Doomsday
Doomsday
mit Rhona Mitra,
Bob Hoskins, Adrian Lester, Alexander Siddig, David OHara, Malcolm McDowell,
Craig Conway u.a.
Regie und Drehbuch: Neil
Marshall
Kamera: Sam
McCurdy
Bildschnitt: Andrew
MacRitchie, Neil Marshall
Musik: Tyler Bates
Produktionsdesign: Simon
Bowles
Kostüme: John
Norster
circa 109 Minuten
England-USA
/ 2008
Kinostart am 12. Juni
Neil Marshall hat sehr hochgesteckte
Ambitionen, ein Werk dieser Größenordnung auf die Leinwand zu bringen. Die
Konsequenz, mit der er von einem Vorbild zum nächsten wandelt ist
bewundernswert. Doch erstaunlicher ist sein Gespür auf der richtigen Seite der
unsteten Linie zwischen Hommage und peinlichem Plagiat zu bleiben. Die ersten
anerkennenden Lacher kommen schon am Anfang, bei dem sich die Eröffnungssequenz
von Die Klapperschlange Escape from New York wiederholt. Unverkennbar und
doch auf dem neuesten Stand der Technik. Regisseur und gleichzeitiger Autor
Marshall verführt seinen Kameramann Sam McCurdy sogar zu Kamerafahrten,
identisch mit John Carpenters Original, wie das Bild von einem Wachsoldaten
entlang hoch über die Mauer mit dem sich öffneten Blick in das abgeriegelte
Gebiet. Marshall weiß was er tut und er tut es gut.
Die Begriffe Kultfilm und
Klassiker sind längst aufgebrauchte Worte, die schon vor Jahren ihre Wertigkeit
verloren haben. Doch Escape from New York und die Mad Max Filme haben diesen
Status noch ehrlich verdient und kann ihnen auch nicht mehr streitig gemacht
werden. Das zwei Nebendarsteller des Öfteren in einem Satz mit Carpenter und
Miller, wie Max-Macher George Miller, angesprochen werden, dürfte nicht
unbedingt Zufall sein. Etwas mehr Vorsicht mit den Worten Kult und Klassiker
muss man da bei 28 Days Later und seinem Nachfolger walten lassen, aber
Marshall klaut nur bei den Besten und dazu gehört Danny Boyles zweiteilige
Zombie Variation allemal.
In Glasgow bricht ein
nicht unter Kontrolle zu bringender Virus aus, der jeden infizierten innerhalb
kürzester Zeit elend sterben lässt. Der Norden Englands wird hermetisch
abgeriegelt, mit einer Mauer umsäumt und eine einfache Regeln aufgestellt
richtig: Einmal drin kommst du nie wieder raus. Dreißig Jahre später
taucht der Virus im Zentrum Londons wieder auf. Eine Spezialeinheit unter
Führung der unwiderstehlichen, aber knallharten Eden Sinclair wird in den
abgeschotteten Norden geschickt, denn in dem ehemals kontaminierten Gebiet gibt
es sehr wohl noch Überlebende. Aus politischen Gründen wurde das Wissen um
Überlebende der Katastrophe verschwiegen, aber nun könnte mit Hilfe der Immunen
des Nordens ein Gegenmittel gefunden werden. Und niemand anders, als eine Frau
mit so einem Namen wie Eden Sinclair könnte diese Aufgabe bewältigen. Das Team
hat 48 Stunden. Werden sie es schaffen?
Trotz aller Plagiate,
sollte man sich vorsichtig sein, denn ob Eden Sinclair ihren Auftrag so richtig
erfüllen kann, muss nicht sein. Oder vielleicht doch. Da sollte man sich
überraschen lassen. Neil Marshall hat einen Film geschaffen, der einfach nicht
ernst genommen werden darf, wenn er funktionieren soll. Die Ankündigung, es
wäre ein sogenannter Party-Film trifft es dabei ziemlich genau. Wenn dieses
Zitatenwerk vom Resident Evil Modus zuerst auf Mad Max beyond Thunderdome
hochschaltet und dann mit brachialer Gewalt The Road Warrior wie ein
abgenutztes Bobby-Car aussehen lässt, dann ist tatsächlich Party-Stimmung
angesagt.
