Go West! - 17. Juni 2015
Noch eine Reise in den ›Wilden Westen‹
17. Juni 2015
Als wir heute morgen aus Custer wegfuhren, waren wir noch von den Eindrücken des gestrigen Tages erfüllt. Noch bevor wir die wunderschönen Black Hills verließen, sollten einige dieser Eindrücke noch einmal nachdrücklich verstärkt werden.
Zunächst einmal begleitete uns eine weitere Stunde lang die eindrucksvolle Landschaft der Black Hills. (Bilder 371 und 372)
Sodann tauchten noch einmal direkt neben der Straße Tiere auf, Bisons, Pronghorns – und sogar wilde Truthähne; ein wirklich seltener Anblick. (Bilder 373 – 375)
Unser erster Stopp war das große „Prairie Winds Casino“ auf der Pine Ridge Reservation.
Der Komplex wird gerade erweitert, die Bauarbeiten sind in vollem Gang. Wir hielten daher nur auf einen Kaffee und stellten wieder einmal die Diskrepanz zwischen den großen Spielkasinobauten und den normalen Wohnverhältnissen auf Pine Ridge fest, der wohl ärmsten Indianerreservation der USA. (Bilder 376-378)
Nächster Halt war die HOLY ROSARY MISSION, die alte Jesuitenmission, zu der auch eine indianische Schule und ein Museum gehört.
Holy Rosary nahm nach dem Massaker am Wounded Knee die Verletzten auf.
Die Mission ist noch heute kultureller und geistiger Mittelpunkt der Reservation.
Die Fotos (379 - 381) zeigen die Missionskirche außen und innen und die Red Cloud Indian School.
Oberhalb der Mission befindet sich ein kleiner Indianerfriedhof, auf dem die sterblichen Überreste des großen Lakota-Kriegers und Diplomaten Red Cloud liegen.
Aber auch andere Lakota – vor allem viele Indianerscouts – fanden hier ihre letzte Ruhe. (Bilder 382-385)
Die Geschichte von Wounded Knee ist bekannt – hier fand am 29. Dezember 1890 das letzte große Massaker der Plainskriege statt, als Familien von Geistertänzern – der Ghost Dance war eine zutiefst friedliche religiöse Erweckungsbewegung – durch die Badlands geflüchtet waren, nachdem sie von dem Mord an Sitting Bull erfahren hatten.
Über 200 Hunkpapas hatten in Panik die Standing Rock Reservation verlassen und sich den etwa 100 Miniconjou unter Spotted Elk (der heute meist als „Big Foot“ bekannt ist) auf der Cheyenne River Reservation angeschlossen. Gemeinsam waren sie nach Süden gezogen.
Am Wounded Knee Fluß gestellt, löste sich bei dem Versuch, die Krieger zu entwaffnen, vermutlich versehentlich ein Schuß, der zur Initialzündung eines entsetzlichen Gemetzels wurde, dem etwa 200 Menschen, größtenteils Frauen und Kinder, zum Opfer fielen. Mehr als 50 wurden verletzt und später in der Holy Rosary Mission versorgt.
Das Massengrab befindet sich – wie erst in den letzten Jahren bekannt wurde – auf privatem Land, da der einstige Inhaber die Parzelle in den 1920er Jahren verkaufte. Der gegenwärtige Besitzer hatte zuletzt versucht, das Gelände für mehrere Millionen Dollar an den Stamm zurück zu verkaufen, was dieser ablehnte.
Die beste und exakteste Darstellung des Massakers erschien im vorigen Jahr unter dem Titel „WOUNDED KNEE – AMERICAN CARNAGE“ von Jerome Greene. Bei Amazon (English Books) erhältlich.
Auch über die Behandlung von Wounded Knee gibt es Uneinigkeit im Stamm: Der Staat hat Geld zur Verfügung gestellt, um eine Gedenkstätte zu schaffen. Das Geld liegt auf einem Treuhandkonto. Aber die Nachfahren der Opfer von Wounded Knee wollen eine stille Ruhestätte für ihre Vorfahren. Die Stammesführung würde dagegen gern eine Touristenattraktion aus dem einstigen Massakerplatz machen, der viele Besucher anzieht
Eine Einigung ist nicht absehbar.
Die Bilder (386 - 388) zeigen den Eingang und Impressionen von dem Massengrab, wo die Opfer des Massakers ruhen.
Nach Wounded Knee überquerten wir die Grenze nach Nebraska.
