Plischke, Thomas: Die Ordenskrieger von Goldberg
Die Ordenskrieger von Goldberg
Um den Häschern der Bundessicherheit zu entkommen, haben sich Garep Schmied und Arisascha von Wolfenfurt an Bord eines Schiffes begeben, das sie in die Zerrissenen Reiche bringen soll. Die Reise gestaltet sich jedoch alles andere als einfach. Als dann noch ein schwerer Sturm aufzieht, droht dem ungleichen Paar ein unrühmliches Ende...
Arisaschas Zwillingsbruder Siris und Gareps Sohn Himek befinden sich unterdessen schon im Gebiet der Zerrissenen Reiche. Gemeinsam haben sie sich zum Schein dem mächtigen Heer der Zwerge angeschlossen, das der Oberste Vorarbeiter in die Lande der Menschen ausgesandt hat. Es dauert nicht lange, bis es zu ersten, blutigen Auseinandersetzungen kommt.
Die ehemalige Kommissarin in spe Karu Schneider hat ganz andere Sorgen. Nach dem Tod ihres Geliebten hat sie sich aus dem Dienst zurückgezogen, um sich von dem Verlust zu erholen. Doch viel Ruhe ist ihr nicht vergönnt. Die Verschwörung, der sie bis zum Tod Bugegs auf der Spur gewesen ist, lässt sie einfach nicht los. Im Geheimen ermittelt sie weiter und findet heraus, dass die Wurzeln dieser Intrige weiter zurückliegen, als sie gedacht hat und zudem geradezu unheimliche Ausmaße besitzt.
Etwas stimmt ganz und gar nicht im Zwergenbund, und wie es aussieht, müssen viele Unschuldige für dieses Geheimnis bluten...
Aufatmen ist angesagt! Thomas Plischke beweist mit »Die Ordenskrieger von Goldberg«, dass sein genialer erster Zwergen-Roman keine Eintagsfliege war. Auch der zweite Band der Saga überzeugt durch glaubwürdige Figuren, mitreißende Handlungsstränge und ein außergewöhnliches Setting, das Elemente klassischer Fantasy und Aspekte des Steampunks zu einer hochgradig originellen Einheit verschmelzen lässt.
Um beim Setting zu bleiben: Nachdem Buch eins ja im Wesentlichen in den Gefilden des Zwergenbunds gespielt hat, wendet sich die Handlung nun, zumindest in weiten Teilen, den namensgebenden Gebieten der Saga zu, den Zerrissenen Reichen der Menschen. Hat sich Plischke bei der Darstellung der Zwergenlande um die Erschaffung eines industriell anmutenden Schauplatzes bemüht, so kommt die Beschreibung der menschlichen Reiche mittelalterlichen Darstellungen, wie man sie von klassischen Fantasyepen gewohnt ist, deutlich näher.
Im Zentrum des Interesses steht hierbei die gewaltige Festung von Goldberg, deren Bewohner geradezu fanatische Anhänger des Herrenglaubens sind. Hier gelingt es Plischke vorzüglich, den heftigen Antagonismus zwischen dem zwanghaft rationalen Denken der Zwerge einerseits und dem übertrieben religiös-mystischen Glauben der Menschen andererseits in Szene zu setzen. Der ganze Roman zehrt von den Spannungen und Gegensätzen, die sich aus dem ständigen Wechselspiel der beiden extremen Denkensströmungen ergeben. Spannung ist hier regelrecht vorprogrammiert, wird dem Leser doch sofort bewusst: Ein Zusammenprall dieser beiden so gegensätzlichen Kulturen kann nicht gut gehen...
Interessant sind die menschlichen Charaktere, die Plischke im Laufe des Romans neu einführt. Nachdem Menschen bislang ja eher eine untergeordnete Rolle gespielt haben, zeigt sich nun, dass sie vom Autor keinesfalls vergessen wurden und mit ebensolcher Sorgfalt behandelt werden wie die übrigen Personen der Saga.
Besonders gelungen ist Plischke die Darstellung jener Protagonisten, die schon in »Die Zwerge von Amboss« mit von der Partie waren. Garep, Siris und Co entwickeln sich kontinuierlich weiter und wachsen dem Leser schnell ans Herz, sofern ihnen dies nicht schon in Band eins gelungen ist.
Was bei der Lektüre von »Die Ordenskrieger von Goldberg« auffällt, ist die stark veränderte Ausrichtung des Romans, der sich, aller Kontinuität der Handlung zum Trotz, merklich von seinem Vorgänger unterscheidet. Die Kriminalhandlung, die einen Gutteil von Band eins ausgemacht hat, ist passé; stattdessen sind es Elemente der High Fantasy und des Thrillergenres, die nun das Bild bestimmen. Das ist zwar zunächst ein klein wenig gewöhnungsbedürftig, hält die Serie aber frisch und zeigt, dass sich sich ebenso wie ihre Protagonisten ständig weiterentwickelt und nicht im immer gleichen Trott verharrt.
Das einzige, was man beim Lesen des Romans ein wenig vermisst, ist der Sense of Wonder seines Vorgängers. Mittlerweile hat man sich an das Setting der Saga gewöhnt, weshalb man nicht mehr ständig ins Staunen kommt. Ernsthaft schaden tut dies dem Epos aber nicht; die spannende Handlung und Plischkes formidabler Schreibstil lassen einem nicht allzu viel Zeit, Raum und vor allem Grund zum Trauern.
»Die Ordenskrieger von Goldberg« ist ein rundherum gelungenes, äußerst kurzweiliges Fantasyabenteuer in ungewöhnlichem Gewand. Fans der Romane von Markus Heitz, Zwergenfreunde allgemein und all jene High-Fantasy-Leser, denen Urban Fantasy zu unfantasyhaft ist, die aber ihr Repertoire gerne erweitern wollen, bekommen mit den »Zerrissenen Reichen« erstklassigen Lesestoff geboten!
So macht Fantasy Spaß.