Hohlbein, Wolfgang: Unheil

coverUnheil

von Wolfgang Hohlbein

Piper Hardcover

erschienen November 2007 (Deutschland)

638 Seiten, 19.90 €

ISBN: 978-3-492-701-563

Wer hin und wieder die Rezensionen auf der Seite des Zauberspiegels liest, der ist bestimmt auf die Kritik von Oliver Fröhlich zu Stephen Kings Qual gestoßen. Was mich an ihr besonders faszinierte, war die Aussage darüber, dass, wann immer King ein neues Buch veröffentlicht, es eine Reihe von Menschen gibt, die „genervt aufstöhn[en]“, während die andere Gruppe, zu der Oliver sich selbst zählt, „verzückt aufjubelt“. Dieser Einstieg in die Rezension hat mir echt gut gefallen, weshalb ich ihn jetzt einfach mal für meine Rezension verwende.

Nee, mach ich natürlich nicht, wäre ja auch irgendwie langweilig.

Aber so unglaublich es klingt: Olivers Aussage passt perfekt, ich könnte sie glatt übernehmen und müsste nur den Namen des Autors austauschen. Denn auch hier in Deutschland gibt es einen Schriftsteller, den man entweder hasst oder liebt und der immer wieder Gegenstand heftiger Kontroversen ist: Ich rede natürlich von Wolfgang Hohlbein.

Die Aussagen zu seinen Werken könnten nicht unterschiedlicher ausfallen. Die einen verachten alles, was Hohlbein schreibt, die anderen sind hellauf begeistert. Und da ich Olivers Einstieg glatt übernehmen könnte, ratet mal, zu welcher Gruppe ich wohl gehöre...?

Aber genug der Vorrede, zu Hohlbeins neustem Buch: Unheil.

Die Polizistin Conny und ihre Kollegen jagen einen brutalen Serienkiller, dem schon eine Reihe von jungen Frauen zum Opfer gefallen ist. Bestialisch tötet er sie, lässt sie langsam verbluten. Die Medien nennen ihn den „Vampir“, ein Monster, das scheinbar nicht zu fassen ist.

Da erhält Conny einen geheimnisvollen Tipp per Email. Obwohl sie zunächst skeptisch ist und nicht weiß, ob es sich bei der Mail nicht einfach nur um einen dummen Scherz handelt, geht sie dem Hinweis nach, dass sich der „Vampir“ in einer bestimmten abgelegenen Disco, einem Treffpunkt der Goth-Szene, aufhalten soll.

In der Disco trifft sie auf einen unheimlichen Fremden namens Vlad, der sich als ihr Informant entpuppt – und auf den Killer, hinter dem sie her ist. Dies ist der Beginn eines mörderischen Albtraums, der Conny für immer verändern wird...

Wolfgang Hohlbein bedient sich, mal wieder, der Thematik der Vampire. Bereits mit Dunkel und der Chronik der Unsterblichen (wenn man einmal von dem schrecklich schlechten sechsten Band Die Blutgräfin und dem merkwürdigen Mini-Band Blutkrieg absieht) hat er bewiesen, dass er sich gut auf diese versteht und den Leser packen und an die Geschichte fesseln kann. Das gelingt ihm auch mit Unheil perfekt. Man will das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen.

Um eines vorneweg zu sagen: Unheil ist ein zu 100 % typischer Hohlbein. Ich hätte schon nach den ersten paar Sätzen sagen können, dass der Thriller von ihm stammt. Die für ihn so spezifischen Satzkonstruktionen, der ausgedehnte Einblick in das Innenleben der Protagonistin Conny, die bizarre Mischung aus Realität und Grauen, von dem man nie weiß, ob es nun real oder nur eine Einbildung ist – es ist alles da. (Warum der Verlag behauptet, das Werk wäre so unglaublich schnell und rasant, also so völlig anders als Hohlbeins vorherige Bücher, kann ich mir nicht erklären. Der Stil des Autors, wie man ihn aus der Apokalypse-Triologie, Anubis oder Die Rückkehr der Zauberer kennt, hat sich nicht verändert.)

Da es gerade dieser Stil ist, den Hohlbeins Kritiker immer wieder bemängeln, lässt sich auch in diesem Thriller durchaus eine Menge finden, das kritisiert werden kann. Mal wieder deutet Hohlbein mehr Sachen an, als er sagt, und hin und wieder vermisst man die eine oder andere klare Aussage, in der einfach mal ganz deutlich zum Ausdruck gebracht wird, was eigentlich läuft. Einige Passagen wirken absolut unglaubwürdig (ich sage nur mal die Worte „Alter“ und „körperliche Fertigkeiten, besonders in jungen Jahren“), und an der einen oder anderen Stelle hätte ein wenig mehr Tempo echt nicht geschadet. Auch passiert es durchaus mal, dass Personen sich entgegen der Wesenszüge verhalten, die ihnen zuvor angedichtet wurden, und gegen Ende fällt der Roman ein wenig ab.

Doch dem Lesevergnügen tut dies eigentlich keinen Abbruch. Die Story ist spannend, atmosphärisch dicht und fesselt von Beginn an. Das Buch lässt sich gut und flüssig lesen, Hohlbeins Art zu schreiben lässt einen nicht zur Ruhe kommen und treibt die Handlung unerbittlich voran. Routiniert verbindet er Realität und Einbildung miteinander, so dass man sich manchmal selbst fragt, wie viel von dem, was gerade passiert, nun wirklich geschehen ist und was sich nur in den Köpfen der Protagonisten abgespielt hat. Und trotz des zeitweise mangelnden Tempos hat man immer das Gefühl, einen Thriller zu lesen, der sich erbarmungslos dem großen Finale nähert. So muss Spannungsliteratur sein.

Okay, damit wären wir auch schon beim Fazit:

Unheil ist, wie bereits erwähnt, ein Hohlbein-Buch durch und durch. Wer Azrael, Dunkel oder Horus gelesen hat, weiß, was ihn erwartet (nicht storymäßig natürlich, sondern vom Stil her!). Ich mochte diese Bücher, und deshalb hat mir auch Unheil wirklich gut gefallen. Es bleibt aber bei der einfachen Feststellung: Wer mit Hohlbeins Werken bisher nichts anfangen konnte, den wird dieser Thriller mit Sicherheit nicht vom Gegenteil überzeugen. Allen anderen, die Hohlbein mögen, oder denjenigen, die noch nie was von ihm gelesen haben, sei das Buch empfohlen. Auch Fans von Vampirliteratur können ungeniert zugreifen und dann heftig über das Bild der Blutsauger diskutieren, das hier entworfen wird.

Oliver hat gesagt, dass Stephen King einen manchmal Kopf schüttelnd zurücklässt, weil das Buch, das man gerade gelesen hat, einfach nur merkwürdig war. Für Hohlbein gilt dasselbe, in gewissem Sinne auch für Unheil, das einfach nicht alle aufgeworfenen Fragen beantwortet und viel der Fantasie überlässt. Doch genauso, wie Oliver gebannt auf den nächsten King wartet, warte ich gebannt auf den nächsten Hohlbein. Da mögen andere rummäkeln, wie sie wollen, mir gefällt das, was er schreibt, enorm gut.

Ach ja, Fans...

(Sollte diese Rezension jetzt nicht allzu objektiv ausgefallen sein, möchte ich mich bei allen, die sich daran stören, aufrichtig entschuldigen, aber wie gesagt: Ich bin ein Fan, und das Buch ist nun mal ein waschechter Hohlbein, ganz, wie ich ihn liebe.)

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