Perry Rhodan 2445 - Geschöpf des Chaos
Geschöpf des Chaos
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Eigentlich passiert in Sachen Plot gar nicht so viel in diesem Roman. Zwar gelangt Perry Rhodans Expeditionsraumschiff, die JULES VERNE, an den Sammelpunkt der alliierten Kräfte und es gibt auch ein paar Augenöffner und den Auftritt einer Superintelligenz, doch die Handlung wird nur minimal weiter gebracht.
Das macht aber nichts.
Horst Hoffmann ist bekannt für seine einfühlsamen Romane, die es verstehen, dem Leser Charaktere näher zu bringen und Interesse oder Verständnis für sie zu wecken. Unvergessen seine Geschichten um den ewigen Gärtner Orrien Alar. In 2445 hat er die Aufgabe, die Leiden und Zerrissenheit des Duals Ekatus Atimoss zu schildern und er meistert diesen Job gut.
Kurzer Einschub: Ekatus Atimoss ist ein Dual, eine von Kolonnen-Anatomen erschaffene Chimäre aus zwei Lebewesen. In einem traumatischen Prozess stückeln die TRAITOR-Mediziner aus zwei Individuen ein neues mit einem monströsen asymmetrischen Körper, zusammengesetzt aus je einer Hälfte der jeweiligen Wesen, bestückt aber mit beiden Köpfen. Klappt die »Integration«, dann bildet sich eine neue Wesenheit, ein Dual, der zwar noch über beide Bewußtseine verfügt, diese aber auch im »singulären Intellekt« zu einem einzigen verschmelzen kann. Im Zustand dieser Einheit verfügt der Dual dann über starke parapsychische Kräfte und wird zu einem überragenden Denker. Die Terminale Kolonne setzt diese Kreaturen als Führungskräfte ein. Ihnen wird, wie den meisten anderen Mitgliedern der Kolonne auch, die »Kralle des Laboraten« eingesetzt, ein Symbiont, der dafür sorgt, dass sie gegenüber TRAITOR uneingeschränkt loyal sind. Das Leben der Chimären ist eine beständige Qual, hervorgerufen durch die unterschiedlichen Körperhälften, ein leben ist nur unter ständigen Schmerzen und mit technischen Hilfsmitteln möglich.
So war Ekatus Atimoss nicht nur ein Hauptmann des Chaos und Todfeind Perry Rhodans, es kommt erschwerend hinzu, dass der Ekatus-Teil des Duals in einer Negashpäre geboren wurde und diesen kosmischen Anti-Zustand als verlorene Heimat ansieht.
Nach seiner Gefangennahme wurde dem Dual die Kralle des Laboraten entfernt, so dass er nun wieder frei entscheiden kann. Doch langjährige Denkweisen lassen sich ebenso wenig abstreifen, wie der kreatürliche Wunsch der einen Dualkomponente auf Rückkehr in den Schoß einer Negasphäre.
Perry Rhodan bietet dem ehemaligen Chaotarchendiener eine Partnerschaft an, Zusammenarbeit gegen die Terminale Kolonne als Gegner und die Negasphäre als Bedrohung des Lebens. Ekatus Atimoss weiß nicht recht, was er davon halten soll und ob er den Terranern vertrauen kann oder ob er dies überhaupt will.
Horst Hoffmann schildert die Zerrissenheit Ekatus Atimoss' zwischen Ekatus' Wunsch, mit der Entstehung der Chaoszone in die Heimat zurück zu kehren, seinem auf einmal freien Willen, seinen Vorbehalten gegenüber den Terranern und den grundlegenden Problemen seiner Existenz sehr überzeugend und emotional.
Sicher, auch die Gedankenwelt des Duals wird im Prinzip viel zu »menschlich« beschrieben, aber das ist ein grundsätzliches Problem der Heftserie. Ich bin sicher, dass diverse derAutoren auch deutlich »abgefahrenere« Einblicke in Denken und Psyche von exotischen Aliens liefern könnten, allerdings ist PR nun mal eine Unterhaltungsserie deren Leser nicht nur aus Fans und Hardcore-SF-Lesern bestehen. Da muss man hinsichtlich der Komplexität des feil gebotenen Stoffes leider Konzessionen machen.
Unter Betrachtung solcher Aspekte liefert Hoffmann einen gelungenen Roman ab, der meiner Ansicht nach nur eine Schwachstelle aufweist: Die angefressene Reaktion Perry Rhodans auf die »Extratour« Ekatus Atimoss' ist nicht nachzuvollziehen, angesichts der Tatsache, dass eine anwesende Über-Entität vom Range eines ARCHETIM ohnehin in der Lage wäre, die Gedankenwelt der Anwesenden zu scannen, auch die der Metalstabilisierten. und das Geheimnis des Kontextsprungs alias Zeitreise keine mehr wäre. Hier erschien mir das Handeln der Protagonisten ein wenig aufgesetzt. Das tut einem grundlegend guten Roman aber keinen Abbruch. Es passiert zwar wenig, aber wir steuern ja auf einen Klein-Showdown in 2450 zu, da wird uns vermutlich so einiges an Gigantismus und Raumschlacht um die Ohren gehauen werden.
Abschließend verleihe ich dem Roman die Prädikate unterhaltsam, stilsicher und solide Unterhaltungs-SF.
Cover (Al Kelsner) Copyright 2008 VPM
Hintergrundmusik: Bruno Sauty - Retour à Antartica (Creative Commons)
Kommentare
Was die Sache mit den "abgefahreneren Einblicken" in die außerirdische Psyche angeht: Also mir war Atimoss' Auftritt bei weitem extravagant genug. Ich fand es daher stellenweise nicht ganz leicht, dem Roman zu folgen.
Aber das war ja auch erst mein dritter Rhodan. Mit der Zeit wird mein Einblick in die Psyche außerirdischer Entitäten sicher tiefer