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Go West! - 31. Mai und 1. Juni sowie der 2. Juni 2017

Go WestWieder in den ›Wilden Westen‹
31. Mai und 1. Juni sowie der 2. Juni 2017

Jedes Jahr führe ich zwei kleine Reisegruppen durch den Westen der USA. Dazu lege ich in Facebook ein Reisetagebuch an, das auch im Zauberspiegel erscheinen soll. Es geht zu legendären Orten des Wilden Westen auf den Spuren von Cowboys, Indianern und eines spannenden Stücks Geschichte. -

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Chimney RockOregon Trail in Nebraska und Wyoming
Nach Wochen eintöniger flacher Landschaft – ein böser Scherz in den USA sagt, daß der „Staatsbaum“ Nebraskas der Telegrafenmast ist – wird im Westen des Staates die Szenerie plötzlich abwechslungsreicher, ja, regelrecht dramatisch.

 Wir passierten den Ash Hollow Complex mit Windlass Hill in der Nähe von Lewellen. Hier steht ein Original Sodhouse, wie die Siedler es in der baumlosen Prärie bauten - Behausungen aus Rasenziegeln.

Das Tafelland zwischen dem nördlichen und dem südlichen Platte River war bereits eine Herausforderung für die Planwagenpioniere. Ash Hollow stellt eine natürliche Landmarke dar, die den Kolonisten signalisierte, daß sie das ausgedehnte North-Platte-Tal erreichten. Hier gab es Wasser, und sie konnten Holzvorräte sammeln. Allerdings mußten die Wagen einen 90 m langen Hang mit 25° Gefälle meistern, den „Windlass Hill“. Der Name rührte daher, daß die einzelnen Wagen mit Hilfe von Zugseilen den steilen Hang hinuntergelassen wurden. Wenn die Seile rissen, gewannen die Prärieschoner an Fahrt und zerschellten unten in der Regel. Es war eine gefährliche Station für die Trecks.

Von der Kuppe des Hügels aus kann man noch schwache Reste der Wagenspuren sehen.

Die Fotos zeigen das Grassodenhaus einer frühen Heimstätte und einen Blick über das Platte Riveer Valley, durch das die Planwagentreckswochenlang zogen,bis sie die ersten natürlichen Landmarken sahen. (Bild 72 und 73)

Der Westen Nebraskas ist ohnehin eine höchst historische Gegend. Hier befand sich zeitweise der südliche Ausläufer der „Großen Sioux Reservation“ – bevor den Indianern das Land nach Goldfunden in den Black Hills weggenommen wurde. Hier spielte der amerikanische Pelzhandel eine herausragende Rolle.

Schon aus großer Weite sieht man eine der markantesten Landmarken des Oregon Trail – Chimney Rock.

Der „Schornstein-Felsen“ war in alter Zeit noch wesentlich höher, bis ein gigantisches Unwetter mit schweren Blitzeinschlägen diese einmalige Felsformation ihrer Höhe beraubte. Aber noch immer ist der Felsfinger aus großer Weite zu sehen und stellte damals für die Pioniere einen wichtigen Wegweiser dar.

Wir hatten das Glück eines klaren,sonnigen Tages und sahen Chimney Rock aus mindestens 15 Meilen Entfernung. (Bild 74)

Rund 10 – 15 Meilen von Chimney Rock entfernt – zu Zeiten des Oregon-Trails eine Tagesreise – erhebt sich die Formation Scottsbluff aus der Ebene. Zwischen zwei gigantischen Felsmassiven zog sich der Mitchel-Paß, über den die Planwagen auf Wyoming zu rollten.

Am Fuß von Scottsbluff befand sich einst ein Handelsposten, später auch eine Militäranlage. Der Felsen hat seinen Namen von dem Trapper Hiram Scott, dessen Leiche hier gefunden wurde. Sonst ist über ihn nicht viel bekannt.

Heute kann man eine gewundene Straße hinauf auf die Felsebene fahren und von dort aus einen atemberaubenden Blick über die Platte-River-Ebene genießen.

Wir trafen hier einen alten Freund von mir, den Nationalpark-Ranger Jerry Lucas, der sich die Zeit nahm, mit uns zu sprechen und Fragen zu beantworten. Jerry ist seit vorigem Jahr pensioniert – aber sein Interesse an der Geschichte wird niemals in den „Ruhestand“ gehen.

Im kleinen Besucherzentrum von Scottsbluff hängt die größte Sammlung von Gemälden des amerikanischen Künstlers William Henry Jackson, der zunächst mit dem Pinsel, später mit der Kamera zu den bedeutendsten Dokumentaristen der Pionierzeit gehört. (Bild 75-80)

Etwa 10% aller Oregon-Wanderer überlebten den Treck nicht. Sie starben nicht aufgrund von Indianerangriffen – die gab es nur in geringem Maße, tatsächlich kamen mehr Indianer am Trail um als weiße Siedler – sondern bei Unfällen und an Krankheiten.

