Coe, David B.: Seeds of Betrayal - Book 2 of Winds of the Forelands
Seeds of Betrayal
Tavis ist nicht bereit, sich dem Zorn seiner Mitmenschen zu unterwerfen und den Rest seines Lebens in Angst vor einem Lynchmord zu verbringen. So machen er und Grinsa sich auf ins Königreich Aneira. Dort wollen die beiden ungleichen Gefährten Briennes Mörder stellen und mehr über die im Geheimen ablaufende Qirsi-Rebellion in Erfahrung bringen.
Diese breitet sich unterdessen immer weiter aus und droht, die Königreiche der Forelands ins Chaos zu stürzen. Immer mehr Qirsi schließen sich der Bewegung an, darunter auch viele hochrangige Minister aus den verschiedensten Fürstentümern, die ihre eanischen Herren eiskalt hintergehen. Mord, Misstrauen und die Aussicht auf Krieg greifen immer weiter um sich.
Und doch gibt es Hoffnung. Einige wenige Eani und Qirsi erkennen die Bedrohung, die von der Rebellion ausgeht, und kämpfen gegen die finstere Bedrohung an. Ob ihr Kampf von Erfolg gekrönt sein wird, bleibt allerdings fraglich. Denn auch ohne Zutun der Verschwörer versinken die Reiche der Eani in einem Sumpf aus Verbrechen und Intrigen ...
»Seeds of Betrayal« steht dem gelungenen Vorgänger »Rules of Ascension« in nichts nach. Auch im zweiten Teil seiner Saga erzählt Autor Davis B. Coe eine packende, zutiefst menschliche Geschichte um Verrat, Hass, Liebe und Krieg, die den Leser unaufhaltsam in ihren Bann zieht.
Schon in »Rules of Ascension« wurde die Ausrichtung der Saga deutlich. »Winds of the Forelands« ist ein Epos, das sich einerseits sehr auf die Protagonisten konzentriert, andererseits einen starken politischen Einschlag hat. Gerade letzteres rückt in »Seeds of Betrayal« in gehörigem Maße in den Vordergrund. Coe beschäftigt sich ausführlich mit politischen Winkelzügen, mit Verträgen und Bündnissen, mit Kriegsdrohungen und hinterhältigen Ränkespielen.
Bei aller Fokussierung auf politische Aspekte der Geschichte vergisst Coe jedoch niemals seine Protagonisten. Ganz im Gegenteil. Das Figurenensemble aus »Seeds of Betrayal« ist eines der vielschichtigsten und lebendigsten, das die Fantasyliteratur je gesehen hat. Coe schildert die Handlung aus der Sicht von Guten wie Bösen, Qirsi wie Eani. Dabei vermeidet er jedwede klischeehafte Darstellung oder stereotype Charakterisierung. Alle Figuren haben ihre Stärken und Schwächen, haben gute wie schlechte Seiten, Ängste, Träume und Hoffnungen. Ob Attentäter, König oder Flüchtling, Coe lässt jedem seiner Protagonisten viel Aufmerksamkeit angedeihen. Er schildert ihre Motivationen, lässt sie nachvollziehbare Entwicklungen durchmachen und sorgt dafür, dass auch der finsterste Geselle eine glaubhafte Persönlichkeit mit positiven wie negativen Eigenschaften ist.
Auch in Sachen Handlung ist »Seeds of Betrayal« seinem Vorgänger in keinster Hinsicht unterlegen. Immer wieder gibt es überraschende und schockierende Wendungen. Wann immer man der Ansicht ist, zu erahnen, in welche Richtung sich die Story fortentwickelt, sorgt Coe dafür, dass unerwartete Ereignisse die Geschehnisse in unvorhersehbarer Art und Weise verändern. So manches Mal muss dafür dann auch der ein oder andere Charakter sein Leben aushauchen, und nicht selten ist es eine Figur, deren Ende man derart früh nicht erwartet hätte.
Wer das erste Buch der Saga gelesen hat (was ich jedem nur dringend empfehlen kann, bevor er zu diesem Roman greift), der sollte sich zudem auf zwei Veränderungen einstellen: Zum einen bekommt man einen neuen Schauplatz geboten. Nachdem sich die Handlung von »Rules of Ascension« im Wesentlichen auf das Reich Eibithar beschränkt hat, konzentriert sich Coe diesmal vorrangig auf das südlich gelegene Reich Aneira (ohne dabei das Geschehen im erstgenannten Land aus den Augen zu verlieren).
Zum anderen erweitert sich die Darstellerriege beträchtlich. Neben den altbekannten Protagonisten muss sich der Leser mit einer langen Liste neuer Charaktere anfreunden. Was das die Saga einerseits enorm bereichert und erweitert, ist andererseits auch der einzige wirkliche Kritikpunkt, den man bezüglich des Epos äußern kann. Bei all den Namen und Titel, die im Laufe der Handlung auftauchen, ist es nicht immer leicht, die Übersicht zu behalten, wer nun wer ist und welche Titel und Befugnisse die entsprechende Person nun besitzt. Hier fehlt ein ausführliches Glossar, das einem die entsprechende Information mit einem Blick liefert.
»Seeds of Betrayal« ist ein großartiges, fesselndes High-Fantasy-Epos für alle, die charakterbezogene, politische Fantasy mögen. Auch Leser, die mit Politikaspekten bislang eher wenig anfangen konnten, sollten der Saga eine Chance geben; Coe beweist, dass Fantasy auch dann nicht langweilig ist, wenn es mal eben nicht um große Questen oder das alles verschlingende, die Welt vernichtende Böse geht. Eine wunderbare Geschichte, die hoffentlich bald auch ihren Weg in die deutschen Buchregale finden wird.