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Eine persönliche Erinnerung - Dietmar Kuegler (04.06.1951 – 03.12.2022)

Dietmar Kuegler (04.06.1951 – 03.12.2022)Eine persönliche Erinnerung
Dietmar Kuegler (04.06.1951 – 03.12.2022)

1974 startete meine Zeitschrift ‚Magazin für Abenteuer-, Reise- und Unterhaltungsliteratur‘ zunächst noch unter dem Titel ‚Graff-Anzeiger. Informationen zur …‘ Sehr früh ergab sich da ein erster Kontakt zu Dietmar Kügler. Als 1976 im Motorbuch Verlag sein Sachbuch ‚Sie starben in den Stiefeln‘ erschien, stellte ich den Titel unseren Lesern vor. Die Buchhandlung Graff, in der ich einen eigenen Verlagszweig nebst Druckerei leitete, begann mit der eigenen Zeitschrift den Markt der Sammler und Leser der ‚klassischen Abenteuerliteratur‘ zu gewinnen und über den Versandweg zusätzlich mit eigenen Katalogen zu versorgen.

Dietmar Kuegler und Thomas OstwaldSchon bald kamen immer mehr Artikel ins Haus, die sich verstärkt der amerikanischen Pioniergeschichte widmeten – allen voran Dietmar Kügler, den ich zu diesem Zeitpunkt bereits in langen Telefongesprächen kennengelernt hatte. Schon bald sollte sich die Notwendigkeit eines zweiten Magazins ergeben, es folgte 1978 das ‚Magazin für Amerikanistik‘. Bereits mit der zweiten Ausgabe war Dietmar Kügler vertreten, und nun sollte eine echte Freundschaft beginnen, die bis zu seinem überraschenden Tod am 3.12.2022 andauerte.

In den Jahren meiner Tätigkeit im Verlag Graff telefonierten wir nahezu täglich und ich nahm dadurch regen Anteil am Schaffen meines Freundes. Mit 18 Jahren hatte er begonnen, Western zu schreiben. Sein großes Vorbild wurde nach eigenem Bekunden der Verleger und Autor Werner Dietsch, und nachdem 1972 die Serie ‚Ronco‘ erfolgreich startete, wurde Dietmar ab der Nr 57 der Exposé-Autor. Schon damals wollte er mich als Autor für die Reihe gewinnen, was mir durchaus gelegen hätte – aber Beruf und Familie ließen das nicht zu. Wir tauschten uns intensiv aus, sowohl über die neuen Sachbuch-Projekte wie ‚Der Sheriff‘ (1977) oder ‚Die US-Kavallerie‘ (1979) wurden bald für die Szene der Freunde amerikanischer Pioniergeschichte zu Bestsellern. Bei dem Titel ‚Die deutschen Truppen im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg‘ (1981) hatten wir erneut ein Sachgebiet, das uns beide stark einband. Ich reiste in späteren Jahren auf den Spuren der Soldaten aus dem Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel an alle Schauplätze der damaligen Kämpfe und publizierte einiges dazu.


Oft haben wir uns in diesen Gesprächen vor Lachen ausgeschüttet, wenn er mir bestimmte Dinge vorlas oder wir uns über ein Thema ausbreiteten, das in einen der Western-Romane floss. Ich erinnere mich gut, dass ich ihn damals mit seiner Leidenschaft für grünäugige, rothaarige Damen aufzog, die von seinen Western-Helden reihenweise vernascht wurden. Die Realität in Dietmars Leben sah dagegen ganz anders aus – er schwärme für einen ganz anderen Frauentyp.

Dann begannen wir, regelmäßig auf der schönen Insel Föhr den Familienurlaub zu genießen. Natürlich gehörten dazu die mehrfachen Besuche in Wyk, wo er zusammen mit seiner Mutter und seinem schwerkranken Stiefvater in einem Haus gegenüber des Museums lebte.

Auf diese Weise feierten wir auch gemeinsam seinen 30. Geburtstag. Seine stets liebenswürdige Mutter hatte uns einen Erdbeerkuchen gebacken, mein Geschenk bestand aus einer Armee von Miniatur-Soldaten des Bürgerkriegs, die zu einer „30“ angetreten waren.