Ursprünglich gehörte der Nordwesten Nebraskas zur „Großen Sioux Reservation. Hier befanden sich einst die Jagdgründe der Lakota. Daher entstand hier 1837 ein kleiner Handelsposten, der zunächst von Fort Laramie (westlich gelegen) und später selbständig von James Bordeaux, einem franco-amerikanischen Händler geführt wurde. Bordeaux heiratete zwei Lakota-Frauen - Schwestern - und war häufig als amtlicher Dolmetscher für die Armee tätig. Seine Nachkommen leben noch heute auf der Pine Ridge Reservation. Nichts Ungewöhnliches.Viele prominente und weniger berühmte Pelzhändler und Mountain Men hinterließen Kinder von ihren indianischen Frauen.
Bordeauxs kleiner Handelsposten befindet sich auf dem Gelände des MUSEUM OF THE FUR TRADE außerhalb der Gemeinde Chadron.
Dieses Museum, das dem bedeutendsten Geschäft des frühen Amerika gewidmet ist, jenem Unternehmen, das die Eroberung des amerikanischen Kontinents vorantrieb, entstand 1955 auf Initiative von Charles Hanson, dem Vaters von Dr. James Hanson, der heutigen Seele des Unternehmens, das inzwischen längst zu einer veritablen Institution gewachsen ist. Eines der besten Museen der Geschichte des internationalen Pelzhandels weltweit.
Jim Hanson ist die Koryphäe der Geschichte des amerikanischen Pelzhandels. Niemand weiß mehr darüber als er. Seit 3 Jahren arbeitet er an einer Enzyklopädie des Pelzhandels. (Bilder 389 – 391)
Die Sammlung dieses Museums ist überwältigend. Ich kann nur einige wenige Bilder veröffentlichen.
U. a. verfügt das Museum über die weltweit größte Sammlung von "Trade Guns", den Gewehren, die im Pelzhandel eingesetzt waren.
Aber auch die Stücke prominenter Pelzhändler und Trapper sind hier zu finden, u. a. die Gewehre von Tecumseh und von Kit Carson. (Bilder 392 – 394)
Der einzigartige Charme dieses Museums wird - neben der Qualität seiner Sammlungen - durch die Tatsache unterstützt, daß es sich auf dem Originalplatz eines alten Handelspostens befindet. Ehemals ein Außenposten von Fort Laramie, führte schließlich der Franco-Amerikaner James Bordeaux das kleine Handelshaus zusammen mit seinen beiden indianischen Frauen selbständig.
Einmal wurde der Posten von Crow-Indianern angegriffen - Bordeaux wurde von Lakota-Kriegern gerettet.
Bordeaux arbeitete zeitweise als amtlicher Dolmetscher für die Armee, u. a. bei den Verhandlungen für Red Clouds Friedensvertrag von 1868. Er war auch Zeuge des ersten größeren Kampfes auf den Plains gewesen, des sogenannten Grattan-Massakers, als der unerfahrene und bürokratische Lieutenant Grattan ein friedliches Indianerlager wegen einer vorgeblich gestohlenen Kuh eines Siedlers angriff und mit seiner gesamten Kompanie niedergemacht wurde. Bordeaux hatte vergeblich versucht, ihn aufzuhalten.
Der kleine Posten ist ein "Dugout", halb in einen Hügel hineingegraben. (Bild 395)
2016 wird ein Film über das Leben des legendären Trappers Hugh Glass auf den Markt kommen, dargestellt von Leonardo DiCaprio.
Jim Hanson und das MUSEUM OF THE FUR TRADE haben den Regisseur bezüglich der Ausrüstung und Bekleidung der Darsteller beraten. Zum Dank schenkte die Produktionsfirma dem Museum 4 komplette Kostüme des Films, der den Titel "The Revenant" trägt. (Bild 396)
Und auch im Shop dieses Museums konnte ich mich freuen. Hier stehen beide Bände des von mir produzierten völkerkundlichen Standardwerks THE PEOPLE OF THE BUFFALO - THE PLAINS INDIANS OF NORTH AMERICA aus der Feder von ca. 40 der prominentesten Ethnologen der USA, Canadas, Englands, u. a. Länder. Die Bücher sind in meinem amerikanischen Imprint TATANKA PRESS erschienen. (Bild 397)
Jetzt hätte ich fast eines meiner besten Präriehund-Fotos vergessen, das heute früh entstanden ist. (Bild 398)