Ein Freund voller Tatendrang - Dietmar Kuegler (04.06.1951 – 03.12.2022)
Ein Freund voller Tatendrang
Dietmar Kuegler (04.06.1951 – 03.12.2022)
.
Ich wurde gebeten, einen Nachruf auf meinen Freund zu schreiben, eine Bitte, der ich hiermit sehr gerne nachkomme. Ich fühle mich geehrt und bedanke mich herzlich dafür! Nun kann man die Leser eines solchen Nachrufs mit Eckdaten zu Leben und Wirken eines Menschen zudecken. Auch solche Nachrufe haben natürlich ihre Berechtigung. Ich kannte Dietmar noch nicht so lange wie Andere, und doch verband uns eine innige Freundschaft. Ich möchte Ihnen, liebe Leser dieser Zeilen, gerne den Menschen Dietmar Kuegler präsentieren, einen warmherzigen Menschen und guten Freund.
Den Anstoß gab meine Lebensgefährtin Elisabeth. „Kennst Du Dietmar Kuegler?“ fragte sie mich. „Freunde den mal an auf Facebook! Ihr versteht Euch sicher super! Dietmar Kuegler ist DER Experte für den Wilden Westen. Der ist genauso verrückt wie Du! Was Du über Johnny Cash weißt, weiß der über den Westen!“
Elisabeth hatte vor vielen Jahren aktiv das Westernhobby betrieben und kannte unzählige Menschen und Namen. Ich dagegen bin seit Jahrzehnten Teil der deutschen Countryszene, aktiv als Musiker, bekannt als Johnny Cash Experte, habe einige Jahre lang für das Onlinemagazin country.de Artikel geschrieben. Mein letzter Artikel war zu der Zeit auch schon einige Monate alt, ein Nachruf auf meinen Freund und früheren Gitarristen von Johnny Cash, Bob Wootton, der im April 2017 verstorben war. Wir kommen auf diesen Artikel noch zurück. Ich abonnierte ihn also zunächst. Wildfremde Menschen anfreunden war eigentlich nicht „mein Ding“.
Es dauert fast ein Jahr, bis ich ihm eine Freundesanfrage schicke. Er nimmt an. Ich hatte ja keine Ahnung, dass ich einen wirklichen, realen Freund finden sollte. Und ein guter Freund, das war Dietmar für mich! Und nun sitze ich hier und verfasse einen Nachruf auf einen Mann, dessen Tod uns alle, die wir ihn kannten, schlichtweg in Schockstarre versetzt. Ich verfolgte seine fast täglichen Postings über amerikanische Geschichte regelmäßig mit großem Interesse. Habe Artikel „geliked“, Fotos, Kommentare. Sein Wissen haut mich um. Unfassbar! Irgendwann schrieb ich ihn an, zögerlich, über den Facebook Messenger. Erklärte ihm, wer ich bin und was ich mache. Seine Antwort? „Sie brauchen mir nicht zu sagen, wer Sie sind, Herr Wolf! Das weiß ich seit Jahren! Sie sind der Bandleader von Texas Heat, und Sie sind der Mann, der diesen wunderbaren Nachruf auf Bob Wootton geschrieben hat! Ich liebe sein Gitarrenspiel! Er war der Größte! Und ‚Johnny Cash At San Quentin‘ war mein erstes Cash Album!“ Zack, der hat gesessen!
Es entwickelte sich eine zum Teil intensive Kommunikation – über Johnny Cash, Country Music, den Wilden Westen, die Geschichte der Besiedelung der USA. Immer wieder und mehr und mehr beeindruckte mich sein Wissen. Elli (also Elisabeth) und ich beschlossen, eine Reise mit Dietmar Kuegler zu machen – in den Westen, zu den Cowboys und ins Land der Indianer. Am liebsten bitte in die Black Hills. Elli fragte an, aber diese Reise war ausgebucht. Also buchten wir eine Reise für 2020. Von Albuquerque, New Mexico nach Salt Lake City, Utah.
Einer der historischen Orte, die auf der Reiseroute lagen, war Promontory Point, Utah, wo die erste Transkontinantale Eisenbahn in den USA fertiggestellt wurde. Zu diesem Thema hielt Dietmar Kuegler einen Vortrag in Kiel, im November 2019, also fuhren wir dort hin. Es sollte nicht nur das erste persönliche Aufeinandertreffen werden, sondern auch der Beginn unserer Freundschaft.
Zu der Reise kam es leider nicht. Die globale Pandemie und eine Erkrankung meiner Lebensgefährtin verhinderten das. Der Kontakt zu Dietmar intensivierte sich trotzdem, vielleicht auch gerade deswegen. Inzwischen hatten wir eine weitere Reise gebucht, für 2021, von Nashville,TN nach Denver, CO. Und zufällig brachte uns ein Sommerurlaub 2020 auf die Insel Föhr, auf der Dietmar Kuegler seit Jahrzehnten lebte. Und zufällig lag unsere Ferienwohnung nur ca. 300m von seinem Wohnhaus entfernt. Wir sahen uns täglich, lernten seine Frau (seinerzeit noch nicht mit ihm verheiratet) Karen kennen. Weitere Treffen ließen Pandemie und die Erkrankung meiner Frau nicht zu. Die Reise 2021 fiel zunächst ebenfalls der Pandemie zum Opfer. Die Reisen sollten nachgeholt werden. Aus Krankheitsgründen stornierten wir die Reise von 2020.
