Traveller - Grundregelwerk - Science Fiction-Rollenspiel
Traveller - Grundregelwerk
Erstmals auf Deutsch erhältlich war es ab 1985 bei Fantasy Productions, doch bereits Ende der achtziger Jahre war wieder Schluss mit Traveller in Deutschland. Nichtsdestotrotz hat sich das System, begünstigt durch eine große Anzahl an englischsprachigen Veröffentlichungen, weiterhin als Insidertipp in vielen Spielrunden gehalten.
Nachdem neben dem klassischen Traveller im Laufe der Jahre eine für den Laien schier unüberschaubare Menge an Neuauflagen und Neuveröffentlichungen auf dem internationalen Rollenspielmarkt zu behaupten versuchten (z.B. MegaTraveller, Traveller 2300 AD, GURPS Traveller, Traveller d20), hat der 13Mann-Verlag es nun fertig gebracht, Traveller endlich wieder für den deutschsprachigen Raum zu publizieren.
Die vorliegende Ausgabe bezieht sich auf die klassische Traveller-Epoche und dürfte daher bei allen Spielern, die das Spiel noch von der alten FanPro-Ausgabe her kennen, Erinnerungen an die gute alte Zeit hervorrufen, als Pen&Paper-Rollenspiele noch in Kaufhäusern und jedem Spielwarenladen um die Ecke zu kaufen waren und es sogar TV-Werbung (DSA) für Fantasy-Rollenspiele gab.
In Traveller findet man sich in einem Universum der fernen Zukunft wieder. Nachdem die Menschheit ins All aufgebrochen ist und dabei auch eine Vielzahl außerirdischer Rassen kennen gelernt hat, wird ein Großteil des bekannten Weltalls vom so genannten Imperium kontrolliert. Feudalherren und Megakonzerne haben den Handel in ihrer Hand und die Technologie ist (aus heutiger Sicht) ziemlich weit fortgeschritten.
Zwar bietet Traveller weder die beispielsweise aus Star Trek bekannte Transportertechnologie und auch die Reisegeschwindigkeit ist nicht mit Star Wars oder Star Trek zu vergleichen, doch wirkt sich dies nicht unbedingt negativ auf das Spielerlebnis aus.
Obwohl Traveller ursprünglich als universell einsetzbares Science Fiction-RPG entstand, sind in den 30 Jahren Unmengen an Hintergrundmaterial erschienen, die Traveller zu einem der umfangreichsten Rollenspiele überhaupt machen. Verständlicherweise wird davon nicht allzu viel im Grundregelwerk präsentiert. Dies ist sicherlich auch kein Nachteil, da in Ermangelung anderer deutschsprachiger Sci-Fi-Rollenspiele sicherlich auch Spieler Interesse an Traveller haben werden, um es zum Spiel in anderen oder eigenen Hintergrundwelten zu nutzen.
Traveller verzichtet weitestgehend auf das bekannte System der Stufenanstiege, was den einen oder anderen Spieler sicher verwundern wird. Doch dafür nimmt bei Traveller die Charaktererschaffung mehr Raum ein, als es in anderen RPGs aus der damaligen Zeit der Fall war. Besonders interessant hierbei ist das Konzept der Karrieren, die es dem Spieler ermöglichen, im Verlauf der Charaktergenerierung unterschiedliche Laufbahnen einzuschlagen und dabei Kenntnis über unterschiedliche Fertigkeiten oder Spezialisierungen erlangen.
Parallel dazu werden Ereignisse ermittelt, die den Charakter im Verlauf seiner Karriere ereilen, so dass der Charakter gleich zu Spielbeginn mit einer ansprechenden Hintergrundgeschichte aufwarten kann. So stehen zum Beispiel so unterschiedliche Karrieren wie Adliger, Herumtreiber, Agent, Schurke, Händler, Marineinfanterist, Scout oder Wissenschaftler zur Auswahl. Die Bandbreite ist also groß genug, dass eigentlich jeder Spieler den richtigen Charakter finden sollte.
Das Regelwerk von Traveller ist, verglichen mit modernen Spielsystemen, von auffallender Schlichtheit. Doch gerade dies hat meiner Meinung nach durchaus seinen Reiz. Endlich mal wieder ein Rollenspiel, bei dem man nicht mindestens drei oder vier Regelbücher kaufen muss, um losspielen zu können.
Tatsächlich deckt das Traveller-Regelwerk so ziemlich alles ab, was man zum Einstieg in eine Spielrunde benötigt. Neben der Charaktererschaffung und den Kampfregeln, die ja in keinem Grundregelwerk fehlen dürfen, gibt es Abschnitte über Begegnungen und Gefahren, Raumfahrzeuge, Raumkampf, Psionik, Handel und Weltenerschaffung.
Die klare, schlanke Struktur des Bandes wird dadurch untermauert, dass kaum Informationen zur Spielwelt, oder sagen wir besser zum Spieluniversum darin zu finden sind So bleibt das Regelwerk auch frei von Ballast wie Weltenbeschreibungen oder allzu detailliert ausgearbeiteten Hintergründen. Die erste Ergänzung, die hier Abhilfe schaffen soll (kann), ist mit Spinwärts Marken aber bereits erhältlich.
Das Design von Traveller ist, ebenso wie das Regelwerk, sehr schlicht gehalten, und wirkt auf den ersten Blick durchaus etwas altbacken. Auch die, nicht allzu häufig vorkommenden, Zeichnungen sind nicht gerade von Topqualität, doch lebt ein gutes Rollenspiel ja weniger vom Layout oder der Präsentation also vom Inhalt und der ist durchaus in Ordnung. Allerdings haben sich leider einige recht schwach übersetzte Passagen in den Band geschlichen, und auch an Rechtschreibfehlern herrscht kein Mangel. Dies hätte durch ein wenig mehr Genauigkeit in der Endkontrolle sicherlich vermieden oder zumindest eingeschränkt werden können. Im Großen und Ganzen überwiegen meiner Meinung nach aber die positiven Aspekte.
Jeder, der Traveller noch nicht kennt und auf der Suche nach einem gut spielbaren Science-Fiction-Rollenspiel ist, sollte auf jeden Fall mal einen Blick riskieren. Kenner der alten Ausgaben werden aufgrund der eingeflossenen Überarbeitungen wohl sowieso zugreifen und sei es nur, um die mittlerweile zerfledderten alten Regelbücher durch ein schickes Hardcover zu ersetzen. Sollte der 13Mann-Verlag die angekündigten Quellenbücher tatsächlich auf den Markt bringen, könnte Traveller vielleicht die (trotz des Perry Rhodan-Rollenspiels vorhandene) Lücke im Genre der SF-Rollenspiele auf dem deutschen Markt schließen.