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Ein Eigenbrödler und Quanahs Haus - Das »Star House« und der Verfall

Das Star HouseEin Eigenbrödler und Quanahs Haus
Das »Star House« und der Verfall

Vor ca. 5 Wochen, Mitte Mai, begann ich von Oklahoma City aus die erste Tour mit einer Reisegruppe. Unsere erste Station war Fort Sill, wo berühmte Kriegshäuptlinge der südwestlichen Stämme begraben liegen, Geronimo, Satanta und – Quanah Parker.

Dank eines Freundes, Roy B. Young, der in der Nähe lebt und der zu meiner Gruppe stieß, gelangten wir am späten Nachmittag in die kleine Gemeinde Cache.


Quanah ParkerDort befindet  sich das berühmte „Star House“, das Quanah Parker gehörte. Große Viehzüchter, die ihre Rinder auf Comanche Land weiden ließen und ihre Herden über das Gebiet der Comanchen trieben, hatten dieses Haus für Quanah errichtet.

Es muß einst ein prachtvolles Bauwerk gewesen sein. Quanah Parker empfing hier hohe Armeeoffiziere und einflussreiche Politiker. Auch die Häuptlinge anderer Stämme waren bei ihm zu Gast, darunter Geronimo und der Kiowa-Chief Lone Wolf.

Es war bewegend, dieses Haus betreten und einen Blick in die teilweise noch im Original eingerichteten Zimmer werfen zu können, auch wenn sich das Gebäude in einem absolut miserablen Zustand befindet. Das erste Stockwerk konnte man schon vor 5 Wochen nicht mehr betreten. Das Dach war undicht. Es war ein Wunder, daß das Haus überhaupt noch stand.

Der Inhaber, Wayne Gipson, ist mit dem Erhalt maßlos überfordert. Er hat eine persönliche Zuneigung zu diesem Bauwerk, das er von seinem verstorbenen Onkel geerbt hat, der es wiederum 1957 von Linda Parker Birdsong, einer Tochter Quanah Parkers, kaufte: Zu diesem Zeitpunkt stand das Haus schon nicht mehr in Fort Sill, sondern auf Comanchen-Land. Der Käufer ließ es auf sein Gelände in Cache versetzen, wo er einen Vergnügungspark aufbaute, der nach seinem Tod völlig heruntergekommen ist und stillliegt.

Das Star HouseGipson kann viel über die Bewohner und die Geschichte des Hauses erzählen – aber er hat überhaupt keine Ahnung, wie man ein solches Bauwerk restauriert und bewahrt, und ihm fehlt vor allem das Geld. So rottet dieses historische Monument in erbarmungswürdigerweise vor sich hin.

Heute erhielt ich von einem Freund einen Artikel aus der „New York Times“ übermittelt, der bestürzende Mitteilungen über das Haus von Quanah Parker enthält.

Kurz nach meinem Besuch, wurde dieser Teil Oklahomas von einem entsetzlichen Unwetter heimgesucht. Die gesamte Gemeinde Cache wurde überflutet. Zahlreiche Bewohner saßen tagelang auf den Dächern ihrer Häuser, bis sie gerettet wurden.

Am Haus von Quanah Parker entstanden durch dieses Unwetter weitere schwere Schäden. Es kann jetzt nicht mehr betreten werden, weil akut Einsturzgefahr besteht.

Die „New York Times“ berichtete einige Einzelheiten, die uns bei unserem Besuch nicht bekannt waren. Ich hatte damals einige Fragen bezüglich des Erhalts und der Zukunft des Gebäudes an Gipson gestellt, denen er ausgewichen war. Aus gutem Grund; denn er hatte den Eindruck erweckt, daß die Comanchen sich nicht um dieses bedeutende Bauwerk kümmern, obwohl sie durch die Einnahmen aus ihrem Spielkasino dazu durchaus imstande wären. Diese Aussagen waren falsch.

