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Valeria Messala Barbata: Sie nannten sie »Messalina« - Der Lehrmeister der Intrige

Sie nannten sie »Messalina«Valeria Messala Barbata - Sie nannten sie »Messalina«
3. Der Lehrmeister der Intrige

Frauen stand im alten Rom kein eigentlicher Vorname zu, so daß der Name des Familiengeschlechts in seiner weiblichen Form als solcher fungierte.

Eine Julia gehörte zum Beispiel dem Geschlecht der Julier an, eine Claudia dem der Claudier, eine Valeria dem der Valerier, und eine Messala den Messalern (eine Teilsippe der Valerier).

Eine Möglichkeit, der Dame etwas Individualität zu verleihen, war ein Beiname wie „die Ältere“, oder aber eine verniedlichende Verkleinerungsform. So heißt „Messalina“ nicht einfach „die zum Geschlecht der Messaler gehörende“, sondern: „Die Kleine aus dem Geschlecht der Messaler“. Daß in ihrem Fall nicht der Name der eigentlichen Familie, sondern der einer bestimmten Untersippe gewählt worden war, dürfte ebenfalls darauf zurückzuführen sein, daß man sie von anderen Verwandten gleichen Namens zu unterscheiden suchte.

3. Der Lehrmeister der Intrige
Es ist schon erwähnt worden, daß sich Claudius bei der Neuorganisation des Imperiums nicht auf Senatoren verlassen hat, da die denen nicht traute. Vielmehr bevorzugte er ehemalige Sklaven, die im Dienste ihrer Herren bereits Erfahrungen in der Verwaltung gemacht hatten. Senatoren wirtschafteten manchmal in die eigene Tasche, Freigelassene jedoch erst recht: Schließlich kamen sie aus dem Nichts, und wollten da nie wieder landen!

Dies ist die Stelle, an der Narcissus die Bühne betritt. Er war ein Freigelassener und bekleidete das Amt ab epistulis. Das heißt, er fungierte im Palast als eine Art Kanzler und Postminister, durch dessen Hände die gesamte kaiserliche Korrespondenz wanderte (sowohl die ein-, als auch die ausgehende). Das beinhaltete nicht nur, daß er zu den am besten informierten Personen im Römischen Reich gehörte, er konnte als Schreiber auch Einfluß auf den Inhalt der Mitteilungen nehmen.

Spät im Jahr 41 (laut Wikipedia schon im Jahre 42) verschaffte er sich grob an den Wachen vorbei Einlaß in das kaiserliche Schlafgemach, um Erstaunen zu äußern, daß Claudius noch am Leben war. Im Traum nämlich habe er gesehen, daß Appius Silanus den Princeps getötet hätte. In Rom glaubte man, daß Jupiter selbst die Träume schickte, und sie darum wichtige Dinge vorhersagen mochten. Das Volk neigte zum Aberglauben, und sein Kaiser erst recht. Als er den Vorfall beim Frühstück mit seiner Frau besprach, reagierte die entsetzt und schilderte ihm, daß sie schon mehrfach – auch in der letzten Nacht – den Alptraum gehabt habe, daß er von eben Appius Silanus erdolcht würde. Bisher hatte sie ihren Gemahl nicht unnötig damit ängstigen wollen, doch wenn Narcissus nun dieselbe verstörende Vision gehabt hätte, mußte es mehr sein als ein bloßes Hirngespinst. Natürlich fürchtete sie um seine Sicherheit, wollte mit ihrer Mutter sprechen, und mehr darüber in Erfahrung bringen. Er jedoch solle auf sich Acht geben.

Claudius‘ Paranoia daraufhin ging soweit, daß selbst die Schreiber ihre Federkästchen und Stilette bei einer Audienz nicht mit sich führen durften.

Über Messalinas Gründe, sich an dem Komplott zu beteiligen, gibt es unterschiedliche Vermutungen. Cassius Dio hat behauptet, Appius Silanus hätte sich ihren unsittlichen Avancen verweigert, und sie sich auf diese Weise dafür gerächt. Da Appius Silanus nicht nur ihr Schwiegervater, sondern auch mindestens so alt wie Claudius gewesen war, erscheint diese Unterstellung nicht unbedingt glaubhaft.

Als ehemaliger Vize- Konsul stand Appius Silanus auch für eine Versöhnung zwischen Kaiser und Senat, so daß es politische Gründe für seine Ausschaltung geben mochte. Narcissus und seine gleichfalls zu den Freigelassenen gehörenden Komplizen beispielsweise mochten um ihre Positionen gefürchtet haben.

Er war es dann auch der Appius Silanus wenige Tage nach den „Träumen“ zum Kaiser schickte, weil der ihn angeblich zu sehen wünsche. Doch kaum traf Messalinas Schwiegervater dort ein, wurde er auf Befehl eben jenes Narcissus verhaftet, weil er gekommen sei, um das Staatsoberhaupt zu meucheln. Ob ihm auch noch eine Tatwaffe untergeschoben wurde, wird in keiner Quelle erwähnt, aber denkbar wäre es. Claudius selbst, dem eine strenge, unerbittliche Ader zugeschrieben wird, verurteilte das Opfer der Intrige sofort zum Tode, und der Schuldspruch wurde gleich im Anschluß vollstreckt.

Entsprechend bizarre Untertöne hatte die Rechtfertigungsrede, die der Princeps Tage später vor dem Senat hielt. So pries er Narcissus derart, daß dieser „auch im Schlaf über die Unversehrtheit seines Kaisers wachte“. Unter denen, die ihm lauschten, soll sich jedoch die Befürchtung breitgemacht haben, daß die Freigelassenen ihren Herrscher ähnlich kontrollierten, wie der Wahnsinn seinen Vorgänger, und sie wieder darunter zu leiden haben würden.

Letzten Endes erließ Claudius ein Dekret, in dem er versprach, daß sein Zorn künftig lediglich „flüchtig und harmlos“, aber „niemals ungerecht“ sein solle.

Domitia Lepida jedoch, Messalinas Mutter, verteidigte ihre Tochter zwar gegen Vorwürfe, an der Intrige beteiligt gewesen zu sein, doch im Gegenzug legte ihr Kind kein gutes Wort für ihren verurteilten Gemahl ein. So hatte die Beziehung zwischen beiden nun einen Sprung.

Bei all den Liebhabern freilich, die Messalina im Laufe ihrer „Karriere“ gehabt haben soll, taucht der Name „Narcissus“ nicht auf. Vielleicht war er zu schlau dafür, brauchte er sie doch vielmehr als Komplizin, als jemand, der Einfluß auf den Kaiser selbst hat. Die Unwägbarkeiten von Liebe und Leidenschaft hätten da seine wahren Interessen gestört: die Anhäufung von Geld und Macht!

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