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Eine ziemlich beknackte Idee - Ronco: Kindheit und Jugend eines Westernhelden ... (1)

Ronco - Die TagebücherEine ziemlich beknackte Idee
Ronco: Kindheit und Jugend eines Westernhelden ... (1)

Da gab es einmal eine Westernserie, die verdammt erfolgreich war. Mastermind des Erfolges war Dietmar Kuegler, der dafür verantwortlich zeichnete, dass die Serie nach eher durchwachsenem Start in vierbändigen Mehrteilern erzählt wurde. Die Leser nahmen diese Idee an. Dann rückte der Band 100 näher. Normalerweise erscheinen da Gegner oder die Serie bekommt einen besonderen Wendepunkt. Kuegler hatte für das erste Jubiläum eine »bescheuerte« Idee ...

Dietmar KueglerWie Dietmar Kuegler im Interview mit dem Zauberspiegel (... Dietmar Kuegler über ein goldenes Jubiläum, Ronco in jungen Jahren und das Tagebuch) erzählte war Ronco nur einer, der geächtet war und seinen Häschern letztendlich immer wieder entkam. Dazu hinterließ er in der Regel einen Ort, der ein Stück besser war. Alltag fr einen Hefthelden. Aber woher Ronco kam, was ihn ausmachte und was den Mann geformt hatte, das wusste der Leser nicht und die Autoren hatten davon auch nur vage Vorstellungen.

Kuegler stieß in jungen Jahren zu der Serie. Er war Anfang 20, als er Mastermind der Serie wurde. Mit Sicherheit ein Vorteil für die Ronco-Serie. Kuegler war noch nicht durch die Vorgaben an einen Western konditioniert. Er hatte Ideen, die die Konventionen des klassischen Westernheftes sprengte. Es war Kurt Bernhardts Idee, dass Ronco auf Fortsetzungen und Minizyklen basieren sollte. Der junge Kuegler war der ideale Mann, diese Idee in die Tat umzusetzen. Er war noch nicht gefangen im klassischen deutschen Western und sein Konventionen, als dass er nicht immer wieder nach von der Norm abweichenden Lösungen suchte. Mag sein, dass er sich die Hörner noch nicht abgestoßen hatte. Vielen Autoren wurde, wenn sie mit abweichenden Ideen kamen, gerne gesagt, dass das nicht funktionieren und den Erwartungen der Leser entsprechen würde. Diese Erfahrungen haben so einige Autoren gemacht.

Bei Pabel traf er redaktionsseitig auf drei Männer, die offen waren für abweichende Ideen. Neben Kurt Bernhardt waren das Werner Müller-Reymann (der leider an seinem 50. Geburtstag verunglückte) und Rainer Delfs, die ihn nicht nur bei Ronco förderten. Auch, wenn man mich die Westwind-(Mini-)Serie (Als der Westen noch richtig wild war ... - Dietmar Kueglers Westwind›Clash of the Cultures‹ im ›Wilden Westen‹ - Dietmar Kueglers Westwind Bände 3 und 4, ›Mountain Men‹ und ›Indianer‹ im ›Wilden Westen‹ - Dietmar Kueglers »Westwind« Bände 5 - 7) ansieht oder auch den Roman »Kriegstrommeln am Mohawk« (aus der Autorenreihe »John Gray« [John Gray Titelliste] mit Neuauflage 2019 bei Blitz), waren das von den klassischen Handlungen abweichende Themen, die ohne wohlwollende Aufnahme vonseiten des Verlages kaum veröffentlicht worden wäre. Westwind befasste sich mit der Zeit des Pelzhandels und der beginnenden Besiedlung des Westens. Die »Kriegstrommeln am Mohawk« spielten noch vor dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Beides Themen, die im Western eher gar keine Rolle spielten. Der Western spielt traditionell zwischen dem Bürgerkrieg und dem beginnenden 20. Jahrhundert. Cowboys, Hüte, Rinder, Sheriffs, Marshalls, wilde Städte, Kavallerie, ein paar Indianer (zumeist als Bösewichter) zur Deko und ab und zu einem Raddampfer auf dem Missispippi sind das gängige Inventar. Das ist der Western im deutschen Heft. Man kann fast das ganze Western-Genre im Heft auf ein knappes Dutzend Archetypen herunterbrechen.

