Wooding, Chris: Broken Sky, Act 1: The Twilight War
Nicht beabsichtigt hingegen war die Art und Weise, wie der Verlag die Serie auf den Markt bringen wollte: Statt die Trilogie, in drei Büchern herauszugeben, wie man es eigentlich erwartete hätte,, beschlossen die Verantwortlichen, das Werk zu splitten. Ganz im Cliffhanger-Stil diverser Animes sollte die komplette Geschichte in 27 Einzelbänden veröffentlicht und dem Leser so eine Story vorgelegt werden, die portionsweise schnell zu konsumieren war und immer an den spannendsten Stellen unterbrochen wurde.
Doch, wie das so ist, nicht jeder war begeistert von der Idee des Verlags. Der Autor der Story mochte den Einfall nicht wirklich, und auch die Buchhändler sträubten sich dagegen, die Minibücher ins Sortiment zu nehmen. Letztendlich kam die Trilogie dann in nur neun Bänden in die Läden, und die Idee mit der 27-teiligen Reihe wurde fallen gelassen.
Zumindest in den USA. In Deutschland dagegen fand ein erfolgreicher Kinder- und Jugendbuchverlag gefallen sowohl an der Serie als auch an dem Konzept der Romanssplittung. Und so kam es, dass kurze Zeit später der erste Roman der Saga auf dem deutschen Buchmarkt erschien, aufgeteilt in neun winzige, recht unscheinbare Bücher, die man sich problemlos in die Hosentasche stecken konnte.
Um es kurz zu machen: Die Idee erwies sich als voller Flop, und die neun Romane wurden zu Ladenhütern par excellence. Enttäuscht stellte der Arena-Verlag das Experiment wieder ein, und Broken Sky, so der Titel dieser auf ungewöhnliche Art und Weise veröffentlichten Serie, verschwand sang- und klanglos aus den deutschen Buchläden.
Ich war damals einer der Wenigen, die sich begeistert über die Fantasysaga Chris Woodings hergemacht haben. Als die Serie eingestellt wurde, kam dies für mich einer Katastrophe gleich, so sehr mochte ich die Story, die Wooding hier zum Besten gab. Besonders tragisch an der Sache: Damals war ich der englischen Sprache nur sehr bedingt mächtig, so dass ich nicht mal im Traum daran dachte, mir die restlichen Bücher im Original zu bestellen.
Mit der Zeit begann ich dann, über meine Enttäuschung hinweg zu kommen. Neue Bücher und neue Reihen erschienen, und langsam aber sicher vergaß ich die Serie. Bis ich vor kurzem im Internet zufällig erneut auf den Namen Chris Wooding stieß.
WHAM! Mit einem Schlag war die Erinnerung an Broken Sky wieder da. Bevor ich genau wusste, was ich da eigentlich tat, war ich bereits auf der Seite eines Online-Buchshops und stellte fest, dass die Serie, die mittlerweile in neuer Auflage in der ursprünglich vom Autor angedachten Form als Trilogie vorliegt, tatsächlich noch existierte. Innerhalb weniger Sekunden hatte ich mir den ersten Band der Serie auf Englisch, das ich mittlerweile recht passabel beherrsche, bestellt. Eigentlich hätte ich auch mit Band zwei beginnen können, doch zum einen habe ich nach all den Jahren den Plot des ersten Romans längst vergessen, und zum anderen sind die Miniausgaben aus dem Arena-Verlag irgendwo verschollen. Also durfte ich noch mal ganz von vorne anfangen.
Was meiner Vorfreude allerdings keinen Abbruch tat. Selten habe ich mich im Vorfeld so sehr auf ein Buch gefreut wie auf dieses. Meine einzige Sorge war, dass mir ein Buch, das mir in der Pubertät gefallen hatte, heute nicht mehr zusagen würde.
Eine Sorge, die sich als vollkommen unbegründet erweisen sollte...
Das Buch
Die Zwillinge Kia und Ryushi wachsen behütet fernab jeder Zivilisation in einer kleinen Siedlung am Rande des Dominion auf. Ihr Leben verläuft in geregelten Bahnen, bis ihr Vater eines Tages von einem Geschäftsausflug nach Tusami City zurück kommt und die junge Elani mitbringt. Das schüchterne, freundliche Mädchen scheint ein Geheimnis zu umgeben, doch es ist den Zwillingen nicht möglich, mehr über ihren Gast zu erfahren.
Irgendwann akzeptieren Kia und Ryushi das Schweigen ihres Vaters, und ihr Leben folgt wieder dem alltäglichen Trott. Bis eines Tages Soldaten des Kaisers auftauchen und die Siedlung dem Erdboden gleichmachen. In letzter Sekunde können Kia, Ryushi und Elani fliehen, während die restlichen Bewohner von Osaka Stud gefangen genommen oder gar getötet werden. Unter den Todesopfern ist auch Banto, der Vater von Kia und Ryushi.
