Urban, Lars/ Parrish, Michael J.: Torn, Band 27 - Nach dem Cho'gra
Meine Bedenken haben sich als unnötig erwiesen. Urbans »Torn«-Debüt ist im Großen und Ganzen gelungen. Ein echter Überflieger ist »Nach dem Cho'gra« zwar nicht geworden, doch das liegt eher an der Story als solcher denn an der Schreibe Urbans.
Doch immer der Reihe nach. Starten wir zunächst mit dem Inhalt des Buchs.
Nachdem sich Christian Montillon im 26. »Torn«-Abenteuer ganz auf den Charakter der Wanderin Nara Yannick konzentriert und die dramatischen Geschehnisse des Vorgängerbandes außen vor gelassen hat, knüpft »Nach dem Cho'gra« unmittelbar an die Ereignisse aus dem wegweisenden Roman »Zeitendämmerung« an. Wir erinnern uns: Das Buch endete mit der Zerstörung sowohl des Cho'gras als auch der Festung am Rande der Zeit. »Nach dem Cho'gra« schildert die die direkten Konsequenzen der Katastrophe, die das Omniversum in seinen Grundfesten erschüttert hat.
Die Trümmer der Wandererfestung sind aus dem Numquam geschleudert worden und treiben nun im Immansium, der Dimension der Sterblichen. Den Wanderern bleibt kaum genug Zeit, ihre neue Lage ausreichend zu erfassen, da machen sie eine schreckliche Feststellung: Die Überreste der Festung befinden sich im Schwerkraftfeld eines bewohnten Planeten und drohen, auf diesem niederzugehen. Die Folgen der Zusammenpralls sowohl für die Wanderer als auch für die Bewohner der Welt katastrophal, weshalb Torn und seine Gefährten alles in ihrer Macht Stehende tun, um den Absturz der Festungsüberreste zu verhindern.
Auch an den Grah'tak ist die Erschütterung des Omniversums nicht spurlos vorüber gegangen. Während Carnia weiterhin im Körper des wahnsinnigen Spinnendämons Shizophror gefangen ist und mit den übrigen verlorenen Seelen um die Vorherrschaft über die körperliche wie geistige Kontrolle des Untiers kämpft, möchte Mathrigo, der einstige Herrscher des Cho'gra, die Gunst der Stunde nutzen und seine alte Machtposition wiedererlangen. Mit Hilfe der wiedererweckten Legion des Grauens setzt er alles daran, seine Schreckensherrschaft erneut zu etablieren ...
Entgegen meiner anfänglichen Befürchtungen konnte mich Urban mit seinem »Torn«-Erstling davon überzeugen, dass er sich tatsächlich sehr gut ins Autorenteam einfügt. Sein Stil lässt sich durchaus mit dem von Parrish und Montillon vergleichen. Etwas weniger dramatisch als Parrish und etwas weniger direkt (manch einer mag auch etwas weniger brutal dazu sagen) als Montillon, besticht Urbans Erzählweise durch ausdrucksstarke Beschreibungen und glaubhafte Personenzeichnungen. Einzig hinsichtlich der Vermittlung des Grauens, das von den Grah'tak ausgeht, gibt es noch einige Defizite; hier stehen seine Schilderungen deutlich hinter denen von Parrish und Montillon zurück. Ich bin gespannt, wie sich dies in zukünftigen Werken Urbans entwickeln wird.
Zur Story des Romans: Mit den hochdramatischen Ereignissen zum Ende von Band 25 wollten die Macher von »Torn« des Status Quo der Serie gewaltig ins Wanken bringen. Das ist ihnen zweifelsohne auch gelungen. In welche Richtung es nun weitergehen soll, das kommt zumindest in diesem Band allerdings noch nicht so recht zum Ausdruck.
Torn und die restlichen Wanderer versuchen, die Kollision der Festungstrümmer mit dem Planeten Ceyffar zu verhindern. Carnia versucht, ihre Führungsrolle unter den Grah'tak dadurch zurückzugewinnen, dass sie sich im Körper Shizophrors als Verbrecherin betätigt. Klingt bizarr? Finde ich auch; wenn es jemals eine Storyline bei »Torn« gegeben hat, die mich ziemlich verwirrt zurückgelassen hat, dann diese. Mal schauen, was sich die Autoren hierzu in kommenden Romanen so alles einfallen lassen ... Und Mathrigo werkelt weiter an seinen Plänen für seine triumphale Rückkehr als Alleinherrscher über alle Dämonen im Immansium ein Unterfangen, das er mittlerweile eine gefühlte Ewigkeit verfolgt, ohne dabei allzu große Schritte in Richtung Verwirklichung zu machen. Es passiert so einiges in »Nach dem Cho'gra«. Wohin das schlussendlich aber führen soll und wie der Kampf der Wanderer gegen die Grah'tak zukünftig aussehen wird, das steht zurzeit noch in den Sternen.
So kommt es, dass sich die Handlung in der ersten Hälfte des Romans ohne echtes Ziel vor den Augen des Lesers abspult. Echte Spannung macht sich erst im zweiten Teil bemerkbar, wenn sich die Verwirrung alles Beteiligten ob der neuen Situation ein wenig legt und insbesondere die Wanderer wieder zielgerichteter handeln. Begeisterung stellt sich bei der Lektüre allerdings erst gegen Ende ein, wenn es endlich wieder zu einer Konfrontation des Wandererkorps mit den Grah'tak kommt und dem Leser einige äußerst mysteriöse Rätsel präsentiert werden, deren Auflösung reichlich Spannung für die Folgebände verspricht.
»Nach dem Cho'gra« ist ein zwar nicht überragendes, aber doch sehr ordentliches »Torn«-Abenteuer geworden, mit dem Urban einen überzeugenden Einstand im Autorenteam abliefert. Ein wenig düsterer hätte das Buch zwar durchaus ausfallen können, doch immerhin gewinnt der Roman nach einem etwas langatmigen Beginn mehr und mehr an Fahrt, weshalb die Lektüre mit zunehmender Seitenzahl immer besser zu gefallen weiß. Alles in allem ein Werk, das Fans der Serie weitestgehend zufrieden stellt, das aber durchaus noch Luft nach oben lässt für die folgenden Romane des neuen Handlungsabschnitts in der Chronik der Wanderer.
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