Del Franco, Mark: Unschöne Dinge
Im Zentrum des Romans steht der Druide Connor Grey. Einst arbeitete er für die Gilde, die für die Feien (wie sich Feen und Co selbst bezeichnen) zuständige Behörde. Nachdem er bei einer missglückten Verhaftung allerdings einen Großteil seiner Fähigkeiten verlor, hatte hier niemand mehr Verwendung für ihn. Um seinen Lebensunterhalt zu sichern, verdingt sich Connor daher als Privatermittler, der der menschlichen Polizei unter die Arme greift.
Sein neuster Fall: Ein unbekannter Täter hat es im Weird, einem heruntergekommenen Vergnügungsviertel für Feien, auf Elfenstricher abgesehen. Eiskalt ermordet der Killer seine Opfer und schneidet ihnen die Herzen raus. Da die Gilde an ein paar toten Prostituierten kein Interesse hat, schiebt sie den Fall der menschlichen Polizei und damit indirekt auch Connor zu.
Dem Druiden ist klar, dass hinter den Morden mehr steckt als bloß ein weiterer Serienkiller. Die herausgeschnittenen Herzen und eine Reihe seltsamer, schwach mit Magie aufgeladener Steine, die in den Brustkörben der Opfer gefunden werden, deuten darauf hin, dass der Täter magisch begabt ist und ein Blutritual vorbereitet. Doch was will er damit bewirken?
Die Ermittlungen führen Connor und Leo Murdock, den zuständigen Officer, auf so manch unschöne Spur. Und schon bald dämmert es dem Druiden, dass die Mordfälle nur der Anfang einer viel größeren Sache sind...
Wenn es ein Subgenre der Fantasy gibt, das zur Zeit einen echten Boom erlebt, dann ist es, neben der Romantasy, das der Urban Fantasy. Insbesondere in den USA sind in den letzten Jahren unzählige Bücher in diesem Bereich erschienen, in deren Zentrum die Durchdringung der realen Welt mit phantastischen Elementen steht. Auch in Deutschland erfreut sich das Genre immer größerer Beliebtheit, wie die zunehmende Zahl an Veröffentlichungen entsprechender Romane zeigt.
So manchem Fan klassischer Fantasygeschichten mag sich die Faszination, die von der Urban Fantasy ausgeht, bislang entzogen haben. In diesem Fall kann man nur raten, sich Del Francos Roman unbedingt zu besorgen, denn spätestens nach der Lektüre von »Unschöne Dinge« weiß man, warum das Genre immer mehr Zulauf erhält.
»Unschöne Dinge« ist ein genialer Mix aus Kriminal- und Fantasygeschichte. Auf der einen Seite steht die Jagd nach einem Serienkiller, der es auf männliche Prostituierte abgesehen hat, auf der anderen Seite führen die Untersuchungen die Ermittler tief in die Welt der Magie und der magisch begabten Lebewesen. Gekonnt vermischt Del Franco klassische Elemente aus beiden Genres zu einer mitreißenden Story, die immer wieder neue Wendungen erfährt und einen so bis zum Schluss nicht mehr loslässt.
Einen besonderen Reiz macht dabei das Zusammenspiel dunklen Humors und mitleidloser, realitätsnaher Szenen aus. Pixies mit rosa Flügeln und ein lakonischer Ermittler stehen einer brutalen Mordserie und armseligen Stricherjungen ohne viel Hoffnung auf eine bessere Zukunft gegenüber. Hier wird ein atmosphärisch dichtes, sehr stimmungsvolles Bild der heruntergekommenen Viertel einer Großstadt entworfen, wie man es nur selten derart überzeugend präsentiert bekommt.
Ebenfalls klasse: die auftauchenden Protagonisten. Allen voran ist da natürlich Connor Grey zu nennen, aus dessen Sicht man die ganze Geschichte erzählt bekommt. Souverän erschafft Del Franco hier einen äußerst sympathischen Charakter, der sich durch Stärken wie Schwächen gleichermaßen auszeichnet. Sehr angenehm ist in diesem Zusammenhang die Art und Weise, wie Connors Verlust seiner Fähigkeiten in die Handlung eingebaut wird. Weder jammert der Druide ständig herum, noch wird seine Behinderung schlichtweg übergangen; es ist offensichtlich, dass der Druide gehandikapt ist, ohne dass dieses Thema allzu sehr im Vordergrund steht.
Nicht weniger interessant sind übrigens die Nebenfiguren. Del Franco hat hier ein illusteres Ensemble zusammengestellt, von denen jeder Einzelne glaubhaft rüberkommt.
»Unschöne Dinge« ist ein packender Urban-Fantasy-Krimi, der Fans klassischer Kriminalgeschichten ebenso zu unterhalten weiß wie eingefleischte Fantasyleser. Der Auftaktband zu seiner Reihe ist Del Franco erstklassig gelungen; man kann nur hoffen, dass der Otherworld-Verlag in Kürze den zweiten Roman um Connor Grey nach Deutschland holt...
Kommentare
Ich gebe wieder Laut, wie er mir gefallen hat.
Ich bin beeindruckt. Erst dachte ich: "...und noch eine Harry-Dresden-Epigone". Stimmt im Prinzip auch, tatsächlich gibt es zwar viele Gemeinsamkeiten, sowohl in Figur wie auch Universum, aber noch viel mehr eigene Ideen, so dass ich der Ansicht bin, dass es in hohem Maße unfair wäre, den Roman als Dresden-Plagiat zu bezeichnen.
Im Gegenteil, sowohl das Setting wie auch die Figuren und der staubtrockene Humor des Protagonisten machen einfach eine Menge Spaß und heben sich wohltuend von anderen Urban-Fantasy-Stories ab; bei etlichen davon bemerkt man, dass hier auf einen gut geölten Zug aufgesprungen werden soll, mit mäßigem Erfolg, aber Del Franco kann es im Gegensatz zu vielen anderen, denn das Setting ist einfach (und das mag bei einem Fantasy-Roman eigenartig erscheinen) glaubwürdig - und trotzdem phantastisch.
Unshapely Things ist für jeden Freund von Urban Fantasy ein unbedingtes Muß. Den zweiten Teil ("Unquiet Dreams") habe ich gestern bestellt. Die Rezension bei Amazon sagte zwar "lange nicht so gut wie der Erste", aber wir werden sehen... Ich melde mich dann nach der Lektüre... Und selbst wenn er nicht mehr so toll ist, dann gibt es immer noch den brillianten ersten, den kann Del Franco keiner mehr nehmen.
Dank an Jochen für diesen ausgezeichneten Tip!
Gerne geschehen!