Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Go West! - 12. Juli 2014

Go WestEine Reise in den ›Wilden Westen‹
12. Juli 2014

Jedes Jahr führe ich zwei kleine Reisegruppen durch den Westen der USA.

Dazu lege ich in Facebook ein Reisetagebuch an, das auch im Zauberspiegel erscheinen soll. Es geht zu legendären Orten des Wilden Westen auf den Spuren von Cowboys, Indianern und eines spannenden Stücks Geschichte. - Folgt mir ...


Go WestMr. Fur Trade und Fort Robinson
Man nennt ihn in den USA „Mr. Fur Trade“ - Dr. James Hanson ist zweifellos der weltweit beste lebende Kenner der Geschichte des Pelzhandels. Gerade ist er dabei, sein Lebenswerk zu vollenden, eine 6-bändige Enzyklopädie der materiellen Kultur der Pelzhandelszeit von ihren Anfängen bis heute.

Ich bin sehr stolz, diesen unglaublich kenntnisreichen Mann seit fast drei Jahrzehnten zu meinen Freunden zählen zu dürfen. Die Gespräche mit ihm, die Email-Korrespondenz und Telefonate sind jedesmal eine Bereicherung, und ein Besuch in seinem „Museum des Pelzhandels“ ist immer etwas ganz Besonderes.

Ein Ranger in Fort Union sagte, als er hörte, daß ich meine Gruppe zum „Museum of the Fur Trade“ bringen würde: „Das ist das beste Museum über den Pelzhandel in den ganzen Vereinigten Staaten“.

In der Kleinstadt Chadron in Nordwest-Nebraska gelegen, ist dieses Museum in der Tat eine Schatztruhe für historisch Interessierte.

Neben Jim Hanson steht vor allem ein Name für die Qualität dieses Museums: Gail DeBuse Potter, die Direktorin des Hauses.

Dazu kommen natürlich – wie bei allen amerikanischen Museen – viele private und freiwillige Helfer, die mit Herzblut und Begeisterung freiwillig Zeit und Kraft opfern, um das Museum zu betreiben – denn es ist ein privates Museum.

Gegründet wurde es vor Jahrzehnten von Charles Hanson, Jims Vater, auf dem Platz des „Bordeaux Trading Posts“, einem kleinen Außenposten der American Fur Company, der später von James Bordeaux mit seinen indianischen Frauen betrieben wurde. (Seine Nachkommen leben noch heute auf der benachbarten Pine Ridge Reservation.)

Ich habe an anderen Stellen bereits beschrieben, welche enorme Bedeutung der Pelzhandel für die Erschließung Nordamerikas hatte. Das MUSEUM OF THE FUR TRADE bietet die Schlüsseldokumentation dafür.

Hier findet sich buchstäblich ALLES, was für den globalen Pelzhandel im allgemeinen und den amerikanischen im Besonderen Bedeutung hatte, von den unglaublich vielfältigen Trade Beads bis zu riesigen Birkenrindenkanus, mit denen Tonnen von Waren und Pelze auf den Strömen Nordamerikas transportiert wurden.

Jahr um Jahr wird die Ausstellung erweitert. U. a. verfügt das Museum über die größte Sammlung von Trade Guns – Gewehren, die nur für den Pelzhandel gefertigt wurden – in den ganzen USA.

Bis 1849 hatte der Franco-Amerikaner James Bordeaux für die American Fur Company gearbeitet; er war zeitweise sogar Chef von Fort Laramie, einem der größten Pelzhandelsposten im amerikanischen Westen.

James Bordeaux war mit zwei Lakota-Frauen verheiratet, mit High Red Woman und ihrer Schwester Intestines Woman. Deren Bruder war Häuptling Swift Bear. Bei den Lakota hieß Bordeaux „The Bear“.

Seine Nachkommen leben noch heute unter dem Namen „Bordeaux“ auf der Pine Ridge Reservation.

1868 war James Bordeaux amtlicher Regierungsdolmetscher bei den Verhandlungen um den zweiten Friedensvertrag von Fort Laramie, nachdem Red Cloud seinen Krieg um den Bozeman Trail gewonnen hatte.

Schon 1849 hatte er seine Anstellung gekündigt und war unabhängiger Indianerhändler geworden. Er lebte mit seinen Frauen in dem kleinen Handelshaus am Chadron Creek.

Einmal wurde der Posten von Crow-Indianern angegriffen und belagert – Bordeaux wurde von den Lakota gerettet, die die Crow vertrieben.