Zweifellos gibt es sehr
bedauerliche Fehlentscheidungen von Seiten der Inszenierung. Die Mörder-Brut um
den, nur für seine Anhänger charismatischen, Sol (Graig Conway) sind in ihrem
Punk-Outfit vollkommen überholt und selbst als Referenz nur noch extrem nervig.
Die - den Handlungsverlauf entscheidende - Mittelalter-Sequenz schließlich,
verlangt sehr viel Toleranz, um den einnehmenden Streifen nicht kippen zu
lassen. Sehr auffällig ist auch die, wann immer benötigte, Unfähigkeit von
Soldaten in Sinclairs Team, damit eine schnelle und Effekte beladene
Dezimierung stattfinden kann. Doch zu zugegeben bleibt, dass jeder teuer
produzierte A-Klasse Film aus dem Studiosystem meist weit schlimmere
inhaltliche Fehler begeht.
Technisch ist Doomsday
auf dem höchsten Stand. Die Arbeit der Stuntleute ist atemberaubend und zur
Freude des sogar verwöhnten Cineasten sieht und erlebt man die menschlichen
Leistungen, die ohne Computereffekte auskommen. Bilder, Schnitt, Ton und
Musikauswahl sind eine sich wirklich ergänzende Einheit. Dass für diesen Film
ein Budget von nur 30 Millionen Dollar zur Verfügung gestanden haben soll, will
man während und nach den sehr kurzweiligen 109 Minuten wirklich nicht glauben.
Rhona Mitra gehört jetzt wahrlich nicht zur Krone der schauspielernden
Schöpfung, doch in ihrer stets hauteng anliegenden Kleidungswahl, kann sie sich
durchaus sehen lassen. Serienjunkies dürfte die attraktive Brünette aus The
Practice, dessen Spin-Off Boston Legal und Nip/Tuck längst den Kopf
verdreht haben. Leider fällt in entscheidenden Mensch gegen Mensch Begegnungen
auf, das sie ihre Kampftechnik nicht so beherrscht, wie sie man ihrem Aussehen
nach vermuten möchte. Doch Andrew MacRitchie, mit Unterstützung von Neil
Marshall selbst, fängt das mit schnelleren Schnitten und Shutter-Effekten
locker auf.
Trotz der durchweg
positiven Eigenschaften und Qualitäten, darf man nicht vergessen, das
Doomsday ein strikter B-Movie ist, der gerade mit Stilmitteln kokettiert, die
viele andere Filme so schlecht macht. Er ist kein glatt geleckter Streifen, der
jedem gefallen will, sondern ausschließlich für Kinogänger gemacht ist, die
vollkommen loslassen können. Truffaut und Coppola verwöhnte Popcorn-Verweigerer
könnten Neil Marshalls Film innerhalb kürzester Zeit in Schimpf und Schande
zerreißen. Das hätte er aber nicht unbedingt verdient.
Wie
sollte es auch anders sein, auch dieser Film hält es sich sehr, sehr offen, ob
er noch einmal seine Helden und sein Thema für eine Zweitverwertung aufgreifen
möchte. Absehbar, das dann soviel Budget im Spiel sein wird, das der Nachfolger
wahrscheinlich das Flair verlieren wird, welches Doomsday zwecks seiner teils
schrägen Mangelhaftigkeit so sympathisch gemacht hat.
Mainstream
Der Film
wurde im Rahmen des Fantasy-Filmfest-Weekend in sieben Städten mit jeweils nur
einer Vorstellung gezeigt. Der offizielle Starttermin ist voraussichtlich 28.
August 2008.