Rümmelein, Bernd: Die Schlacht am Rayhin - Kryson 1
Faszinierend anders eine neue Welt, die ihren eigenen Gesetzen folgt!
Es ist ein
fragiles Gleichgewicht. Das Kryson regiert: der Wechsel zwischen Tag
und Nacht, zwischen Licht und Schatten, der Ausgleich zwischen den
magischen Brüdern, die in einen scheinbar ewigen Schlaf versunken
sind.
Ein Gleichgewicht, das nachhaltig erschüttert wird, denn die Rachuren, barbarische Chimärenkrieger, überziehen den Kontinent Ell mit Terror und Schrecken. Nur der Magier Sapius weiß die Hinweise zu deuten: Einer der magischen Brüder wird erwachen und das Weltgefüge nachhaltig beeinflussen. Damit ist Kryson in größter Gefahr. Die Schlacht am Rayhin soll die Entscheidung bringen. Eine Niederlage bedeutet Tod und Sklaverei für das Volk der Klan. Doch was bedeutet ein Sieg?
In den Ohren des geneigten High Fantasy-Lesers klingt das doch nicht schlecht, oder? Schade nur, dass der Roman meinen Erwartungen allenfalls in Ansätzen gerecht wurde.
Zunächst einmal ist festzuhalten: Wenn jemals ein Buch die Genrebezeichnung Epische Fantasy (bzw. High Fantasy) verdient hat, dann »Die Schlacht am Rayhin«. Rümmeleins Geschichte ist ein wuchtiges, wortgewaltiges Epos geworden. Zwerge und Elben mag es keine geben, magische Verwicklungen, urgewaltige Schlachten und den immerwährenden Kampf Gut gegen Böse dagegen schon. Wer High Fantasy im Stiel von Tolkien, Jordan oder Williams mag, der wird sich in der »Kryson«-Saga rasch eingelebt haben.
Mein anfänglicher Enthusiasmus schwand jedoch schnell. Denn abgesehen von der erhofften epischen Wucht erfüllte »Die Schlacht am Rayhin« kaum eine der Hoffnungen, die ich in das Buch gesetzt hatte.
Los geht es damit, dass Rümmeleins Roman ausgesprochen langatmig ist. Der Autor kann zweifelsohne mit Worten umgehen. Doch leider besitzt er eine ausgesprochen ausgeprägte Neigung zum Schwadronieren. Rümmelein erzählt, und erzählt, und erzählt. Er steigt mitten in der Handlung ein, nur um dann die Vorgeschichte viele, viele Seiten lang in Form einer geschichtsbuchmäßigen Abhandlung zu schildern. Und kaum hat man (endlich) die eigentliche Story erreicht, macht sich Rümmelein daran, jedes noch so unwichtige Detail haarklein zu beschreiben. Ob die Lebensgeschichten bestenfalls zweitrangiger Nebenfiguren oder Beschreibungen von Orten und geschichtlichen Ereignissen, seitenlang liefert der Autor einen Wust an Hintergrundinformationen. Zur Ausgestaltung seines Universums mag das ja wunderbar geeignet sein, der Story als solcher schadet es allerdings ungemein. Diese kommt und kommt nicht in Fahrt, sondern tröpfelt nur ganz gemächlich vor sich hin.
Gut, das muss nun ja nicht zwangsläufig schlecht sein, wie Robin Gates in seiner nur langsam voranschreitenden Erzählung »Sturm der Serephin«, dem Auftaktband seiner »Rundlandsaga«, eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat. Doch wenn eine schon bekannte Information innerhalb kürzester Zeit zum dritten Mal wiederholt wird, dann fängt dies schon an, dem Leser ein wenig auf die Nerven zu gehen. Und wo Gates' Roman mit interessanten und lebendigen Hauptfiguren glänzen kann, da sucht man diese in »Die Schlacht am Rayhin« vergeblich.
Der erste Band der »Kryson«-Saga macht deutlich: Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob man seine Protagonisten mit Inhalt (respektive Geschichte oder Hintergrund) oder mit Leben füllt. Inhalt alleine macht eben noch keine überzeugenden Charaktere aus, wie die Lektüre von »Die Schlacht am Rayhin« offenbart.
Keine Frage, Rümmelein gibt sich reichlich Mühe, seine Protagonisten mit einer Geschichte auszustatten. In ellenlangen Abhandlungen erzählt er von ihrem Äußeren und schildert ihren Lebensweg. Was er leider vergisst, ist, seine Personen auch mit echtem Leben auszustatten. Ob alt oder jung, gut oder böse, samt und sonders mangelt es den Figuren an echter Tiefe. Jede, aber auch wirklich jede Person wirkt wie eine leere Hülle. Emotionale Tiefe, Ecken und Kanten, markante Wesenszüge, all das lassen die stereotypen Protagonisten des Romans schmerzlich vermissen. Besonders fatal erweist sich dies für die Schurken des Romans, die zumeist strohdumm und schlichtweg böse sind. Im Grunde sind die Guten allerdings nicht minder simpel dargestellt. Schwarz-Weiß-Zeichnung der einfachsten Art langweilig.
Ein weiteres Problem des Romans sind die vielen Übertreibungen. Der Held des Buchs ist ein mächtiger Schwertkämpfer, der ungemein sympathisch, ungemein tapfer und ungemein stark ist. Er besiegt auch schon mal hunderte Gegner im Alleingang. Und die Schurken des Romans machen natürlich alles, was sie an finsteren, unmenschlichen Grausamkeiten nur so vom Stapel lassen können. Besonders atemberaubend wirken derartige Schilderungen nicht; eher das Gegenteil ist der Fall.
Eine simple Story, die der erzählerischen Wucht des Romans nicht gerecht wird, einfach gestrickte, leblose Charaktere und viel zu viele beschreibende Abhandlungen machen »Die Schlacht am Rayhin« zu einem Roman, der den Vorschusslorbeeren nicht gerecht wird. Keine Frage, Rümmeleins Buch lässt sich gut lesen, doch viel mehr wirklich Positives lässt sich über das Buch im Grunde nicht sagen.
Mit dem Auftaktband der »Kryson«-Saga werden sich wohl nur hartgesottene High Fantasy-Fans wirklich wohlfühlen. Allen anderen dürften die Geschichte zu einfach und der Erzählstil zu langatmig sein, als dass sie viel mit dem Buch anfangen können. Wer richtig gute High Fantasy sucht, der sollte lieber zu Romanen von Tad Williams oder David B. Coe greifen.
Abschließend möchte ich noch anmerken: Im Internet gehen die Meinungen über »Die Schlacht am Rayhin« weit auseinander. Meine Ansicht wird also ganz gewiss nicht von allen Lesern geteilt. Ich kann daher nur jedem raten, in das erste Kapitel des Romans (nicht den Prolog!) reinzulesen. Wem die Art und Weise, wie die Geschichte hier erzählt wird, gefällt, der dürfte dem Buch einiges abgewinnen können. Wem das allerdings zu ausschweifend und umständlich ist, der sollte besser die Finger von »Die Schlacht am Rayhin« lassen. Großartige Veränderungen im Stil erfährt die Erzählung nämlich nicht mehr.