Die meisten Gräber blieben unbekannt; die Leichen wurden in der Regel rasch in flachen Gräbern verscharrt und mit Steinen abgedeckt, um sie vor wilden Tieren zu schützen. Mehr durch Zufall wurden einige dieser Gräber entdeckt. Meist waren die hier bestatteten Menschen nicht zu identifizieren. Zu den wenigen Ausnahmen gehörte Rebecca Winters, eine junge Mormonen-Frau. Ihre sterblichen Überreste wurden bei Gleisbauarbeiten entdeckt. In ihrem Grab steckte ein eiserner Radreifen,in den ihr Name eingeritzt war. So konnte ihre Geschichte rekonstruiert werden. Ihr Grab gehört heute zu den Gedenkstätten des Oregon Trails.
Meine Fotos zeigen das Grab von Rebecca Winters und ein Handkarren der Mormonen bei Scottsbluff. Mit diesen Handkarren, die ca. 150 Pfund tragen konnten und in der Regel die kompletten Habseligkeiten einer Familie enthielten, zogen die Latter Day Saints westwärts zum Großen Salzsee. (Bild 81 und 82)

Die nächste Station auf unserem Weg war wohl einer der legendärsten Plätze im amerikanischen Westen überhaupt: Fort Laramie.

Für die Pioniere war dieser Militärposten die letzte Station vor dem Beginn des Weges in die Rocky Mountains. Die letzte Chance, noch einmal Vorräte zu ergänzen und Reparaturen auszuführen.

Dem Militärschreiber von Fort Laramie verdanken wir die exaktesten Zahlen über die Bewegungen auf dem Oregon Trail. Er zählte die Wagen und Personen, die hier anhielten, und führte darüber peinlich genau Buch.

Fort Laramie, um 1840 als Pelzhandelsposten gegründete und 1849 an die US-Armee verkauft, war nicht nur Station der Pioniere. Die erste zentrale Telegraphenlinie führte hier vorbei. Der Pony Express hatte hier eine Wechselstation. Nach Entdeckung des Goldes in den Black Hills wurde hier eine Postkutschenstation eingerichtet.

1851 fand in Fort Laramie die größte Friedenskonferenz mit Plainsindianern statt. Rund 10.000 Indianer vieler Stämme versammelten sich hier und verhandelten mit Vertretern der Regierung über einen Vertrag, der sie für die Einschränkungen ihrer Lebensverhältnisse durch die vorbeiziehenden Siedlertrecks entschädigen und der halten sollte, „solange Gras wächst und die Flüsse fließen“. Das war leider nicht so.

1868 unterschrieb Red Cloud hier seinen Friedensvertrag, nachdem er die US-Armee nördlich in Wyoming besiegt hatte, und die „Große Sioux-Reservation“ wurde geschaffen, die mit den Goldfunden in den Black Hills 1874 auch wieder obsolet wurde. Um diesen Vertragsbruch wird noch heute politisch und juristisch gestritten.

Old Bedlam, zeitweilig Sitz der Kommandantur, ist heute das älteste noch existierende Wohngebäude im Staat Wyoming.

Meine Fotos zeigen verschiedene Gebäude von Fort Laramie und meine Reisegruppe mit Karen Rogowski und einem Reenactor vor einem der alten Offiziersgebäude. (Bild 83-89)

1876 wurde die Kavalleriebrücke über den Laramie River fertiggestellt, die deer US-Armee eine raschere Überquerung des Flusses ermöglichte. (Bild 90 und 91)

Während die Soldaten in ziemlich unbequemen Massenquartieren wohnten, verfügten die Offiziere über recht komfortable Häuser.Populär waren sogenannte "Duplex Häuser" - Doppelhäuser,in denen zwei Familien von Captains in Fort Laramie lebten. (Bild 92 und 93)

Nicht weit von Fort Laramie,in der kleinen Gemeinde Guernsey, befinden sich die am besten erhaltenen Wagenspuren des Oregon Trail. Von der ca. 2.000 Meilen langen Strecke, sind heute noch über 400 Meilen fast unberührt erhalten.

Bei Guernsey überquerten etwa 100.000 Planwagen eine Kalksteinformation und kerbten Spuren in den Fels.

Es ist unglaublich beeindruckend,in diesen Wagenspuren zu laufen. Man ist den Pionieren, die den langen Weg nach Oregon gingen,sehr nahe. (Bild 94 und 95)

Wir haben heute zunächst einen Umweg über Cheyenne, die Hauptstadt Wyomings gemacht. Hier war es eine große Freude für mich, meinen alten Freund Richard Barrett zu treffen, den Vertreter des Gouverneurs von Wyoming. Wann immer ich mit Reisegruppen in der Nähe bin, lädt er mich ein, vorbeizukommen. Er repräsentiert alle Eigenarten der "Western-Gastfreundschaft", zeigte meiner Gruppe den Sitz des Gouverneurs und arrangierte einen Besuch im historischen Gouverneurs-Wohnsitz, der bis 1976 genutzt wurde. Richard stammt aus der kleinen Gemeinde Lusk in Wyoming und war an den Obersten Gerichten der USA tätig, bevor er ins Amt des Gouverneurs wechselte. Er hat starkes historisches Interesse. Es ist eine Freude,sich mit ihm zu unterhalten.