1872 gab er den Handel auf und zog an den Missouri River, wo er 1878 starb.

Das verlassene Handelshaus wurde von Francis Boucher besetzt, dem Schwiegersohn von Häuptling Spotted Tail. Er trieb hier illegalen Waffenhandel mit Indianern. Nach der Schlacht am Little Big Horn rückte die Armee aus Fort Robinson an, verhaftete Bocher, beschlagnahmte mehr als 40.000 Schuß Munition und schloß den Handelsposten für immer. 1877 zogen die Reservations-Sioux nach South Dakota, und der Indianerhandel dieser Region war beendet.

Der Handelsposten liegt unmittelbar hinter dem MUSEUM OF TH E FUR TRADE.

„Mr. Fur Trade“, Jim Hanson stand uns für Fotos zur Verfügung, einmal mit mir und einmal mit der gesamten Gruppe. Es dauerte endlos, bis alle Kameras durchgereicht worden waren, so daß er bemerkte: „Karl Bodmer hätte in derselben Zeit ein ganzes Gemälde fertig bekommen.“

Jim und ich hatten ein langes Gespräch, das wieder ungemein inspirierend war. Jim Hanson hat noch den Holy Man der Lakota, „Black Elk“, persönlich gekannt und als Kind mit dessen Tochter gespielt, wenn er und sein Vater Pow Wows auf der Pine Ridge Reservation besuchten.

Er hat als junger Mann viele ältere Lakota kennengelernt, die noch in der Vor-Reservationszeit aufgewachsen waren. Sie kamen zu ihm und seinem Vater Charles und brachten Familienerbstücke, um sie im Museum für die Nachwelt erhalten zu wissen.

Zu den vielen Kostbarkeiten des Museums gehört der Original-Springfieldkarabiner des berühmten Kriegers „Young Man Afraid of his Horses“. Jim Hanson hat es von dessen Enkel fast geschenkt erhalten, weil dieser sicher sein wollte, daß das Erbe seines Großvaters für die Öffentlichkeit erhalten bleibt und weil er Jim vertraute.


Go WestUnser nächster Stopp war Fort Robinson.

Der Nordwesten Nebraska ist reich an Geschichte. Hier zogen Planwagentrecks durch, hier fanden Friedensverhandlungen mit den Indianervölkern der Region statt, der Pelzhandel hatte hier Niederlassungen, und hier war der Platz der ersten großen Sioux-Indianeragentur, die nach Red Cloud benannt war.

Nach dem Vertrag von Fort Laramie 1868, wurde die „Große Sioux-Reservation“ eingerichtet, die damals noch weite Teile von West-Nebraska umfaßte. Die erste Indianeragentur wurde am North Platte River gebaut. 1873 wurde sie als „Red Cloud Agentur“ zum White River verlegt. Im März 1873 ordnete die US-Regierung den Bau eines Militärpostens neben der Agentur an. Dieser Posten wurde nach Lieutenant Robinson benannt, der kurz vorher von Indianern getötet worden war.

Militärposten und Agentur waren zuständig für ca. 13.000 Lakota in dieser Region. In den folgenden Jahren spielte Fort Robinson eine Schlüsselrolle in der Zeit der Indianerkriege bis etwa 1890.

Im Mai 1877 kapitulierte hier der bedeutende Kriegshäuptling Crazy Horse mit seinen Kriegern. Er wurde von den hohen Offizieren regelrecht hofiert. Sie sahen in ihm einen der ihren – einen militärischen Führer, der am Little Big Horn G. A. Custer geschlagen hatte.

Zwischen der Crazy Horse-Gruppe und den Anhängern Red Clouds kam es schon damals zu Spannungen, weil Red Cloud in dem jungen, populären Häuptling einen Rivalen sah. Red Cloud hatte sich zu dieser Zeit längst zu einem ungemein geschickten Politiker und Diplomaten entwickelt, der erkannt hatte, daß durch Verhandlungen mit der weißen Regierung größere Vorteile für sein Volk zu erzielen waren als mit Krieg. Er sah Crazy Horse als Unruhestifter.

Crazy Horse akzeptierte die Ernennung zum Sergeant der Indianerscouts, weil er darin eine Möglichkeit erkannte, das von ihm bevorzugte Leben als Krieger weiterzuführen. Er erklärte sich auch bereit, mit seiner Gruppe am Feldzug gegen die Nez Perce teilzunehmen.