Als sich 1981 das unvermutete Ende der ‚Ronco‘-Serie abzeichnete, brach für Dietmar eine Welt zusammen. Zwar hatte er auch an zahlreichen anderen Serien wie ‚Lobo‘, ‚Lassiter‘ usw. mitgerarbeitet, aber ‚Ronco‘ aus dem Pabel-Verlag war so etwas wie sein Lebenselixier.

Doch dann ergab sich die Mitarbeit an der Serie ‚320-PS-Jim“ im Marken-Verlag. Fröhlich berichtete er mir am Telefon über dieses neue Engagement bei einer Serie, die den Untertitel trug ‚Cowboys der Highways.“ Ich konnte mir damals die Frage nicht verkneifen, wie er denn mit den Trucks zurecht kommen wolle – Dietmar hatte zu diesem Zeitpunkt noch keinen Führerschein und die Insel Föhr überdies nur sehr selten verlassen. Aber sein Talent meisterte auch diese Hürde, und bald begann ein neuer Lebensabschnitt für ihn.

1985 ergab sich für mich ein beruflicher Wechsel, und ich übergab Dietmar Kügler das ‚Magazin für Amerikanistik‘ nebst Kundenstamm. Er hat die Zeitschrift nicht nur bis zum letzten Atemzug fortgesetzt, sondern auch auf eine Höhe gebracht, die international Beachtung fand. Zahlreiche amerikanische Wissenschaftler arbeiteten gern daran mit.

Und der unermüdliche Autor wurde zum Verleger, baute sein Verlagsprogramm mit zahlreichen Nachdrucken historischer Werke, neuen Sachbüchern und einer Reihe über den Bürgerkrieg aus.
Inzwischen mit Führerschein und eigenem Auto versehen, kam er nun regelmäßig nach Braunschweig, wo ich ihm Druckerei und Buchbinderei vermittelt hatte, die bis zu den jeweiligen Betriebsauflösungen für ihn umfangreich gearbeitet hatten. Eine Druckerei im Braunschweiger Umland führte die Magazin-Arbeiten fort.

Nicht nur die Übersetzung einer Arbeit Friedrich Gerstäckers über die Goldfunde in Kalifornien verstärkte unsere Zusammenarbeit, sondern auch meine drei Handbücher für das Reenactment ‚Das große Indianer-Handbuch‘, ‚Das große Trapper-Handbuch‘ und ‚Das große Handbuch der Pioniere‘. Damit wurde eine weitere Reihe zum Thema begründet, meine Handbücher erlebten zahlreiche Nachdruck-Auflagen, immer hergestellt in Braunschweig.

Einen herrlichen Spaß erlebten wir gemeinsam beim Jesse-James-Raid in Northfield, Minnesota. Dietmar saß wieder als Clell Miller, einem Gang-Mitglied, im Sattel, aus dem er während des alljährlichen Reenactments sehr echt ‚tödlich getroffen‘ stürzte. Ich durfte 2007 den Bürger J.S.Allan spielen, der vor der Bank von Clell Miller verjagt wird und mit seinem Alarmruf die gesamte Stadt gegen die Bande aufbringt.

In der Folgezeit holte Dietmar diese Gruppe nach Deutschland. Auftritte in Heide, in Braunschweig sowie in Dresden bei den Karl-May-Tagen folgten, bei denen ich die Organisation in Braunschweig übernahm und dort wie auch in Dresden mitspielte.

Eine erneute, dichte Zusammenarbeit ergab sich dann für eine Ritterroman-Serie, für die Dietmar das Exposé und einen Roman schrieb. Nach unserem Besuch im September 2021 reisten wir im Februar 2022 erneut nach Föhr und besuchten ihn. Dietmar überraschte uns mit einem selbstgebackenen Apfelkuchen.

Dann kam – vollkommen unvermutet – die Todesnachricht. Unfassbar! Mein erster Gedanke – ein Mensch, der vor Gesundheit nur so zu strotzen schien. Aber so ganz gut war es ihm wohl nach der letzten USA-Reise nicht gegangen, aber Warnhinweise des Arztes ignorierte er.

Mach‘ es gut, mein Freund, Du hast viele mit Deinem Wissen und Deinen Erzählungen gut unterhalten!

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