Mit der fortschreitenden Krankheit meiner Frau, an der sie schließlich im März 2021 verstarb, intensivierten sich Kontakt und Freundschaft noch weiter. Wir telefonierten, fachsimpelten, über Gott und die Welt, über Amerika, den Wilden Westen, Johnny Cash und die Country Music. In der Zwischenzeit hatte ich Songs geschrieben, über Dietmars „Sohn“ RONCO (er schrieb den Namen in jeder Korrespondenz ausschließlich in Großbuchstaben), die Romanfigur also, die Dietmars gesamte Karriere als Autor begleitet hat, bis zum Schluss. Außerdem schrieb ich einen Song über Jesse James, quasi zeitgleich mit der Aktualisierung von Dietmars Roman über ihn, und dann noch einen Song über einen markanten Punkt auf dem Oregon Trail, South Pass in Wyoming. Dietmar war jeweils informiert, gestattete mir nicht nur die Verwendung von Namen und Infos aus seiner Feder, sondern war auch noch stolz darauf, dass seine Themen Songs von mir befeuerten. Meinen Song „RONCO“ muss er wie ein Denkmal empfunden haben. Ich hatte ihm eine Aufnahme des Songs geschickt, der offiziell noch nicht veröffentlicht ist. Dietmar muss diesen Song teilweise in Endlosschleife gehört haben. Sein Stolz war meine Freude, und seine Freude war, ist und bleibt mein Stolz. Das gilt in gleichem Maße für meinen Song „Westward Ho!“ über den Oregon Trail und meinen Song „Mr. Howard“ über Jesse James. Diese Songs sollten und sollen auf einer EP veröffentlich werden. Dietmar hatte sich darauf gefreut und wollte die Verbreitung des Tonträgers aktiv unterstützen. Dazu wird es nun leider nicht mehr kommen.
Im Sommer 2022 führte mich mein Weg dann aber doch nach Nashville, TN. Dietmar holte vier von fünf Reisen, die 2020 und 2021 der Pandemie zum Opfer gefallen waren, nach. Vorher, im April 2022, heiratete er seine Karen. Das war ein stolzer Tag voller Freude, für Beide. Einige Tage später traf ich ihn und Karen in Kiel zu einem weiteren Vortrag, diesmal über den Spanisch-Amerikanischen Krieg 1898. Wir sprachen über die bevorstehende Reise und freuten uns auf gemeinsame Zeiten und Erlebnisse. Und am Morgen des 23. Juni trafen wir planmäßig im La Quinta Hotel in Nashville in der Nähe des Flughafens zusammen. Die Reise begann.
Rückblickend schmerzt es umso mehr, dass ausgerechnet diese Reise, die so positiv begann (nachdem Dietmar ein paar Tage vorher in Pittsburgh, PA eine große Ehre durch seinen Freund Dr. Andrew Masich zuteil wurde), in einem ziemlichen Fiasko enden sollte. Dietmar hat über den 26. Juni dieses Jahres im Editorial seines Magazins für Amerikanistik ausführlich berichtet, den Einbruch in unseren Van auf dem Parkplatz des SUN Studios in Memphis, TN, mit all seinen Folgen – gestohlene Ausweispapiere, Medikamente, Bargeld, Laptops, Kameras und unzählige weitere persönliche Gegenstände. Danach war diese Reise nicht mehr die Gleiche. Dietmars Welt war massiv erschüttert worden. Programmpunkte der Reise entfielen, weil das Auto repariert, Medikamente wieder beschafft und Ausweispapiere ersetzt werden mussten.
Dietmar ließ sich jedoch nicht beirren. Er begann nach seiner Rückkehr die Planung der Reisen für 2023. Niemand konnte ahnen, dass er seinen geliebten Wilden Westen, sein geliebtes Amerika und seine Freunde dort nie mehr wiedersehen würde. Die Fertigstellung der letzten Ausgabe seines Magazins hat er noch bewerkstelligt. Es wird wohl an die Abonnenten versandt werden.
Nun sitze ich hier und denke an ihn, diesen warmherzigen Menschen, dessen Begeisterung für „sein Thema“ ansteckend war. Wir hätten noch viel zu fachsimpeln gehabt. Den ersten Song, der zwar nicht während, aber über unsere Reise entstanden ist, „North Of Amarillo“, wird er nicht mehr hören. Seinen Vortrag „Der Cowboy – eine amerikanische Ikone“ wird er in Kiel im Januar nicht mehr halten können. Uns allen, die wir ihn persönlich kannten, wird er fehlen, nicht nur wegen seines Wissens, sondern weil er ein besonderer Mensch war, der auch wegen seiner Art geschätzt wurde. Seinen Freunden, zu denen ich mich zählen durfte, wird er fehlen, weil sein Rat immer gern gegeben wurde. Er reißt ein Loch in unser Leben. Und wie es seiner Frau Karen und seiner Familie gehen mag, möchte ich mir nicht vorstellen. Ich schrieb Karen gestern, „Ich weiß leider ganz genau, wie es Dir geht!“, und sie antwortete, „Ich weiß, und es muss eine Flut an Emotionen in Dir aufwühlen.“
Im Juni standen wir gemeinsam am Grab von Johnny Cash und auch am Grab von Bob Wootton. Niemals hätte ich gedacht, dass wir nun alle um Dietmar Kuegler trauern würden, diesen Menschen voller Energie und Tatendrang, der noch so viel vor hatte. Unsere Gedanken und Gebete sind bei seinen Angehörigen, besonders aber seiner geliebten Karen. Ruhe in Frieden, mein Freund! Du wirst uns allen sehr fehlen!
Kommentare
- Weiß jemand die Todesursache ?