Owen, Joanne - König der Marionetten

Joanne Owen - König der MarionettenKönig der Marionetten
Von Joanne Owen
Aus dem Englischen von Barbara Abedi
Illustriert von  Mutt Ink
Hardcover, 224 Seiten, € 14.90
ISBN 978-3-7855-6825-5
Veröffentlicht: September 2009
Loewe

Milenas Leben sind Marionetten: Eines Tages, das weiss sie, wird sie das Puppentheater ihres Vaters wiedereröffnen. Als ein fahrender Marionettenmeister in Prag Staton macht, kann Milena seiner Einladung zur Premiere nicht widerstehen. Sie ahnt nicht, dass der geheimnisvolle Mann sie längst dazu auserkoren hat, eine Hauptrolle in seinem teuflischen Plan zu spielen - einem Plan, der ihn zum König von Böhmen machen soll.


Bevor ich mich dem Inhaltlichen zuwende, ein Wort zur Gestaltung des Buchs.

König der Marionetten, obwohl nur 224 Seiten dick, wiegt angenehm schwer in der Hand - das liegt zum einen am stabilen Karton, der mit kunstvoll illustriertem Papier beklebt ist, sondern auch den Seiten des Romans, die aus - normalerweise nicht für Bücher verwendetem - weichen Glanzpapier bestehen. Es ist vielleicht nur eine Nebensächlichkeit, aber ich persönlich bin der Meinung, dass ein Buch auch gut "in der Hand" liegen sollte - und dieses tut das ganz hervorragend.

Beispiel InnenillustrationAuch optisch stellt König der Marionetten einen kleinen Augenschmauss dar. Ist schon die Umschlagillustration von Maria-Franziska Löhr rundum gelungen, macht es wirklich Freude die liebevollen und detailreichen Innenillustrationen von Mutt Ink zu betrachten. Dabei wurden hier nicht nur die Skizzen, sondern auch Briefe, Karten und Gedichte wunderschön gestaltet. Ein weiteres kleines Highlight des Buchs sind die Legenden, Märchen und Sagen, die Milena immer auf ein oder zwei Seiten nacherzählt. Optisch durch besondere Drucke dargestellt, fällt es dem Leser nicht schwer die eigentliche Handlung von Milenas Erzählungen zu unterscheiden. In anderen Roman gehen solche Dinge meist im Text verloren, oder verwirren den Leser so sehr, dass er nicht mehr weiss ob es sich nun um einen Teil des Buches handelt, oder etwas ganz anderes darstellt.

Bereits auf der Frankfurt Buchmesse im letzten Jahr hatte ich Joanne Owens Debütroman bewundert, jetzt aber, wo ich das Buch privat ganz ausgiebig  betrachten konnte bin ich regelrecht angetan - da könnte die Handlung noch so schlecht sein... ist sie aber glücklicherweise nicht.

Gefühlvoll erzählt Joanne Owen die Geschichte der Puppenspielertochter Milena, deren Mutter seit dem Tod ihres Vaters spurlos verschwunden ist. Seither lebt das Mädchen bei ihrer Großmutter Baba, die sich ebenso liebevoll um die Kleine kümmert, wie deren Tanten - die als "Weise Frauen" der Kräuterkunde nachgehen, und sich auf ein wenig die Magie verstehen. Milenas größter Wunsch ist es, eines Tages das ehemalige Puppentheater Ihres Vaters wiederzueröffnen, bis dahin allerdings muss noch etwas Zeit vergehen. Als ein Wandertheater in Prag Halt macht und die ganze Stadt neugierig auf das groß angekündigte Puppenspiel ist, will sich das natürlich auch Milena nicht entgehen lassen.

Die Geschichte nimmt zu diesem Zeitpunkt deutlich an Tempo auf, und mit großer Spannung verfolgt man nun das Abenteuer, in das Milena, ihre Familie und ihr bester Freund Lukas hineingezogen werden. Der Meister, der König der Marionetten, braucht Milena um den Thron Böhmens an sich zu reissen.

Die Mischung aus realen Legenden und Sagen des altertümlichen Prags und der fiktiven Fantasystory Owens macht den König der Marionetten zu einem sehr spannenden Roman, dessen mystisch-zauberhafte Handlung den Leser tief in seinen Bann zieht. Besonders die unterschiedliche Vorgehensweise von 'Gut und Böse' gefällt mir in diesem Buch sehr, da der Meister-Puppenspieler mit psychologischen Tricks und Massenhypnose versucht die Bewohner von Prag in lebende Marionetten zu verwandeln, während Milenas Tanten gewisse magische Fähigkeiten haben, mit denen sie Einfluss auf die Elemente und die Natur nehmen können. Das alles macht den König der Marionetten nicht zu einer rein magischen Geschichte, die es ja auf dem Markt mittlerweile zu Haufe gibt.

Leider ist Owens Roman viel zu schnell ausgelesen, das Ende aber ist keineswegs zu schnell herbeigeführt und - bis auf die Tatsache das wohl keine Fortsetzung geplant ist - äusserst zufriedenstellend.

Lobend erwähnen möchte ich ebenfalls, dass bei diesem Buch auch nicht an Hintergrundinformationen gespart wurde. Gleich zu Beginn findet der Leser eine übersichtlich gestaltete Inhaltsangabe, die in fünf Akte aufgeteilt ist. Direkt im Anschluss gibt es noch einige Details über die zehn wichtigsten Charaktere, und im Anhang befinden sich neben Hinweisen zur tchechischen Aussprache, noch ein tchechisches Namensregister, Anmerkungen zu den Illustrationen, interessante Ausführungen über die tchech. Marionettentradition, ein ausführliches Glossar, einige Worte der Autorin über  Inspiration und Legenden und natürlich eine Kurz-Bio über Joanne Owen selbst.

Ich kann König der Marionetten wirklich wärmstens empfehlen - bestens geeignet für Jugendliche und Junggebliebene.
 
 
 
Bildquelle: Archiv der Autorin

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