Ange/Varanda: Hölle - Das verlorene Paradies 1

Ange/Varanda: Hölle - Das verlorene Paradies 1Hölle
Das verlorene Paradies Band 1

(Paradis Perdu: Enfer)
Autor: Ange
Zeichner: Alberto Varanda
aus dem Französischen von Tanja Krämling
erschienen: 2006 (Deutschland)
46 Seiten, 12.80 €
ISBN: 978-3-939823-00-1
Splitter Verlag


Gabriel ist ein Engel, doch außer dem Namen hat er mit dem mächtigen Erzengel wenig gemein. Er ist lediglich ein Wächter, also ein Engel weit unten in der Hierarchie. Seine Aufgabe besteht darin, eine der vielen Passagen zu überwachen, die den Übergang von der Erde zur Hölle markieren.

Bislang hat Gabriel seinen Job pflichtbewusst ausgeführt, doch an diesem Tag ändert sich alles.

Als er die Höllenpforte in einer Pariser Metrostation kontrolliert, kann er gerade noch verhindern, dass sich ein Junge namens Julien auf den Weg in die Unterwelt begibt. Auf seiner Rettungsmission macht er eine erschreckende Entdeckung: Die Dämonin Anya, in die er verliebt ist, wird in Ketten von Dienern der Finsternis abgeführt. Von nun an hat Gabriel nur noch ein Ziel vor Augen: Er will Anya retten. Es gibt jedoch nur einen Weg, wie ihm dies gelingen kann: Er muss im wahrsten Sinne des Wortes durch die Hölle gehen.

Hölle ist der Auftaktband zur vierteiligen Reihe Das verlorene Paradies, einem düsteren Mix aus Fantasy und Horror, der ein echtes Highlight für jeden Dark Fantasy-Fan darstellt. Dem Autoren-Duo Ange und dem Zeichner Alberto Varanda ist es gelungen, einen mitreißenden, atmosphärisch enorm dichten Comic zu erschaffen, der den Leser mitnimmt auf eine Reise durch eine bedrückende, finstere Welt.

Rein von der Story her betrachtet mag die Faszination, die das Album ausübt, ein wenig seltsam anmuten. Handlungstechnisch ist der Comic zwar durchaus interessant; langjährige Fans dunkler Spannung wird die Geschichte allerdings kaum überraschen. Ein Engel, der sich zu einer attraktiven Dämonin hingezogen fühlt, ein Mensch mit einem Schicksal, das den Lauf der Geschichte für immer verändern könnte, ein uralter Konflikt, der erneut in einem Krieg zwischen den Mächten des Himmels und der Hölle enden könnte – bekannte Elemente, die Ange zu einem zweifellos packenden, allerdings nicht sonderlich originellen Plot vereinen.

Dass die Story mitunter relativ dünn ist, beweist auch die geringe Zahl an Dialogszenen. Ein überraschend großer Teil des Comics kommt ohne allzu viele Worte aus, sondern lebt einzig und allein von der Sprache seiner Bilder.

Es dürfte daher niemanden verwundern, wenn ich hier festhalte: Das, was den Reiz des Albums ausmacht, sind weniger die Storylines als vielmehr die einzigartigen, variantenreichen Zeichnungen. Hölle ist zum einen ein Werk, das vor allem vom dynamischen Zeichenstil Varandas lebt. Dank überlappender Panels, häufigen Perspektivenwechseln sowie einer Vielzahl von Einzelbildern, die einen beim Lesen die Bewegung der Figuren regelrecht spüren lassen, verfügt Hölle über ein enormes Tempo, das die Dramatik der Story um ein Vielfaches zu steigern versteht.

Dass man beim Lesen geradezu in einen visuellen Rausch kommt (was zugegebenermaßen ein wenig übertrieben klingen mag, mein Empfinden bei der Lektüre aber am ehesten adäquat wiedergibt), liegt vor allem an den starken Kontrasten, mit denen der Comic arbeitet.

So, wie sich in der Story die Mächte des Lichts und der Finsternis gegenüberstehen, so sieht man sich auch in der Bildsprache des Werks immer wieder mit krassen Gegensätzen konfrontiert. Dem düsteren Rot und Schwarz der Hölle steht ein helles, fast schon ätherisches Blau in Szenen gegenüber, die im Himmel spielen. Auf Zeichnungen, die einzelne Details aus allernächster Nähe betrachten, folgen Bilder, die Überblicke über gewaltige Szenerien geben. Detailreiche Abbildungen von Handlungsorten konkurrieren mit der manchmal schon ein wenig flüchtig und hastig ausgeführt erscheinenden Gestaltung der Charaktere (insbesondere die Schergen der Hölle sind hier zu nennen, die zwar bedrohlich und bestialisch wirken, nichtsdestotrotz allerdings kaum voneinander zu unterscheiden sind).

Es ist dieses Spiel mit den Gegensätzen, das Hölle so ungemein faszinierend macht, ein Werk, bei dem man hin und wieder geradezu von Bild zu Bild rast, nur um sich im nächsten Moment in einer lange Zeit in einer einzigen Zeichnung zu verlieren.

Hölle ist ein Fest für alle Fans düsterer Fantasywerke. Die kraftvollen Zeichnungen Varandas machen das Album zu einem bildgewaltigen Horrortrip, der leider viel zu schnell zu Ende geht – und zu allem Übel auch noch mit einem fiesen Cliffhanger ausklingt. Nichts für Zartbesaitete, aber das sollte ja schon durch den Titel klar werden. Wer aber nach einem düsteren und dramatischen Werk mit ausdrucksvoller Bildsprache sucht, der liegt mit Hölle goldrichtig.

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

PhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicBackgroundImpressum

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.