Go West! - 12. Juni 2014
Eine Reise in den ›Wilden Westen‹
12. Juni 2014
Rancho de las Golondrinas, Indianer und New Mexikos
Von Santa Fe aus erreichten wir unser nächstes Ziel, die Rancho de las Golondrinas.
Es handelt sich wohl um die letzte spanisch-mexikanische Hazienda in Nordamerika.
Vor über 400 Jahren erreichten die Spanier diesen Teil der Neuen Welt. Nach der gewaltsamen Unterwerfung und Missionierung der Indianervölker, legten sie Siedlungen und Wege an. Neu-Mexiko wurde die nördlichste Provinz des spanischen Vizekönigreichs. Verwaltungssitz wurde Santa Fe.
Der Weg von hier nach Mexico-Stadt war der „Camino Real“. Von Santa Fe aus war die erste amtliche Raststation (ein „Paraje“) die Rancho de las Golondrinas – die Ranch der Schwalben.
Gegründet kurz nach 1700, hatte die Hazienda mehrere Besitzer, deren Namen noch heute in New Mexico bekannt sind. Die spanisch-mexikanische Kultur hat diese Region geprägt. Nachkommen der ersten spanischen Siedler leben noch heute im fruchtbaren La Cienega-Tal.
Viele Reisende erwähnten die Ranch der Schalben in ihren Briefen und Tagebüchern. 1778 rastete auch der Gouverneur von New Mexico, Juan Bautista de Anza mit 150 Mann einer Militärexpedition hier.
Eine große Hazienda in dieser Zeit war ein autarker Betrieb, der sich vollständig selbst versorgen
konnte. Alles wurde selbst hergestellt. Es gab neben Feldanbau und Viehzucht Werkstätten aller Art, Wohnungen für die Peones – die Angestellten – und eine Schule für die Kinder. Es gab auch eine eigene Kapelle für Gottesdienste. Die Arbeiter kauften im Laden auf der Rancho ein.
Mindestens einmal, 1776, wurde die Ranch von Comanchen angegriffen; sie wurde erfolgreich verteidigt.
Anfang 1930 erwarb die Custin-Paloheimo-Familie die Hazienda mit der Absicht, ein lebendiges Museum daraus zu machen. Historische Bauwerke wurden restauriert, andere, die verfallen waren, wurden auf den Originalfundamenten neu errichtet.
Zeitlich passende Bauten wurden in New Mexico gesammelt und auf dem Gebiet der Hazienda wieder aufgestellt. Die alte Rasse der mexikanischen Charro-Schafe ist hier wieder zuhause.
Die Besitzer verfolgten den Gedanken, mit diesem Living History Projekt nicht nur das Wissen über die Geschichte New Mexicos zu vermitteln, sondern auch Verständnis und Toleranz für die spanisch-mexikanische Kultur, Sprache und Kunst zu fördern. Heute ist die Ranch der Schwalben eine Stiftung, die erfolgreich ein markantes Kapitel der Geschichte New Mexicos repräsentiert.
Die Bilder (1-4 der Galerie) zeigen das Baca-Haus – die Wohnstatt der Baca-Familie in den 1840er Jahren -, den Hof und eine der Küchen.
Mexikanische Carretas (Bild 5) mit wuchtigen Rädern waren die gängigen Transportmittel zwischen Mexico-Stadt und der Provinz Neu-Mexiko. Sie wurden von Ochsen gezogen.
Eigentlich ist die Rancho Montag und Dienstag geschlossen. Michael King, der Kurator der Rancho (rechts, Bild 6), öffnete sie nur für meine Gruppe; er ist ein guter alter Freund seit fast 20 Jahren. (Manchmal zahlen sich Beziehungen aus). Wir konnten uns unbehindert von anderen Besuchern umschauen.
Von der Rancho de las Golondrinas fuhren wir weiter in den Südwesten zu den Acoma-indianern.
Unter den Pueblos New Mexicos nimmt Acoma eine Sonderstellung ein. Ebenso wie Taos und die Hopi-Dörfer in Arizona gehört diese Siedlung zu den ältesten Orten in Nordamerika. Nach archäologischen Befunden wurde sie zwischen 1100 und 1200 n.Chr. gegründet.
Die Acoma-Indianer, die zur Sprachgruppe der Keresan gehören, errichteten ihre Stadt auf einer 120 m hohen Felsmesa mit steilen Wänden, die nur über einen halsbrecherischen Pfad erreichbar war. Diese Indianer legten Felder im Tal an, das heute eine Wüste ist, vor Hunderten von Jahren aber durch kluge Bewässerungssysteme zum Blühen gebracht wurde. Sie züchteten Truthähne.und waren geschickte Töpfer. Die Wasserversorgung war durch Zisternen und eine Quelle gesichert.
