Heitz, Markus - Das Schicksal der Zwerge

CoverDas Schicksal der Zwerge
von Markus Heitz
Piper Fantasy
624 Seiten / 15,00 € / 27. Februar 2008
ISBN 978-3492701525
Piper Verlag

Zu Jochen Adams Rezension


„Die Zwerge leben. Der Mythos lebt:“ So steht es auf dem Buchrücken zu Markus Heitz neuem Buch „Das Schicksal der Zwerge“, der das Epos um die kleinen Axtwüter aus Tolkiens Universum zu einem endgültigen Ende führen soll. Doch lebt der Mythos wirklich? Eigentlich war der dritte Band „Die Rache der Zwerge“ als Finale der Trilogie gedacht, auf Bitten der Zwergen-Fans hin, hat Heitz jedoch noch mal nachgelegt und Tungdil und Co. ins letzte Abenteuer geschickt.

Nach dem Verschwinden des legendären Zwergenhelden Tungdil Goldhand in der Schwarzen Schlucht vor 250 Zyklen, sieht es überhaupt nicht gut aus für das Geborgene Land. Die Völker leiden unter der Tyrannei der Drachenanhänger von Lohasbrand und dem Gräueltaten der machthungrigen Albae. Das Land bereitet sich auf seinen Untergang vor und hat sich bereits aufgegeben. Der Zwerg Boindil „Ingrimmsch“ Zweiklinge und seine Frau, die Maga Goda stehen als letzte Verteidiger auf der Festung Übeldamm und wachen über die Schwarze Schlucht und die magische Barriere. Als diese schließlich bricht und eine Armee aus finsteren Gestalten sich aufmacht, die Festung zu stürmen, scheint jegliche Hoffnung verloren zu sein.

Die Überraschung ist groß, als im entscheidenden Moment ein Zwerg in schwarzer Rüstung unter den Monstren auftaucht und die unglaubliche Wende bringt, indem er den schrecklichen Kordrion in die Flucht schlägt. Boindil kann es nicht fassen, da er in dem mysteriösen Zwerg seinen Freund und Gelehrten Tungdil zu erkennen glaubt! Die Wiedersehensfreude ist groß und es scheint, als wäre der Held alter Tage zurückgekehrt, um das Geborgene Land ein für allemal von allem Übel zu befreien. Doch ist er es wirklich? Tungdil ist ruhig und verschlossen. In seiner dunklen Tionumrüstung und mit der schaurigen Albwaffe „Blutdürster“ wirkt er mehr wie Alb denn Zwerg. Boindil will seinem Gefühl vertrauen, doch Goda schürt zusätzlich Öl ins Feuer, indem sie ihre Zweifel offen ausspricht.

In der Stadt Mirfundania, im einstigen Königinnenreich Weyrun hat Coira, Tochter der einstigen Königin und nun Gefangene des Drachen Lohasbrand, mit den terrorisierenden Anhängern des Drachen zu kämpfen. Gerüchte über einen geheimnisvollen Poeten machen die Runde, der mit Hetzreden gegen das Drachenregime rebelliert. Bei einem Wettstreit der Nachfahren des unglaublichen Rodario fällt Coira ein besonders schusseliger Akteur besonders ins Auge …

Mit dem vierten Band will Heitz das große Fragezeichen schließen, das der Schluss von Band drei hinterlassen hat. Der Roman beginnt stark und die hohe Erwartungshaltung wird nicht enttäuscht. Der schnelle, voller Details sprühende Schreibstil von Heitz packt einen sofort und lässt einen nicht mehr los. Wieder einmal gelingt es dem Autor, eine greifbare Welt zu erschaffen, in der man nur zu gerne versinkt. Bekannte Helden aus den Vorgängern tauchen wieder auf, aber von ihnen schafft es allein der Handlungsträger und Haudrauf Boindil den Leser wirklich an sich zu binden.

Tungdil hinterlässt einen schattenhaften Eindruck – so wie es gewollt scheint. Das Rätselspiel um seine Gesinnung zieht sich durch den ganzen Roman und soll im Wesentlichen die Erwartungshaltung hochtreiben, doch hinterlässt das Ganze einen etwas faden Nachgeschmack. Tungdil wirkt fern, übermächtig, allwissend; als eigentliche Zentralfigur der Reihe hätte man sich etwas mehr Tiefe gewünscht. Dies hätte man beispielsweise mit umfangreicherer Darstellung von Tungdils 250 Zyklen langen Aufenthalt in der Schwarzen Schlucht machen können. (und in diesem Zusammenhang auch das Schicksal seines mysteriösen, dunklen Meisters etwas mehr ausleuchten können.)

Die Handlung ist aktionreich und lässt mitfiebern. Sie sorgt nicht selten für Überraschungen und Wendungen, die man nicht erwartet. Doch geschieht dies nur im kleinen Rahmen. Das große Ganze lässt sich stellenweise voraussehen. Im Vergleich zu den Vorgänger-Bänden werden viele Orte in recht kurzer Seitenanzahl betrachtet und ebenso schnell wieder verlassen. Die Heldenschar „erledigt“ eine Aufgabe und zieht weiter. Teils kommt es dadurch zur Monotonie. Wo zu Beginn breit erzählt wird, zieht das Tempo am Ende überraschend schnell an. Zum Ende selbst kann man nicht viel sagen, es bleibt eine Geschmacksfrage.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen – und dass in nicht einmal einer Woche. Es ist eine Kunst für sich, den Leser in eine Welt zu ziehen und ihn in dieser zu behalten. Heitz gelingt dies mit einer einfachen, detailvollen Sprache, die den Leser an die Hand nimmt und ihm alles nach und nach zeigt. „Schicksal der Zwerge“ hinterlässt einen sehr düsteren und rauen Eindruck. Das liegt nicht zuletzt an Tungdil, um den das geheimnisvolle, dunkle Netz gewoben wird.

Alles im allen wirkt der Roman jedoch nicht ganz so rund wie seine Vorgänger. Zu Beginn gibt es einige Längen, während ab der Mitte recht viele Abschnitte sehr flott gehandhabt werden. Am Ende stellt man sich die Frage, ob man nicht zwei Bücher hätte daraus machen können? Leider gibt es für einen eventuellen Nachfolger bereits eine Antwort des Autoren im Nachwort: Geplant ist nichts! 

Man darf aber hoffen, zwar nicht mit den Zwergen, doch mit den Albae irgendwann ins Geborgene Land zurückzukehren. Im Roman nehmen die dunklen Herrschaften bereits einen großen Raum ein und machen wahrlich Lust auf mehr. In der Zwischenzeit kann der Interessierte sich ja mit Tungdils Abenteuern die Zeit vertreiben. Die Quatrologie der Zwerge ist ein gelungenes Gesamtwerk, das in der Bücherwelt um Tolkiens Fantasy-Völker einen unvergesslichen Stellenwert einnimmt.

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