Glukhovsky, Dmitry: Metro 2034
Umgehend habe ich mich an die Lektüre gemacht und wurde bitter enttäuscht. »Metro 2034« kann nicht im Geringsten mit Glukhovskys Erstling mithalten, ganz im Gegenteil. Selten habe ich erlebt, dass ein Folgeroman in dem Maße abfällt wie dieses Buch.
»Metro 2034« spielt ein Jahr nach den Geschehnissen aus »Metro 2033« und erzählt ein neues Abenteuer aus dem Leben des mysteriösen Stalkers Hunter, der seit einiger Zeit in der abgelegenen Metrostation Sewastopolskaja weilt und sich hier am Kampf gegen die Mutanten und Bestien beteiligt, die von der verseuchten Erdoberfläche in die Tiefen des Moskauer U-Bahn-Netzes vordringen. Als der Kontakt zu einer Nachbarstation verloren geht und mehrere Erkundungstrupps auf dem Weg dorthin spurlos verschwinden, macht sich Hunter auf den Weg, der Sache auf den Grund zu gehen. Gemeinsam mit seinen Begleitern muss er schon bald dem Grauen ins Auge sehen ...
Gnadenlos, hart und ungewöhnlich, so war »Metro 2033«. Ein Buch, das durch seine außergewöhnliche Story und seine einmalige, bedrückende Atmosphäre zu überzeugen wusste. In »Metro 2034« versucht Glukhovsky, den einzigartigen Odem des Vorgängers erneut einzufangen, doch er scheitert beinahe auf ganzer Linie.
An sich in Ordnung sind zum einen die Gnadenlosigkeit und die Härte, die auch, die auch »Metro 2034« wieder innewohnen, und zum anderen, dass Glukhovsky sich an einem etwas anderen Konzept versucht. Die Story selbst ist geradliniger und merklich zielgerichteter als noch im Vorgänger, und statt einem stehen diesmal gleich drei Protagonisten im Zentrum der Handlung. Leider sind die beiden letztgenannten Aspekte auch mit eine Ursache dafür, dass »Metro 2034« nicht einmal ansatzweise an das Niveau seines Vorgängers heranreicht.
»Metro 2033« lebte davon, dass der Held der Geschichte mitunter recht ziellos und vollkommen auf sich alleine gestellt durch eine düstere, ihm vollkommen fremde (Unter-)Welt zog, in der hinter jeder Ecke neue Gefahren lauern. Die Atmosphäre, die dabei geschaffen wurde, versucht Glukhovsky im Folgeroman wiederzubeleben, doch das gelingt ihm leider nicht.
Die Gründe hierfür sind vielfältig. Wo er in »Metro 2033« mit Artjom einen einzigen, einfachen Helden hatte und sich ganz auf dessen Reise durch die Moskauer U-Bahn konzentrieren konnte, da stellt Glukhovsky im Folgeroman das Innenleben seiner Figuren stärker in den Vordergrund. Er versucht, ihre Motivationen zu beschreiben, ihre Hintergründe, Träume und Hoffnungen. Dumm nur, dass er das bei Weitem nicht so gut beherrscht wie die atmosphärisch dichte Gestaltung des postapokalyptischen Moskaus. Seine Protagonisten verkommen zu grotesken Zerrbildern, die besser in einen abstrakten Kunstroman hineinpassen denn in einen spannungsgeladenen SF-Thriller. Dem Leser ist es dadurch beinahe unmöglich, sich auf die Charaktere einzulassen.
Dumm auch, dass Glukhovsky sich in der Ausgestaltung seiner Figuren verliert und die eigentliche Handlung sowie das beeindruckende Setting zu bloßen Nebendarstellern degradiert werden. Immer wieder wird die Handlung durch Ausschweifungen in die Vergangenheit oder die Gedankenwelt der ein oder anderen Person unterbrochen. Das beraubt die Story oftmals ihrer Spannung, verhindert, dass Tempo und Dramatik aufgebaut werden können und bewirkt letzten Endes auch, dass sich das Feeling des ersten Romans bei der Lektüre einfach nicht einstellen möchte.
Dass die ständigen, urplötzlich und ohne jede Vorwarnung eingestreuten Exkurse zudem dafür sorgen, dass die Handlung häufig sprunghaft wirkt, trägt auch nicht dazu bei, den Roman fesselnder zu machen. Was den Erzählstil von »Metro 2034« betrifft, so bin ich mir nicht hundertprozentig sicher, doch mir kam das Buch deutlich schwerfälliger vor als der Vorgänger. Das mag aber auch daran liegen, dass die Geschichte nun einmal ausgeschmückt ist mit einem Wust überflüssiger Ausschweifungen, die das Geschehen nur unnötig in die Länge ziehen.
Doch selbst, wenn man diesen letzten Punkt einmal außer Acht lässt, kommt man nicht umhin, festzuhalten: »Metro 2034« ist ein langatmiger, unstimmiger Endzeitthriller, der nie wirklich in Fahrt kommt und schon kurz nach Beginn erste Ermüdungserscheinungen zeigt. Spätestens nach fünf Kapiteln (vollgestopft mit unnötigen Exkursen und der viel zu ausführlich beschriebenen Gedankenwelt uninteressanter Hauptfiguren) quält man sich eher durch das Buch, als dass man es mehr oder weniger entspannt liest.
Was für eine herbe Enttäuschung! Mein Tipp: Vergesst Glukhovskys zweiten Roman und lest lieber noch einmal »Metro 2033«. Da zeigt der russische Autor, dass er es deutlich besser kann.