Verzweifelt machen sich die drei Flüchtlinge auf den Weg nach Tusami City, wo sie auf Hilfe von den Geschäftspartnern Bantos hoffen. Doch kaum in der Stadt angekommen, geraten sie in einen Kampf, bei dem mehr auf dem Spiel steht als nur das Schicksal einer Welt...
Kritik
Was für ein Buch! Hatte ich zu Anfang noch leise Bedenken, ob ich den Roman im Laufe der Jahre im Sinne der guten, alten Zeiten übermäßig verklärt hatte, so wurden diese Befürchtungen schon nach wenigen Seiten vollkommen zerstreut. Broken Sky Act 1 erwies sich als noch besser, als ich ihn in (dunkler) Erinnerung hatte.
Zunächst einmal: The Twilight War entspricht, wenn ich mich Recht entsinne, in etwa den beim Arena-Verlag erschienenen neun Einzelbänden. Keine Garantie darauf, und genau genommen erwähne ich das hier jetzt nur der Vollständigkeit halber.
Doch zurück zum Buch.
Chris Wooding sagt von sich, ein großer Manga-Fan zu sein. Das merkt man dem Buch an. Story, Charaktere, ja sogar die Dialogszenen und die Art der witzigen Einlagen, all dies entspricht dem Stil, den man aus diversen Animes und japanischen Comics kennt. In Folge dessen kommt The Twilight War sehr locker und ungezwungen daher, trotz so manchem recht düsteren und brutalen Handlungsstrang, ganz nach dem Vorbild von Dragonball und Co.
Die Personen sind durchweg gut gezeichnet und sympathisch beschrieben. Wer sich ein wenig in der Welt des asiatischen Zeichentrick auskennt, der wird auch hier wieder viele Ähnlichkeiten der Protagonisten mit den Charakteren aus diversen Animes und Mangas erkennen. Die Figuren als solche, ihr Auftreten, ihre Kleidung, selbst ihre Frisuren, all diese Kleinigkeiten lassen durchblicken, dass sich Wooding großzügig an der Ideenwelt japanischer Künstler orientiert hat.
Was die Story anbelangt, so kann man nur sagen: Fantastisch! Die Handlung ist fantasievoll, überaus einfallsreich und enorm kurzweilig. Wooding sorgt dafür, dass weder seinen Protagonisten noch den Lesern jemals langweilig wird und reiht ein spannendes Abenteuer ans nächste. Dabei erschafft er einen wunderbaren Mix aus viel Action, einer überzeugenden Storyline und der richtigen Mischung aus Humor und Dramatik, der den Leser mühelos an den Plot fesselt.
Die Handlung an sich ist äußerst dicht. Es ist fast schon unglaublich, was die Zwillinge und ihre Gefährten im Laufe der gerade einem knapp 440 Seiten alles erleben. Ein Abenteuer jagt das nächste, und das Beste dabei: Keine neue Storyline ähnelt der vorherigen. Wooding hat sich wirklich Mühe gegeben, für Vielfalt zu sorgen und die einzelnen Erlebnisse so abwechslungsreich wie nur möglich zu schildern.
Die Dichte der Handlung bewirkt zudem, dass The Twilight War ordentlich Tempo besitzt und eine sehr stimmige Atmosphäre aufgebaut wird, die den Leser schon nach wenigen Seiten in ihren Bann zieht. Broken Sky Act 1 ist ein Buch, das man so schnell nicht mehr aus der Hand legen möchte.
Als ich Chris Woodings Saga zum ersten Mal gelesen habe, ist es mir völlig unverständlich geblieben, warum der Verlag sie nicht fortgesetzt hat. Mittlerweile verstehe ich ein klein wenig mehr von Absatzzahlen und Verkaufserfolgen, so dass ich Arena durchaus verstehen kann. Bis zu einem gewissen Grad zumindest.
Warum, zum Teufel, hat der Verlag nicht einfach diese dämliche Idee mit den 27 Minibänden aufgegeben und die Serie als Trilogie rausgebracht, so wie es ursprünglich angedacht war? Ich bin mir sicher, dass die Serie in diesem Fall mehr Leser gefunden hätte, insbesondere auch solche, die nicht so Fantasy-verrückt sind wie ich und Geld für reichlich überteuertes Lesematerial ausgeben. Meiner Meinung nach hat Arena hier einen traurigen Fehler begangen. Der Leidtragende ist in diesem Fall der deutsche Fantasyfan, der wegen eines idiotischen Buchformats nicht mehr in den Genuss dieser fantastischen Reihe kam.
The Twilight War ist Fantasy vom Feinsten, das alle Genrefans begeistern wird, die sich auch mal Lektüre zu Gemüte führen wollen, die etwas weniger episch und anstrengend ist als die klassische High Fantasy. Wer die (Jugend-)Bücher von Kai Meyer mag, auf Animes und Mangas steht oder schon von Garth Nix Saga Der Siebte Turm begeistert war, der wird auch an Broken Sky seine Freude haben.
Bleibt nur zu hoffen, dass sich endlich mal wieder ein deutscher Verlag dieser außergewöhnlichen Serie annimmt. Ansonsten kann ich allen nur raten, auf die Originalversion zurückzugreifen. Es lohnt sich!