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Lucius Cornelius Sulla – Der Cäsar vor Cäsar - 10. Ein letztes Mal Marius

Lucius Cornelius Sulla – Der Cäsar vor Cäsar10. Ein letztes Mal Marius

Aber da war ja noch ein König Mithridates, und Könige läßt man bekanntlich nicht warten. Zumal der die Dreistigkeit besessen hatte, nun auch auf die Ägäis auszugreifen, daß sich gerade mal Rhodos noch halten konnte. Ja, seine Truppen drangen bis nach Thessalien vor. Athen stand mit ihm im Bund, und erhielt dafür die Beute aus der Plünderung von Delos. Auch Achaia erhob sich, und in Makedonien mußte man sich der Thraker erwehren. Ganz Griechenland stand kurz davor, die Seiten zu wechseln und vom Imperium abzufallen.


Lucius Cornelius Sulla Eile tat Not, wenn Rom nicht zur Lachnummer in den Geschichtsbüchern (und französischen Comics) werden sollte! Doch noch waren nicht alle rebellischen Bundesgenossen bezwungen! Sulla, überließ diese Aufgabe den bewährten Händen Gnaeus Pompeius Strabos. Dabei hätte es ihn wirklich stutzig machen sollen, daß sein Mitkonsul Quintus Pompeius Rufus „rein zufällig“ in Strabos Nähe erschlagen wurde, aber niemand die Schuldigen ergreifen konnte.

Aber auch der Senat wollte nicht so wie er! Schon wandten sich Bittsteller an seine Frau, er möge die Verbannten heimkehren lassen. Und die Kandidaten, die er für seine Nachfolge ausgewählt hatte, fielen bei der Wahl allesamt durch: Konsuln des Jahres 87 v. Chr. wurden stattdessen der „sympathisch(e), aber energielos(e)“ Optimat Gnaeus Octavius (Zitat Fündling) und ein Verwandter des Corneliers, Lucius Cornelius Cinna mit Namen. Letzterer hatte ausgesprochen populare Pläne, inklusive der rechtlichen Gleichstellung der Neubürger. Sulla hatte Grund zum Argwohn, doch hätte er sich gegen den Willen des Stimmvolks gestellt, hätte er die von ihm selbst erlassenen Gesetze gebrochen. Also betonte er noch einmal, daß es sein Verdienst sei, daß die Bürger diese Freiheit hätten, und schwor den politisch anders gesinnten Konsul darauf ein, ja nichts gegen seine Maßnahmen zu unternehmen. Dann schiffte er sich mit fünf Legionen in Richtung Epirus ein. Offenbar ging er davon aus, so sehr im Recht zu sein, daß schon niemand das in seinen Augen Falsche tun würde, solange er weg war…

Kaum war die Katze aus dem Haus, tanzten die Mäuse auf dem Tisch. Cinna suchte, Sullas Reformen rückgängig zu machen, und wurde nach einigen Straßenkämpfen von seinem Mitkonsul Gnaeus Octavius gestürzt. Doch vor Nola stand noch eine Legion, und Cinna setzte sie in Marsch, es Sulla gleichzutun und Rom zu erobern. Dort rief man Gnaeus Pompeius Strabo zur Hilfe, aber der schien es nicht sonderlich eilig zu haben zu kommen. Auch nicht, als Marius aus Nordafrika zurückkehrte und ein Heer mitbrachte. Doch nicht einmal der Hilferuf nach Metellus Pius konnte die Hauptstadt mehr retten. Marius nahm im Umland Stadt um Stadt ein, und schnitt die Metropole damit von jeder Nahrungszufuhr ab. Schließlich erstürmte er Rom selbst, wobei er zuvor noch seine Verbannung von dort durch einen Volksbeschluß aufheben ließ (Es mußte ja alles seine juristische Ordnung haben… selbst dann, wenn man massenhaft andere Gesetze brach, indem man den eigenen Regierungssitz eroberte!). Er setzte Cinna wieder in sein Amt ein, und ließ sich sogar selbst (zum inzwischen siebten Mal) zum Konsul wählen. Sullas Bestimmungen wurden sogleich annulliert, sein Haus geplündert, sein Besitz beschlagnahmt und er selbst geächtet. Im Anschluß kam es für fünf Tage und fünf Nächte zu einer Gewaltorgie, in der vor allem politische Gegner in Senat und Ritterstand zu Freiwild erklärt wurden. Der Ex- Konsul Gnaeus Octavius wurde in seiner Amtstracht erschlagen. Sein abgetrennter Kopf war der erste, der öffentlich auf dem Forum ausgestellt wurde. Andere sollten folgen…

Marius hatte noch den Plan, gegen Mithridates zu ziehen, doch starb der bärbeißige Veteran ganze zwölf Tage nach seinem Amtsantritt (am 13. Januar 86 v. Chr.). Cinna indes regierte über die folgenden Jahre weiter, mit jeweils wechselnden Mitkonsuln an seiner Seite (Lucius Valerius Flaccus und Gnaeus Papirius Carbo). Während dieser dominatio kam es zu chaotischen Zuständen, bei denen ganze Magistrate abgesetzt und erschlagen wurden, und Gesetze mal aufgehoben, und mal wieder in Kraft gesetzt wurden. Zehntausende sollen angeblich in Rom gemeuchelt worden sein, just wie im selben Zeitraum an den Kriegsschauplätzen Ephesos und Athen. Mord, Raub und Totschlag wurden Alltag und zu politischen Maßnahmen erklärt. Die Anarchie zog dermaßen weite Kreise, daß die Marianer, wie man die Parteigänger des verstorbenen Marius nannte, Truppen einsetzen mußten, um den von ihnen selbst aufgestachelten Mob in Zaum zu halten (Deren Kommandant war der spätere Propraetor Quintus Sertorius). Unter den Würdenträgern, die während dieser Wirren den Tod fanden, waren Lucius Iulius Caesar Strabo und der zum Selbstmord gezwungene Quintus Lutatius Catulus. Dafür fiel Cinnas angehender Schwiegersohn, ein vorlauter Halbstarker namens Gaius Iulius Caesar, die Treppe ganz nach oben.

Aber dann wiederum hatten die dunklen Jahre unter Cinna und den Marianern auch etwas Gutes: Die permanente Wirtschaftskrise, in der sich das Reich seit dem Bundesgenossenkrieg befand, wurde beendet, indem die Verpflichtungen eines jeden Schuldners auf ein Viertel reduziert wurden. Die Macht der Wucherer war gebrochen.

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