Kern, Claudia: Sturm - Der verwaiste Thron 1
Eigentlich hätte der siebzehnte Geburtstag von Ana, der
Tochter des Fürsten von Somerstrom, ein Freudentag werden sollen,
doch es kommt ganz anders. Die Nachtschatten, ein Volk von
Gestaltwandlern, verwandelt das Bankett in ein Blutbad. Nur knapp
kommt Ana mit dem Leben davon. Begleitet von ihrem Leibwächter,
einem jungen Mann, den sie kaum kennt und von dem sie nicht weiß, ob
sie ihm vertrauen kann, flieht die Fürstentochter fortan durch ein
Land, das sich als feindseliger und gefährlicher erweist, als sie es
jemals für möglich gehalten hätte.
Doch Ana und ihr Begleiter sind nicht die einzigen, die das Wüten der Angreifer überlebten. Auch Gerit, Anas kleiner Bruder, entgeht dem Massaker. Fortan lebt er im Geheimen an dem Ort, der einst sein zu Hause war und an dem nun die Nachtschatten herrschen.
Unterdessen erhält Craymorus, ein Lehrling der Meister der westlichen Inseln, einen Auftrag, der sein Leben für immer verändern soll. Einst sorgte ein Nachtschatten dafür, dass er zum Krüppel wurde. Nun soll er, der jahrelang die Geschichte der Menschen und der Gestaltwandler studiert hat, sein Wissen im Kampf gegen die dämonischen Wesen zur Verfügung stellen...
Sturm ist ein
Buch, das mich ein wenig zwiegespalten zurückgelassen hat. Auf der
einen Seite hat Claudia Kern einen fesselnden Roman abgeliefert, der
immer wieder zu überraschen weiß. Andererseits gibt es eine Menge
Aspekte, die mir am Auftaktband ihrer Fantasysaga so gar nicht
gefallen haben.
Um es mir (und euch) einfach zu machen: Hier einfach mal eine kurze Liste mit den wichtigsten Elementen, die mir zugesagt haben bzw. die ich weniger gelungen fand.
Zu den weniger gelungenen Aspekten gehören:
die unaufhörlichen Bemühungen der Autorin, ihre Welt möglichst dreckig und finster erscheinen zu lassen. Ob in den Zitaten, mit denen die einzelnen Kapitel beginnen, oder in der Handlung selber, ständig wird darauf herumgeritten, wie trist und dunkel die Welt und ihre Bewohner doch sind. Dass sich nicht alle paar Seiten eine Figur umbringt, ist eigentlich verwunderlich, hat man doch oft das Gefühl, in der beschriebenen Welt gäbe es keinen Grund, am Leben zu hängen
die kalt und distanziert wirkenden Personen. Bei MX waren die Darstellung von Charakteren und die Entwicklung von Figuren immer die Stärke von Claudia Kern. Das lässt sie in Sturm ein wenig vermissen. Die Protagonisten wirken, mit Ausnahme von Craymorus, allesamt reichlich unterkühlt und bleiben einem beim Lesen fremd. Dass ihre Worte und Taten fast durchweg nur ihre schlechtesten Seiten zum Vorschein bringen, ist auch nicht gerade förderlich.
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Dem gegenüber stehen viele Aspekte, die den Roman wirklich packend machen, unter anderem:
Claudia Kerns unnachahmlicher Schreibstil. Auch wenn sie sich in ihrem Roman weniger salopp gibt als in ihren Artikeln und Kolumnen, ist ihre Schreibe immer noch weltklasse. Die Seiten fliegen beim Lesen nur so an einem vorüber, und mag die Handlung auch noch so viele Schwächen haben, Claudias Talent, mit Worten und Sätzen umzugehen, fesselt einen geradezu an das Buch.
die Entwicklung der Handlung. Es mag sein, dass ich mich mit der Zeit einfach an die düstere, dreckige Welt gewöhnt habe, die die Autorin da zeichnet, aber je länger ich gelesen habe, umso besser hat mir der Roman gefallen. War ich zu Beginn noch ziemlich enttäuscht und habe sogar mehrmals überlegt, das Buch einfach zu Seite zu legen, so hat mich die Story irgendwann dann doch noch gepackt. Das Ende der Buches hat es dann sogar verstanden, mich wahrhaft zu begeistern und dafür zu sorgen, dass ich, trotz des äußerst verhaltenen Beginns, gespannt bin, wie die Saga weitergeht.
Viel Positives einerseits, viel Negatives andererseits: Obwohl mit Claudia Kerns Schreibstil sehr zusagt, ist mir nicht ganz leicht gefallen, das Buch zu mögen. Doch gerade der letzte Punkt spricht für sich, denke ich. Die Reihe mag einen schwachen Start erwischt haben, so langsam aber sicher rappelt sie sich aber auf. Noch immer gefällt mir nicht alles, was die Autorin da zum Besten gibt, und insbesondere was die Protagonisten betrifft, so hoffe ich, dass es noch zu einigen interessanten Veränderungen und Entwicklungen kommt. Mit der Gestaltung von Figuren aus anderen Romanen von Frau Kern können die Personen aus Sturm einfach noch nicht mithalten.
Doch die zunehmend überzeugendere Handlung sowie das fulminante Finale des Buches geben ausreichend Anlass zur Hoffnung. Was da in den letzten Kapiteln geboten wird... Herr im Himmel, ich habe keine Ahnung, wie es von hier ab weitergehen soll und bin wirklich neugierig, was sich die Autorin für die Fortsetzung so alles ausgedacht hat.
Sturm mag kein Meisterwerk sein, Freunde von High Fantasy, die in durchweg dreckigen und tristen Welten spielen, dürften aber dennoch ihre Freude an dem Buch haben. Leser von Martins Das Lied von Eis und Feuer oder Ruckleys Die Welt aus Blut und Eis sollten Roman eine Chance geben; noch reicht die Saga nicht an diese Epen heran, doch sie befindet sich auf dem richtigen Weg dazu.