Burg Hanstein
Heute "nur" noch eine Ruine ("nur", da es sich beim Hanstein um eine der größten Burgruine Mitteldeutschlands handelt), war die Burg bis zu ihrer Aufgabe der Ort vieler geschichtlicher Geschehnisse, die teilweise bis heute nachhallen.
Bis ins Eichsfeld reichte die Macht der Mainzer. Das Eichsfeld, ein Plateau mit etwa 1600m2lieben. Fläche, liegt teils in Niedersachsen, teils in Thüringen, zwischen der Werra als Fluß und dem Harz als Mittelgebirge. Nicht nur seine besondere konfessionelle Position macht es zu etwas Außergewöhnlichem in der gesamten Region. Schon um 1020 wird das Eichsfeld in Zusammenhang mit Mainzischen Besitzungen erwähnt, später häufen sich Erwähnungen im Zusammenhang mit Klostergründungen und weiteren Besitzungen.
Schon vor der Erlaubnis zum Neubau der Burg durch die Hansteins gab es auf dem Sandsteinberg eine Burg. Der Hanstein, bereits im 9. Jahrhundert erwähnt, gehörte 1170 dem Herzog von Bayern, ging dann als Erbschaft in kaiserlichen Besitz über, und 1209 schließlich an den Mainzer Erzbischof. Diese erste Erwähnung der Burg um 1070 besagt, wie König Heinrich IV. die Burg vollständig schleifen ließ. Lambert von Hersfeld, Mönch und Quellenschriftsteller, hatte in seinem Buch "Annales" dieses Ereignis festgehalten. Zu dieser Zeit war sie im Besitz des Otto von Northeim, ehemals Herzog von Bayern und einer der aufständischen Sachsen gegen König Heinrich.
Erzbischof Siegfried von Mainz war es, der die Burg 1209 als Mainzischen Besitz für sich beanspruchte, und diese von Otto IV. auch erhielt. Den Mainzern war viel daran gelegen, diese Dominanz zu sichern und zu demonstrieren. Außerdem war so (einigermaßen) sicher gestellt, dass die Hansteiner sich keinen anderen Lehnsherren suchten, für den sie in einem (bewaffneten) Konflikt mit Waffen und Männern einstehen würden. So kam es auch zu der Erlaubnis von Erzbischof Peter an die beiden Hansteiner Adeligen.
Als Erzbischof Peter die Burg den von Hansteins zum Lehen gab, war die Anlage auf dem Höheberg stark baufällig und musste komplett neu errichtet werden. Die beiden Hansteins waren dazu bereit, die Burg auf ihre eigenen Kosten neu aufzubauen. Der Preis hierfür, das ewige "Erbburgmannsrecht", war für Bischof Peter nicht zu hoch, waren die von Hansteins doch ein uradeliges Eichsfelder Geschlecht, das bereits als Vicedominus (Statthalter) des Mainzer Fürstbischofs auf der Burg Rüsteberg bei Göttingen verantwortungsvoll seinen Dienst tat.
Was zunächst einmal sehr bedeutend klingt (Erbburgmannsrecht), entpuppte sich bei weiterem Nachforschen als die Tatsache, dass die Hansteiner Verwalter der Burg waren; Angestellte, denen die Burg und die zuerworbenen Dörfer und Höfe im Grund überhaupt nicht gehörten, und die zudem die (unter Umständen ausgesprochen blutige) Aufgabe hatten, die erzbischöflichen Nachbarburgen zu schützen.
Sie wollten aus ihren eigenen Mitteln auf dem Berge Erzstifts, genannt Hanstein, die Burg ganz neu aufbauen, den Oberbau aus Holz, den Unterbau ganz aus Stein; an dieser Burg wollten sie kein anderes Recht haben, als dass sie und ihre männlichen Erben immer Amtsleute und Burgmänner wären. Die Burg sollte, wie der Rusteberg und andere Schlösser, allezeit dem Erzbischofe ein offenes Schloss sein und bleibe.
Für Mainz war das Erbburgmannsrecht eine vergleichsweise praktische Art und Weise, ihre Länder zu sichern, auszubauen und bewirtschaften zu lassen. 18 Burgen entstanden so in der Zeit von 1100 bis 1386. Der Hanstein wurde so, gemeinsam mit anderen Befestigungen wie der Sababurg oder Fritzlar, ein Standort des Schutzrings des Mainzerischen Besitzes. Insgesamt, und dies macht die (sehr weltliche) Bedeutung und Machtfülle der Mainzer deutlich, waren im Hoch- und Spätmittelalter 95 Burgen und Befestigungsanlagen im erzbischöflichen Besitz.
Bereits 1355 schien es den Mainzern notwendig geworden, die Hansteiner daran zu erinnern, was sie erst 1354 auf der Sababurg (nördlich von Kassel gelegen) geschworen hatten: Den Mainzer Fürstbischof und dem Paderborner Bischof treuhänderisch auf dem Hanstein zu dienen. Sie hatten es mit der Eigenverantwortung offenbar zu ernst genommen und agierten wie Eigenherren.
Während die Hansteiner die Burg und die Ländereien gerne als eigenen Besitz haben wollten, war der Hanstein, ebenso wie die meisten anderen Burgen, für die Fürstbischöfe Handelsware, Pfandgüter und wirken teilweise wie Spielzeuge: Ging es darum sich dem König gegenüber als wenig machtvolle geistliche Herren zu präsentieren, gingen die Burgen als Lehen an ihre Amtleute, brauchten die Erzbischöfe dringend Geld, waren die Adelsfamilien als Kreditgeber genehm und erhielten die Burgen als mögliches Pfand versprochen. Auch die Ritter selbst verkauften bei Bedarf Teile der Burgen.
