bei Nahin, P.J., in seinem Standardwerk über Zeitmaschinen, das der Autor auch im Literaturverzeichnis auflistet.
In getrennter Form verschiedener Kapitel wäre es eine legitime Darstellung im Gegenüber vom "Ist"und "Könnte sein". Als gemischte Form von SF mit Physik innerhalb der Kapitel ist mir die Schreibweise nicht so zuträglich. Immerhin wird auch die Perry Rhodan-Serie (K.H: Scheer) einige Male erwähnt (ebenso Clark Darltons eigene Romane). Der Autor gibt ja auch den wissenschaftlichen Report der Serie heraus. Alles in allem ein hübsches, buntes Gemisch von Science-Plauderei mit Fiction vermischt, gut zu lesen für den interessierten Laien. Der Fachmann ärgert sich hingegen über auch noch in der 6. aktualisierten Auflage auftretende fachliche Fehler wie "gemäß des Bohrschen Komplementaritätsprinzips Teilchen zugleich auch Wellen sind"(S.156 Zeile 2/3) oder Begriffe wie "eine unendliche Energiedichte"(S.161, Z. 14/15) und ähnliches.
Für Nichtfachleute durchaus zu empfehlen, wenn sie mal wieder eine aktuelle Ausgabe der modernen physikalischen Weltvorstellung lesen wollen. Nur: auch ein Sachbuch sollte fachlich exakt sein. Sachbücher schreiben heißt ja, vereinfachte Darstellungen komplexer Sachverhalte zu geben - aber nicht ungenau zu werden. © 2014/15 by Aarn Munro
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