Gezielt gestreute Gerüchte brachten ihn dazu, den weißen Offizieren wieder zu mißtrauen. Er verließ kurzfristig Fort Robinson, kehrte dann doch wieder zurück und wurde verhaftet. Am 5. September 1877 kam er auf bis heute nicht eindeutig geklärte Weise zu Tode. Die früh gestreute Behauptung, ein Soldat habe ihn mit einem Bajonett erstochen, ist eindeutig falsch. Es besteht kein Zweifel daran, daß Indianer an seinem Tod beteiligt waren – wie auch bei Sitting Bull. Von Little Big Man existiert die Äußerung: „Wir töteten unseren eigenen Mann.“

Die Armee nahm gleichwohl die Schuld am Tod von Crazy Horse sofort auf sich – weil der damalige Kommandant von Fort Robinson befürchtete, daß die beiden Indianerfraktionen – Crazy Horses Leute und Red Clouds Gruppe – aufeinander losgehen würden, wenn der Fall restlos aufgeklärt werden würde. Die Armee hätte einen solchen Kampf kaum unter Kontrolle bringen können. Die Situation in Fort Robinson war explosiv. Es war damals die beste Lösung, die genauen Umstände ungeklärt zu lassen und auf diese Weise Frieden zu halten.

Allerdings sind die Ressentiments zwischen beiden Gruppen noch heute vorhanden und auf die Nachkommen, die heute auf Pine Ridge leben, übertragen worden.

Das Wachhaus, vor dem sich der schreckliche Zwischenfall ereignete ist mit einem Gedenkstein wieder aufgebaut worden.

Das zweite furchtbare Ereignis in Fort Robinson ereignete sich im Januar 1879: Etwa 130 nördliche Cheyenne unter Dull Knife waren in einer Mannschaftsbaracke eingesperrt und sollten zurück ins Indianerterritorium Oklahoma transportiert werden, woher sie gerade geflüchtet waren, um wieder in ihre angestammte Heimat zu gelangen.

Der damalige Kommandant von Fort Robinson hielt sie ohne ausreichend Essen und Wasser in der ungeheizten Baracke gefangen. Die verzweifelten Indianer brachen aus. Es gab einen erbitterten Kampf. Ihnen gelang zunächst die Flucht, aber die meisten wurden in einer gnadenlosen Jagd in den folgenden Wochen wieder eingefangen oder getötet.

Dieses Ereignis stellt das Ende der Indianerkriege in Nebraska dar.

Ende der 1880er Jahre war Fort Robinson Hauptquartier der 10. US-Kavallerie, der legendären „Buffalo Soldiers“. Nach dem Ende des 1. Weltkriegs wurde der Posten das weltgrößte Kavalleriedepot; hier wurden die Pferde für die gesamte US-Kavalerie ausgebildet.

Auch die militärische Ausbildung von Hunden (War Dogs) fand in Fort Robinson statt. Ab 1943 war Fort Robinson deutsches Kriegsgefangenenlager für die Soldaten des Afrika-Korps. Viele Deutsche arbeiteten auf den Farmen in Nebraska, und manche blieben nach dem 2. Weltkrieg hier.

1947 hatte Fort Robinson seinen Zweck erfüllt. Die Armee gab den Posten auf. Ab 1956 bemühte sich der Staat Nebraska um einen Erhalt des alten Forts, das zu den am längsten aktiven Militärposten der Pionierzeit gehört.

Die Fotos zeigen die Kommandantur und einige Impressionen aus der darin enthaltenen Museumsausstellung.

Der Gedenkstein vor der Wachbaracke kennzeichnet den Platz, an dem Crazy Horse tödlich verwundet wurde.

1879 brachen aus dieser Mannschaftsbaracke die verzweifelten Cheyenne unter Dull Knife aus - eines der tragischsten Ereignisse in den Indianerkriegen.

Der einstige Platz der großen Red Cloud Agentur ist mit einem Gedenkstein versehen. Sonst ist nichts geblieben - nur die markante Bergkette im Hintergrund. ("Nur die Berge leben ewig.")

Auf dem Weg durch den Westen Nebraskas fuhren wir noch einmal durch die Great Plains - ein erhabenes Erlebnis, vor allem, wenn man daran denkt, daß diese Landschaft einmal schwarz von Bisons war.

Zur Einleitung - Die erste Gruppe - Die zweite Gruppe

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles