Llewellyn, Sam - The Well Between the Worlds (Monsters of Lyonesse) (Taschenbuch)
Idris hat gerade erst festgestellt, dass er offenbar wirklich eine besondere Eigenschaft hat, denn es gelingt ihm in die Wahrnehmung einer Fliege oder einer Möwe einzudringen und der Fliege sogar einen mentalen Befehl zu geben. Noch bevor er beginnen kann zu verstehen, was da passiert, wird er vor das Ortsgericht seiner Heimatstadt Westgate gezerrt.
Die Anklage ist ebenso klar wie tödlich: Er ist ein Mix. Denn er ist bei dem Sturz aus dem Fenster nicht ertrunken sondern hat überlebt. Und dies, so das Zeugnis gegen ihn, macht klar, dass er ein Mix zwischen Monster und Mensch sein muss. Und darauf steht die Todesstrafe.
Was ihn rettet ist diese seltsame Eigenschaft des Gedankenwanderns. Seinem Mentor in Westgate ist dies nicht verborgen geblieben. Und als der Captain von Westgate nach Idris Leben greift, rettet ihn der "Mann mit dem Nasenring", nimmt ihn mit und führt ihn in ein neues Leben.
Seine Fähigkeit dieses Wahrnehmens von Gedanken anderer Kreaturen prädestiniert Idris für die neue Aufgabe, für die ihn Ambrose (der Mann mit dem Nasenring) vorgesehen hat: "Monstergrooming" - also die "Fürsorge" für die Monster.
Denn Lyonesse, die Heimat von Idris und Szenerie der Geschichte, kann nur existieren, da es sich der Monster "bedient".
In einer Rezension des britischen Telegraph schreibt die Autorin, "Sam Llewellyn makes Narnia look like Teletubbyland", und benutzt einmal mehr einen der großen Klassiker der Kinderfantasy zur Einordnung eines neuen Buches. Hier begeht sie meiner Ansicht nach einen Fehler. Narnia hat einen ganz anderen erzählerischen Hintergrund und eignet sich nur sehr bedingt für einen Vergleich.
In der Tat ist dieses Buch, das nach den neuen Altersempfehlungen für englische Kinderbücher ab 11 Jahre geeignet ist, rasant, sehr spannend und voll mit ungewöhnlichen Ideen. 11 Jahre ist eine absolut passende Empfehlung. Neben der Tatsache, dass es handwerklich gut durchkonstruiert ist, und man an einigen Stellen überrascht zwei oder drei Zeilen zurück springt, überzeugt das Buch durch einige Ideen, die mir in dieser Form noch nicht begegnet sind. Dies beweist einmal mehr, dass es - trotz klassischer Versatzstücke (der einsame Junge, der etwas Besonderes ist und aus seiner bekannten Heimat herausgerissen wird - der mysteriöse Retter - die Bedrohung nicht nur des Lebens des Jungen sondern der ganzen Welt) - "noch immer" möglich ist, neue Bücher zu schreiben, die man gerne und mit Begeisterung liest.
Ein kleiner Tipp für Leser: Wer nach dieser Rezension los stürzt und sich das Buch kauft, um dann auf der ersten Seite einen eher lyrisch angehauchten Text zu finden, sollte sich davon nicht vom Weiterlesen abhalten lassen, denn dies ist das einzige Manko, das mir aufgefallen ist. Das ändert nichts an der Schönheit der Einleitungssequenz, führt einen aber tendenziell erst einmal auf eine falsche Spur.
In meiner Freude über dieses Buch habe ich gleich erst einmal versucht heraus zu finden, was es mit Lyonesse auf sich hat, und plane gerade ein Interview mit Sam Llewellyn, mal sehen ob es etwas wird.
Auf der Website zum Buch findet sich ein vergleichsweise langer Leseauszug, mit dem man sich schon mal den Mund wässrig machen kann (Link öffnet sich in neuem Fenster und verlässt die Seiten von Zauberspiegel).