Kuegler und seine Redakteure bei Pabel waren immer offen für das Sprengen der Ketten des Western, zumindest was Kueglers Angebote angeht. Zum einen war Kuegler gut darin sich mit der US-amerikanischen Geschichte auszukennen und zum anderen ein guter Autor. Kompetenz, Talent und regelmäßige Produkt war eeine Mischung, die auch Redakteure begeistert. Schon beim Ronco scheint diese Kombination Eindruck geschunden zu haben.

Zurück zu Ronco  ... und seinen frühen Tagen

Dieses (oben beschriebene) Heldenbild als Projektionsfläche für den Leser, quasi als leere Leinwand, eint Ronco nicht nur mit den gängigen Westernhelden, sondern ist Praxis in den unterschiedlichen Ausprägungen des Heftromans. Der Held (ob Geisterjäger, Polizist, Arzt, Förster oder was auch immer) ist da und erledigt seine Ausgaben auf knapp sechzig Seiten und das Woche für Woche (oder alle vierzehn Tage). Manchmal wird in einem Nebensatz erwähnt, dass der Held dieses oder jenes kann, weiß oder beherrscht. Aber ein so richtiges Bild ergibt das nicht. Der Held ist in der Regel eben die Projektionsfläche für den Leser. Dafür braucht er/sie/es keinen ausgefeilten Hintergrund oder eine Geschichte. Es reicht, er ist da - so das gängige Bild eines Hefthelden. Ein (zumeist blondes) Wundertier mit nur wenigen Eigenschaften. Das ist alles? Nein, Kuegler dachte an mehr.

Kuegler befand, als es auf das erste Jubiläum der Serie, den Band 100, zuging, in seinem jugendlichen Überschwang, dass Romane um Kindheit und Jugend zu schreiben wären, die Ronco letztlich mit einem Hintergrund versahen. Er schrieb also ein Exposé und er stieß im Verlag auf Gegenliebe. Das mag überraschen, aber die Serie war mit der Übernahme durch Kuegler zum erhofften Erfolgsmodell mutiert. Der Mann hatte ein gutes Standing. Das Echo auf die Serie, das Feedback durch die Leserschaft und die Zahlen am Kiosk waren hervorragend, so dass gute Chancen bestanden, eine auch durch die Instanzen zu bringen.

Normalerweise bringt man zu einem Jubiläum einen besonderen Gegner zur Strecke, schließt etwas Bedeutendes ab oder beginnt damit. Und man bringt eine besondere Trilogie. Jedenfalls passiert - in der Regel - zum Jubiläum etwas Besonderes.

Aber Kuegler  wollte etwas Besonderes, aber nicht in dem Sinne, den Bodycount hochzuschrauben oder einen besonderen Gegenspieler einzuführen. Er wollte wirklich eine Sub-Serie im Ronco integrieren, eine Sub-Serie, die die Kindheit und Jugend Roncos schildern sollte.

Und er stieß auf Gegenliebe ...

Sehen wir uns in der kommenden Woche an, wie das geklappt hat und sehen auf die Neuauflage des Blitz Verlages

Kommentare  

#1 Advok 2019-02-17 20:30
Hm …
"Kuegler befand, als es auf das erste Jubiläum der Serie, den Band 100, zuging, in seinem jugendlichen Überschwang, dass Romane um Kindheit und Jugend zu schreiben wären, die Ronco letztlich mit einem Hintergrund versahen. Er schrieb also ein Exposé und er stieß im Verlag auf Gegenliebe. Das mag überraschen, aber die Serie war mit der Übernahme durch Kuegler zum erhofften Erfolgsmodell mutiert. "


Ganz so blauäugig bzw. jugendlich-überschwenglich waren weder Autor noch Verlag. Die Ronco-Jugendbände hatten einen Vorläufer: Ronco Band 64. Hier wird nach "Roncos Tod" (Band 63) die Jugend von Lobo erzählt. Ich bin mir sicher, dass sowohl Band 63 wie auch Band 64 sehr viele Leserbriefe generiert haben. Und für so was dürfte Kurt Benhardt, wenn man andere Quellen glauben schenkt, sehr empfänglich.

