Go West! - 18. Juni 2015
Noch eine Reise in den ›Wilden Westen‹
18. Juni 2015
Ich fuhr diesmal mit etwas gemischten Gefühlen nach Fort Robinson. Zwar war mein alter Freund, Tom Buecker, der einstige Direktor, schon seit drei Jahren nicht mehr da, aber seine Hand war bei jedem Besuch noch immer zu spüren gewesen.
Diesmal war alles anders: Im Februar war die Nachricht gekommen, daß er in Lincoln verstorben war.
Das Museum von Fort Robinson und die Geschichte von Crazy Horse, der hier ermordet wurde, sind sein Vermächtnis.
1873 entstanden, war dieser Posten die militärische Begleitung der „Red Cloud Indian Agency“, die im Zuge des Friedensvertrages von Fort Laramie von 1868 eingerichtet worden war.
Im Mai 1877 kapitulierte hier Crazy Horse mit seiner Gruppe von über 800 Lakota. Im September kam er auf tragische Weise ums Leben – wobei die genauen Umstände nie eindeutig aufgeklärt wurden.
1879 waren in einer Mannschaftsbaracke des Forts die Cheyenne von Dull Knife interniert, die sich hartnäckig weigerten, nach Oklahoma zu gehen. Als der Fortkommandant ihnen die Versorgung verweigerte, kam es zu einem dramatischen Aufstand.
Die Toten dieses Ereignisses liegen heute auf der Northern Cheyenne Reservation bestattet, und jährlich findet ein Gedenklauf von der Reservation bis nach Fort Robinson statt.
Die Fotos zeigen die rekonstruierte Wachbaracke, in der Crazy Horse ums Leben kam, sowie ein weiterer Gedenkstein, und die rekonstruierte Mannschaftsbaracke, aus der die verzweifelten Cheyenne ausbrachen. (Bilder 399 – 401)
Fort Robinson war ein relativ großer Posten. Die meisten der ca. 190 Forts westlich des Missouri waren eher klein, hatten manchmal nur zwei oder drei Kompanien Besatzung. Entsprechend komfortabel lebten die Offiziere in Fort Robinson, die über geräumige Häuser verfügten – die einfachen Soldaten dagegen wohnten in Mannschaftsbaracken mit großen Schlafsälen – immerhin hatte jeder Soldat in Fort Robinson sein eigenes Bett –, in manchen Forts mußten sich zwei Soldaten ein Bett teilen.
Die Fotos: Die Kommandantur von 1909 (Bild 402), die heute Museum ist, und ein Duplex-Offiziershaus (Bild 403), sowie ein Blick in den Wohn- und Essraum der Offiziersfamilie (Bilder 404 und 405).
Von der Red Cloud Agentur, die bis zu 13.000 Indianer versorgte, ist nichts mehr geblieben. Sie lag wenige Meilen von Fort Robinson entfernt. Hier steht ein Gedenkstein. Auf historischen Fotos ist eine markante Bergkette im Hintergrund zu sehen – und diese Berge sind natürlich auch noch immer da. (Bild 406)
Fort Robinson blieb auch nach der Zeit der Indianerkriege bestehen. Nach dem 1. Weltkrieg war der Posten zeitweise die größte Pferdestation der US-Kavallerie. Im 2. Weltkrieg diente das Fort noch als Gefangenenlager für deutsche Soldaten des Afrika-Korps. 1947 räumte die Armee den Posten.
Heute ist Fort Robinson im Besitz des Staates Nebraska.
Die Fotos zeigen die Officers Row aus den 1870er Jahren (Bild 407), ein Offiziersgebäude von Anfang des 20. Jh. (Bild 408) und eine Paradeuniform der Kavallerie von Anfang der 1880er Jahre im Fort-Museum (Bild 409).
Auf der Fahrt nach Süden durch das fruchtbare Plainsgebiet von Nebraska – einstmals alles Bisonland und Teil der „Großen Sioux Reservation“ bis zum Krieg von 1876 – passierten wir eine Rinderherde, deren Anblick an Bilder aus alten Pioniertagen erinnerte. (Bild 410)
Seit Ende der 1830er Jahre rollten erste Planwagen auf dem Oregon Trail nach Westen. Da es zu dieser Zeit noch keine guten Landkarten gab, orientierten sich die Trecks an landschaftlichen Merkmalen, die schon Trappern und Indianern als Wegweiser gedient. Hatten. Zu den bedeutendsten im westlichen Nebraska gehörten der Chimney Rock, aber auch die Felsformation Scottsbluff. (Bilder 411 und 412)
Diese spektakuläre Felsgruppe wurde nach Hiram Scott, einem Trapper, benannt, der hier starb. Sie ist schon von weitem aus der endlosen Ebene Nebraskas sichtbar und war daher eine gute Wegmarke für die Trecks, die in den 1840er und 1850er Jahren zu einer regelrechten Flut anschwollen.
Tausende von Wagen bewegten sich durch die Prärien und Plains. Man schätzt heute, das innerhalb von 40 – 50 Jahren über 100.000 Planwagen diesen Weg benutzten, und daß zwischen 400.000 und 500.000 Menschen die etwa 2.000 Meilen lange Route nach Westen nahmen.
Nicht alle zogen nach Oregon. Viele gingen auch nach Kalifornien; und die Handkarrenzüge der Mormonen bewegten sich zum Großen Salzsee in Utah.
Bei Scottsbluff stehen die verschiedenen Wagenmodelle der Pioniere, der Conestoga und der Prairie Schooner – letzterer setzte sich schließlich als Standardfahrzeug durch, da er nicht so groß und schwer wie der Conestoga war und mit ihm die Bergstrecken besser zu bewältigen waren.
Zwischen dem Eagle (Bild 413) und dem Sentinel Rock (Bild 414) liegt der Mitchell-Paß, über den die Wagen damals in Richtung Fort Laramie weiterfuhren.
Ein ausgezeichnetes Modell im Visitor Center illustrierte die Felsformation und den Verlauf des Trails (Bild 415).
Scottsbluff war heute unser zweites Ziel. Wir besuchten das kleine aber feine Museum am Fuße des Felsens, und dann fuhren wir auf einer gewundenen, steilen Strecke bis nach oben.
Von dem Felsen aus öffnete sich ein atemberaubender Blick über das Platte River Tal, durch das die Trecks einst heranzogen. (Bild 416 - 418)
Im Besucherzentrum von Scottsbluff schloß ich Freundschaft mit dem Nationalpark-Ranger Jerald H. Lucas, der mir nicht nur eingehende Informationen über West-Nebraska vermittelte, sondern der als historischer Interpret hervorragende Kenntnisse von Living-History-Darstellungen hat – einem meiner Arbeitsschwerpunkte der letzten 15 Jahre. (Bild 419)