Richards Großvater war selbst Gouverneur von Wyoming, sowie Senator und Abgeordneter. Sein Vater war Bundesrichter.

Jeder Besuch bei ihm ist ein Highlight. Das Foto zeigt uns alle mit Richard Barrett. (Bild 96)

heyenne ist im Zuge des Baus der Union Pacific entstanden. Geprägt von der Eisenbahn, später von den großen Viehzüchtern des Staates, wurde der Ort unangefochten Hauptstadt Wyomings.

Die historische Bahnstation ist noch immer sehenswert, und der alte Gouverneurssitz ist eindrucksvoll. 1905 gebaut, war das Gebäude bis 1976 amtlicher Wohnsitz des jeweiligen Gouverneurs.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, daß wir uns im „Equality State“ aufhalten, dem „Staat der Gleichberechtigung“. In Wyoming stand die Wiege des Frauenwahlrechts. 1869 verabschiedete das Parlament von Wyoming als erstes in der Welt ein Gesetz, das Frauen das Recht einräumte, zu wählen und in öffentliche Ämter gewählt zu werden. Im selben Jahr wurde Esther Hobart Morris zur ersten Richterin der Welt gewählt.

 Wyoming hatte auch die erste weibliche Regierungschefin und die erste weibliche Kongreßabgeordnete.

Nach einem Besuch der historischen "Dienstwohnung" der Gouverneure, hatte Richard auch dafür gesorgt, daß wir das aktuelle Wohnhaus des Regierungschefs sehen konnten. Dank ihm und einer weiteren Freundin, Lynette, früher Chefin des Gästeservice der Regierung, ging das schwerbewachte Stahltor vor dem Anwesen für ein Fotoshooting für uns auf.

 Die Bilder zeigen den Bahnhof von Cheyenne, das historische Gouverneursgebäude und einen Blick ins Innere und die heutige Dienstvilla des Regierungschefs. (Bild 97-100)

Wir brachen danach wieder auf nach Norden und schwenkten erneut auf den Oregon Trail ein.

Unser Ziel war die Stadt Casper. Sie war nach dem hier bestehenden Fort Casper benannt worden, das wiederum seinen Namen von dem jungen Lieutenant Caspar (sic) Collins hatte, der in der Nähe von Indianern getötet wurde.

Lange vor dem Armeeposten existierte hier eine Fährstation, die von den Mormonen eingerichtet worden war. Mit dem Beginn der großen Westwanderung, wurde die Fähre über den North Platte River zu einem guten Geschäft für die Mormonen, die ihre eigenen Glaubensbrüder und -schwestern kostenlos über den Fluß transportierten, von allen anderen Kolonisten aber natürlich eine Gebühr verlangten. Das veranlaßte viele Wagentrecks, zunächst weiterzufahren und nach einer gangbaren Furt zu suchen. Den meisten war das zu mühsam; sie akzeptierten die Kosten für die Fähre, um unverzüglich weiterziehen zu können.

Neben der Fährstation entstand ein Handelsposten, in dem noch einmal die Ergänzung von Lebensmitteln und Ausrüstung möglich war. Danach begann der Weg nach Westen schwieriger zu werden, die Route wurde schwerer gangbar und stieg stetig an.

Casper war Rastplatz der Oregon Trecks, der Handkarrenzüge der Mormonen, des Pony Express und der Telegraphenlinie. Daher steht in Casper auch ein grandioses „Trail Center“, das nicht nur die genannten Wege nach Westen, sondern auch andere Pfade – wie etwa den Bridger-Trail in die Goldfelder Montanas, den Bozeman Trail und Postkutschenwege dokumentiert.

Die Fotos zeigen den Eingangsbereich des Trail Centers, verschiedene Figurinen, eine meiner Reisenden, die sich an einem Handkarren der Mormonen versuchte, und eine Landkarte,die den Trail nach Oregon illuminiert. (Bild 101-105)

Abschließend für heute ein Landschaftsfoto: Die einducksvollen Laramie Mountains. Benannt nach dem französischen Trapper Jacque Laramee, waren sie die Kulisse der Fernsehserie LARAMIE - die in Deutschland unter dem Titel AM FUSS DER BLAUEN BERGE lief. Bis heute Kult - zumindest in meiner Generation. Ich habe in den 1960er Jahren jeder Folge wöchentlich entgegengefiebert.

Das sind die originalen "blauen Berge". (Bild (106)

 


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