Ihre einzigen Feinde waren kriegerische Nomadenvölker wie die Comanchen, Apachen und Navajo. Das änderte sich, als 1539 die ersten spanischen Missionare auftauchten. 1540 besuchte Coronado mit einer Expedition die Acoma und wurde freundlich aufgenommen. Die Spanier glaubten, daß die Stadt zu den 7 goldenen Städten von Cibola gehörte, und die freundlichen Beziehungen endeten sehr schnell, da die Acoma sich zu wehren verstanden. Die ersten Attacken der Spanier wehrten die Acoma mit Pfeilen und Felsbrocken, die sie die steilen Wände der Mesa hinabstürzten, ab.
Im Januar 1599 griff Vicente de Zaldivar im Auftrag des Gründers der Provinz Neu-Mexico, Juan de Onate, das Pueblo mit unglaublicher Brutalität an. In einem 3-tägigen Gefecht wurde die Mesa erobert. Die Acoma hatten sich erbittert gewehrt. Jetzt lagen über 600 von ihnen tot in den rauchenden Trümmern ihrer Siedlung, die von Kanonen zusammengeschossen worden war.
Onate beschloß, ein Exempel an den Acoma zu statuieren, um den Widerstand anderer Pueblo-Völker zu brechen.
Über 500 Überlebende wurden von der Mesa vertrieben. Alle männlichen Indianer über 12 Jahre und alle Frauen wurden für 20 Jahre in die Sklaverei verschleppt. Allen Männern über 25 wurde ein Fuß abgehackt. Die Acoma wurden zwangsgetauft. Bis heute sind diese unglaublichen Gewalttaten Onates nicht vergessen.
Nach ihrer Rückkehr aus der Sklaverei 1629, wurden die Acoma gezwungen, als Sühne eine gewaltige Kapelle zu errichten. Sie schleppten das Baumaterial teilweise bis zu 30 Meilen entfernt vom Mount Taylor heran und dann auf die hohe Mesa – viele starben dabei. Das Resultat ist die Kirche San Estevan del Rey, eine der eindrucksvollsten Missionskirchen im südwestlichen Indianerland.
Aber die Acoma sind ein stolzes Volk. 1680 und 1696 beteiligten sie sich führend an den Pueblo-Revolten gegen die Spanier, die aber letztlich in den 1690er Jahren siegten.
In dieser Zeit lag die größte politische Macht beim Kaziken, dem zugleich geistlichen Führer; daneben gab es mehrere Kriegshäuptlinge.
Heute gibt es neben den traditionellen Führern ein fünfköpfiges Führungsgremium, das in demokratischer Wahl benannt wird; an der Spitze steht ein Gouverneur.
Neben dem Katholizismus praktizieren die Acoma wieder ihre traditionelle Religion, für deren Riten sie sich in der Kiva, dem Sakralraum des Dorfes, treffen, der – wie in alter Zeit – über das Dach betreten wird.
Noch immer gelten die Acoma als besonders begabte Töpfer. Ihre wirtschaftliche Existenz beruht heute aber stark auf dem Tourismus und auf 2 riesigen Spielkasinos. Die Gewinne der Kasinos investieren sie in andere Geschäfte und in den Rückkauf von Ländereien, die sie in alter Zeit verloren haben.
Mit ca. 5.200 Menschen sind sie heute wieder ebenso stark wie zu Zeiten der spanischen Konquista. Sie leben überwiegend in den Dörfern Acomita und McCartys im Tal. Auf der Mesa leben Familien, die ein einfaches, traditionelles Leben vorziehen und solche, die vom Stammesrat dazu verpflichtet werden, sich um das alte Dorf zu kümmern.
Für Dreharbeiten zu einem Film in den 1940er Jahren, bei denen das Dorf als Kulisse diente, wurde eine Straße angelegt, auf der heute auch Autos auf die Mesa fahren können. Besucher werden mit einem Shuttlebus und einem Führer ins Dorf gebracht.
Die Bilder (7 - 12) der Galerie) zeigen einen Blick auf Acoma vom Tal aus, die gewaltige Missionskirche, verschiedene Straßenszenen und eine der heiligen Kivas, die bis heute über das Dach betreten werden.
In Acoma leben einige hervorragende Töpfer, die ihre Ware den Besuchern vor ihren Häusern anbieten.
Normalerweise dürfen Menschen in Acoma nicht fotografiert werden. Als ich eine handgetöpferte Eule im charakteristischen Acoma-Stil kaufte, ließ sich der Künstler gern ablichten. (Bilder 13 und 14 der Galerie)