Die Jugendabenteuer Roncos, beginnend 36 Romane später (also genügend Vorlauf), düften dann eine logische Folge gewesen sein. Also "beknackt" ist was anderes. "Genial" trifft es eher, immerhin hat die Serie durch die Subserie Leser angesprochen, die darüber hinaus keine Western gelesen haben.
#2 Dietmar Kuegler 2019-02-17 21:59
Lieber Herr Advok,
Sie haben gewiß recht, daß ich nicht "blauäugig" bin, aber Sie dürfen mir glauben, daß der von Ihnen entdeckte "Zusammenhang" nicht existierte.
Erstens finde ich es toll, daß Sie diese Geschichte entdeckt haben. Aber: Ich habe das selbst nicht mehr gewußt, und ich versichere Ihnen, daß ich das schon 1974 nicht mehr gewußt habe. Wenn ich einen Exposé-Zyklus abgehakt hatte, kam der nächste - und was vorher gelaufen war, habe ich verdrängt. Ich habe es verdrängen müssen, sonst wäre ich im Kopf meschugge geworden. Ich mußte mein Hirn immer frei halten, um bereit für die nächsten Geschichten zu sein.
Ob Sie mir es nun glauben oder nicht - ich schwöre hoch und heilig, daß die Jugendgeschichte Lobos nicht die geringste Rolle bei der Entwicklung der RONCO-Tagebücher gespielt hat.
Da ich alle Leserbriefe bearbeitet habe, kann ich Ihnen auch versichern, daß diese Story kaum eine überdurchschnittliche Resonanz hatte.
Auch wenn ich mich nicht mehr an die einzelnen Roman-Zyklen erinnern kann - an die Gespräche mit Kurt Bernhardt und die redaktionellen Diskussionen kann ich mich sehr gut erinnern. Da hat dieser erwähnte RONCO Bd. 64 nicht die geringste Rolle gespielt.
So war es, so und nicht anders. Es gab keinen Zusammenhang. Aber ich bin wieder einmal zutiefst beeindruckt, wie hoch der Kenntnisstand der Sammler und Leser über den Inhalt der Romane ist. Damit übertreffen Sie mich als den ehemaligen "Macher" erheblich.
#3 Harantor 2019-02-17 22:08
Ich habe gerade nochmal Rücksprache mit Dietmar Kuegler genommen. Und bevor ich das hier ausführe hat Dietmar das schon erledigt.
#4 Advok 2019-02-17 23:06
Danke für die Erklärungen. Da habe ich wohl zu viel hineininterpretiert.
Die Theorie habe ich bereits vor einigen Jahren hier im Zauberspiegel aufgestellt: zauberspiegel-online.de/index.php/western-mainmenu-14/gedrucktes-mainmenu-169/19888-der-heftroman-die-nr-1-ronco-der-geaechtete-sonderband
#5 Rüdiger 2019-07-13 10:57
In einem Interview Dietmar Kueglers mit dem Blitz-Verlag stehen Sätze wie diese:

"Es geht darum, das Interesse und die Gefühle anderer Menschen zu erreichen, ihr Leben zu berühren.
Es ging mir – wie Karl May – nie um das oberflächliche Abenteuer, sondern um eine gewisse Tiefe der Handlungen und Charaktere. Das ist auch im leichten Unterhaltungsroman machbar. Man muss es nur wollen."

und

"Was ich veröffentlicht habe und noch heute veröffentliche, bin ich selbst, entspricht meiner Persönlichkeit, ist nicht irgendein Stoff aus der Retorte, der „passend gemacht“ wurde."

Und das ist das Geheimnis seines Erfolgs ...

Karl May drückte es seinerzeit so aus:
"Soll ein Buch seinen Zweck erreichen, so muß es eine Seele haben, nämlich die Seele des Verfassers. Ist es bei zugeknöpftem Rock geschrieben, so mag ich es nicht lesen.“

That's ist.

Ich habe in den letzten Monaten eine Handvoll Westernhefte anderer Autoren angefangen zu lesen und in mehreren Fällen die Lektüre nach vielleicht einem Dutzend Seiten abgebrochen.
Kueglers Romane aber lese ich sehr gern, derzeit einen nach dem anderen ...

Neben oben genannten Aspekten wie 'Herz', 'Seele' (oder wie immer man es nennen mag ...) noch etwas: die Geschichten sind in gewisser Weise zeitlos aktuell; ich schmecke sozusagen weltanschauliches durch, die Geschichten sind übertragbar ... z.B. sind Dinge wie ein klarer Kopf und illusionsloser Blick auf die Dinge heute wie im 'Wilden Westen' eine feine Sache ...

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