Das Grabmal ParkersSchon seit Jahren versucht der Stamm der Comanchen, das Haus zu kaufen und wieder restaurieren zu lassen – als bedeutendes Monument der Stammesgeschichte. Die Comanchen haben Gipson eine hohe Summe angeboten. Er hat jedes Mal abgelehnt und immer wieder versprochen, das Haus herrichten zu lassen. Aber es ist nichts passiert. Der Zustand verschlechtert sich mit jedem Monat.

Der jetzige Sturm und das Hochwasser haben Originalmöbelstücke, Teppiche und Tapeten noch einmal schwer in Mitleidenschaft gezogen.

Sowohl die gegenwärtige Führung der Comanchen, als auch Nachkommen von Quanah Parker, wie seine Urenkelin Ardith Parker Leming, wollen diese Gelegenheit nutzen, den gegenwärtigen Besitzer noch einmal zu drängen, das Haus endlich zu verkaufen, damit es erhalten werden kann.

Der heutige Stammeshäuptling, Wallace Coffey, erklärte vor der Presse, daß er immer wieder versucht hat, das Haus zu erwerben – aber Gipson weigert sich hartnäckig, ohne Gründe dafür zu nennen.

Coffey hat nach dem Unwetter im Mai 15.000 Dollar aus den Mitteln des Stammes zur Verfügung gestellt, um das schwer beschädigte Dach abzudichten und das Haus zu stabilisieren. Der Leiter der Wirtschaftsabteilung der Comanchen-Nation schätzt, daß der Abtransport, Wiederaufbau und die Renovierung des Hauses vermutlich 1 Million Dollar kosten wird. Der Stamm ist dazu bereit.

Quanah ParkerIm Artikel der „New York Times“ vom 17. Juli heißt es:

Seit 2007 steht das Parker-Haus auf der Liste der ‚am meisten gefährdeten historischen Gebäude Oklahomas’.
Gipson ist zu Führungen durch das Haus bereit, aber nur, wenn die Besucher gegen 14 Uhr eintreffen und dann bereit sind, darauf zu warten, daß er seinen Laden und seine Tankstelle schließt. Die meisten Touristen fahren achtlos vorbei, weil das Gelände verlassen und verkommen aussieht.

Wer dann das Glück hat, von Gipson zum Star House geführt zu werden, vorbei an verrosteten Karussell-Ruinen und anderen verfallenen Einrichtungen …, erlebt einen kenntnisreichen, passionierten Führer. …
Obwohl Wayne Gipson keine Mittel hat, das Haus zu renovieren, sieht er sich als Bewahrer…
Wallace Coffey hat nun die Parker-Familie gebeten, ihn bei den Bemühungen zu unterstützen. Üblicherweise halten die Parkers Familientreffen vor dem Haus ab. Diesmal erschienen um die 200 Menschen. Und es schien so, als sei Wayne Gipson jetzt endlich verhandlungsbereit.
Für den Fall, daß die Gipsons nach wie vor einen Verkauf ablehnen, haben die Comanchen die Gründung einer Stiftung ins Gespräch gebracht, die das Haus übernimmt und in der die Gipson-Geschwister eine führende Rolle übernehmen könnten.
Trotzdem verhält sich Wayne Gipson nach wie vor unentschlossen. Auf Nachfragen der Presse, ob er bereit sei, sich mit den Comanchen zu einigen, antwortete er:
Es ist zu früh, dazu etwas zu sagen.

Das Schlafzimmer ParkersEs ist ein Trauerspiel. So wie ich Gipson erlebt habe, ist er ein Idealist und Eigenbrödler, der mit ganzem Herzen an diesem Haus hängt, das jetzt seit fast 60 Jahren im Besitz seiner Familie ist. Aber er scheint nicht zu begreifen, daß ein Privatmann mit begrenzten Mitteln nicht imstande ist, ein so bedeutsames historisches Erbe angemessen zu bewahren.

Schon auf meinem Foto, das ich vor 5 Wochen aufgenommen habe, sieht man den schlechten Zustand des Hauses. Jetzt stand tagelang Wasser im Erdgeschoß und ein Teil des Daches ist vom Sturm weggerissen worden.

Die Fotos zeigen Schlafzimmer und das Grabmal Quanah Parkers in Fort Sill.

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