Sigler, Scott: EarthCore
EarthCore gab es ursprünglich nämlich nicht in gedruckter, sondern ausschließlich in elektronischer Form, und das nicht als Textdatei zum Lesen, sondern zum Hören. Als Podiobook eben, also als Hörbuch, das in verschiedene Sequenzen aufgesplittet wurde und dann in serieller Form als Podcast zu beziehen war. Alle 20 Teile des Werkes standen schon lange als Audiodateien im Netz, bevor ein amerikanischer Verlag aufgrund des großen Erfolges der Hörbuchreihe auf Sigler aufmerksam wurde und EarthCore auch in gedruckter Form auf den Markt brachte.
Jetzt endlich hat es der Roman auch nach Deutschland geschafft, sowohl als Podiobook als auch auf die althergebrachte Art als gedrucktes und gebundenes Buch. Letzteres ist ein großes Glück für Leute wie mich, die mit Hörbüchern nicht allzu viel anfangen können und Romane lieber auf die altmodische Art konsumieren: durch Lesen.
Die folgende Rezension bezieht sich daher nur auf das Buch und nicht auf das Podiobook, über dessen Qualität ich keine Aussage machen kann. Wem es allerdings lieber ist, die auditive Version von EarthCore zu genießen, der sollte rasch zu http://www.ceael.com/media/earthcore/ gehen, wo er den Roman (auf Deutsch) in seiner eigentlichen Erscheinungsform geboten bekommt.
Das Buch
Der Prospektor Sonny
McGuiness macht in der Wüste von Utah eine unglaubliche Entdeckung:
Tief unter der Erdoberfläche befindet sich ein gewaltiges
Platinvorkommen, die größte und reinste Ansammlung des Edelmetalls,
die jemals gefunden wurde. Als das Bergbauunternehmen EarthCore
Wind von der Sache bekommt,
reißen sich die Verantwortlichen das betreffende Gebiet sofort unter
den Nagel und entsenden eine wissenschaftliche Expedition zum
Fundort, wo die Männer und Frauen das Vorkommen erschließen sollen.
Zunächst läuft alles nach Plan; die Arbeit geht gut voran, und das Platinlager erweist sich als noch ergiebiger, als selbst die optimistischsten Schätzungen vermuten ließen. Doch schon bald stoßen die Wissenschaftler und Bergleute auf eine Bedrohung, mit der sie nicht gerechnet haben. Im weitläufigen Tunnelsystem oberhalb der Platinader lebt etwas, dass sich nicht im Geringsten über die menschlichen Eindringlinge freut. Tief unter der Erde, dort, wo die Luft so heiß ist, dass jeder Atemzug zur Qual wird und droht, einem die Lungen zu verbrennen, beginnt für die Angestellten von EarthCore ein gnadenloser Kampf ums Überleben...
Kritik
Nachdem ich die
Ankündigung zu EarthCore gelesen
habe, war ich mir sicher, hier einen handfesten Horrorroman geboten
zu bekommen. Nun ja, in dieser Hinsicht habe ich mich gründlich
geirrt.
Nicht, dass im Buch keine Horrorelemente zu finden sind. Schon der Prolog beginnt reichlich unheimlich und brutal. Doch was dann folgt, ist alles andere als der typische Horrorroman, den man erwartet hätte. Statt dessen bekommt man eine Mischung aus Wissenschaftsthriller und SF-Actioner geboten, der nur in Teilen von Elementen durchsetzt ist, die dem Horrorgenre zuzuordnen sind.
Zunächst war ich davon ein wenig enttäuscht, was sich allerdings recht schnell wieder gelegt hat. Der Mix, den der Autor seinen Lesern hier bietet, ist nämlich weitaus interessanter, als es ein reiner Horrorroman (vermutlich) geworden wäre.
Scott Sigler versteht es, wissenschaftliche Fakten, schwelende Konflikte zwischen Protagonisten und spannungsreiche Auf-der Flucht- und Kampf-Sequenzen im richtigen Maße zu einem großen Ganzen zu verbinden. Der Roman ist von der ersten bis zur letzten Seite ein Werk, in dem zu keiner Zeit auch nur ansatzweise Langeweile aufkommt. Selbst die etwas trockeneren Kapitel zu Beginn, sprich die Phase der Erschließung des Platinvorkommens, sind interessant und überzeugend in Szene gesetzt.
Eine kleine Überraschung ist das Figurenensemble, dass Sigler auf seine Leser (bzw. eigentlich seine Hörer) loslässt. Ein bei seinen Untergebenen gefürchteter Geschäftsführer, eine eiskalte Killerin mit Vorliebe für ungewöhnliche Foltermethoden, ein arroganter Wissenschaftler, ein Ex-Soldat, der auch nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst durch und durch ein Militär geblieben ist selten kommt es vor, dass ein Buch so viel Spaß macht wie EarthCore, obwohl absolut keiner der Protagonisten auch nur im Ansatz so etwas wie ein Sympathieträger ist.
Ein wenig Kritik, diesmal im negativen Sinne des Wortes, ist dennoch angebracht. Diese betrifft den Mangel an wirklichen Horrorelementen im Roman. Nach der etwas reißerischen Ankündigung hatte ich mich auf einige unheimliche und gerne auch etwas härtere und brutalere Szenen gefreut. Dass solche Sequenzen zwar vorhanden, aber eher spärlich gesät sind, und dass Trailer und Klappentext dem Inhalt des Buches nicht wirklich gerecht werden, habe ich ja schon erwähnt. Doch Ankündigung hin oder her, ein wenig mehr in Richtung Horror hätte es schon gehen dürfen.
Auch das, auf was die Menschen in den Tiefen des Höhlensystems stoßen, ändert nicht wirklich etwas daran, dass der Roman sich mit Horrorelementen eher zurück hält. Ich würde dazu gerne noch mehr sagen, doch damit würde ich jedem, der den Roman noch lesen oder das Podiobook noch hören will, einen Gutteil der Spannung nehmen. Daher belasse ich es bei einer simplen Feststellung: Wer sich EarthCore, in welcher Form auch immer, zu Gemüte führen will, der muss sich darüber im Klaren sein, einen Mix Wissenschafts- und SF-Thriller geboten zu bekommen. Wer mit diesem Gedanken an das Buch herangeht, der wird viel Freude haben an Siglers Erstling.
EarthCore ist ein durchweg spannendes Buch, dass einen bis zum überraschenden Schluss fest im Griff hält. Dank lebendiger Figuren und einer bedrohlichen Atmosphäre gelingt es Sigler von Anfang an, eine packende Geschichte zu erzählen, die ihre Hauptpersonen bis zum bitteren Ende gnadenlos ums Überleben kämpfen und den Leser dadurch mit wachsender Spannung von Seite zu Seite blättern lässt. Wer ein Fan von James Rollins und seinen Werken ist, der sollte auf alle Fälle zugreifen; mit EarthCore liegt er (oder sie) hier goldrichtig.