Heidenreich von Hanstein, erwähnt als der erste Inhaber der Burg, gilt als Stammvater des Geschlechts. Von der imposanten Anlage am Hanstein aus verbreitete sich das Geschlecht in unterschiedlichen Zweigen in ganz Deutschland in Adels- und hochstehende Bürgerfamilien.
Die Burg war häufig Ziel von Belagerungen und die Hansteiner oft an Auseinandersetzungen (im Auftrag der Mainzer) beteiligt. Die Göttinger Annalen berichten immer wieder über den Hanstein und seine Ritter, unter anderem im Zusammenhang mit Turnieren, die in Göttingen stattfanden, oder eben kriegerischen Auseinandersetzungen wie 1369 der Belagerung des Hanstein durch die "Dorringer". Nur mit Unterstützung durch den Herzog von Braunschweig gelang es, die Angreifer zurück zu schlagen.
Während die Familie prosperierte und die 21 umliegenden Dörfer des Hansteiner Gerichts in Besitz nehmen konnte, geriet die Burg selbst zunehmend in Vergessenheit. Es war den Erben der beiden Verhandlungspartner von Fürstbischof Peter vermutlich einfach zu teuer und lästig, eine solch große Anlage zu bewohnen, so zogen sie hinunter in die Ebene und bauten dort ihre Rittergüter. Um 1550 bereits verließen sie die Burg wieder, obwohl sie verschiedenen Belagerungen (nicht nur im 30jährigen Krieg) getrotzt hatte und eigentlich unzerstört war.
Bereits Mitte des 17. Jahrhunderts gilt die Burg als Ruine.
Burg Hanstein erstreckt sich von einer großen Vorburg aus hinauf in die Hauptburg und ist mit zwei Türmen ausgestattet. Sie ist wesentlich größer als die in der Nähe gelegenen Burg Ludwigstein (etwa 1,5h Wanderung), die im ausgehenden 13. bzw. beginnenden 14. Jahrhundert als Gegenburg zum Hanstein erbaut wurde. Das Vorwerk erstreckte sich bis hinab zu der heutigen Kirche Santa Maria Dolorosa, deren Turm als Wehrturm der Burg gedient hatte.
Der Burgberg selbst ist ein steiler Hang, der nur von Süden aus mit dem eigentlichen Höheberg verbunden ist. Südöstlich des Burggeländes liegt der Ort namens Rimbach, der sich um die Burg entwickelt hat. Dieser Weg ist auch der einzige Zugang zur Burg selbst, der durch mehrere Tore schwer gesichert war. Im Ort Rimbach selbst liegt das damalige erste Tor, die drei folgenden Tore stehen direkt an den Felsen und werden dort auch gesichert. Das fünfte Tor schließlich war durch eine Zugbrücke vom Restberg abzuschotten.
Aufgrund der langen Zeit, die der Hanstein schon als Ruine liegt, ist es fast nicht mehr möglich fest zu stellen, wie welche Räume genutzt waren und Details der Bauepochen zu beschreiben. Es ist jedoch anzunehmen, dass die gesamten 200 Jahre, in denen die Burg als bewohnt galt, die Bautätigkeiten andauerten.
Ein Grundriss der Burganlage findet sich in dem Buch "Burg Hanstein: Zur 700-jährigen Geschichte einer eichsfeldischen Grenzfeste", das anlässlich des diesjährigen 700. Jubiläum der Burgnennung herausgegeben wurde (Buchangabe siehe unter Quellenangaben).
Unterhalb der Burg, im unteren Teil des Ortes, liegt der historische Gasthof Klausenhof - heute ist dort der "Sitz" der modernen Eichsfelder Ritter - nämlich der Gruppe der Eichsfelder Ritterschaft, die auch den historischen Weihnachtsmarkt vor dem Klausenhof veranstaltet haben.
Wahrscheinlich begann man dort schon um 1400 mit der Bewirtung. Ganz ohne Zweifel werden sich im Zuge der Bauarbeiten an der Burg Handwerker angesiedelt haben, zur Bewirtschaftung der Gebäude war ja ebenfalls Personal notwendig, Güter mussten herangeschafft werden, im Zuge der sichereren Wege nahm der Verkehr zu.
Jedenfalls kann der Inhaber des Klausenhofes, einer der "Oberritter" der Eichsfelder Ritterschaft, in den alten Gästebüchern 200 Jahre der Tätigkeit an dieser Stelle zurück verfolgen. Wir waren sehr beeindruckt von der aktiven Ritterschaft und den vielfältigen Aktivitäten vor Ort: Rund um die Burg und den Klausenhof wurden verschiedene historisch interessante Einrichtungen angelegt, so z.B. ein historischer Kräutergarten oder das Wurst- und Hausschlachtemuseum, das alte Torhaus wurde rekonstruiert, ebenso der alte Weinberg am Fuße der Burgmauer des Hansteins.
Die Fotos, die diesen Artikel begleiten, entstanden anlässlich unseres ersten Adventsausfluges des Jahres 2008.
http://www.dr-bernhard-peter.de
http://www.eichsfeld.de
http://www.klausenhof.de
http://www.burgludwigstein.de
http://www.burgruine-hanstein.de
http://www.eichsfelder-ritterschaft.de/
Meyers Konversationslexikon, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892
Stefan Grathoff: Mainzer Erzbischofsburgen: Erwerb und Funktion von Burgherrschaft am Beispiel der Mainzer Erzbischöfe im hoch- und Spätmittelalter, Franz Steiner Verlag, 2005