Hohlbein, Wolfgang: Göttersterben - Die Chronik der Unsterblichen 10
Göttersterben
Nun aber scheint ihre Suche ein Ende zu haben. In der Spanischen Hafenstadt Cádiz stoßen sie auf Hinweise von Lokis Anwesenheit. Das Aufspüren des Unsterblichen gestaltet sich allerdings als schwierig. Die Spanische Armada, eine der größten Flotten, die die Welt je gesehen hat, liegt im Hafen vor Anker und rüstet sich zum Krieg gegen England, weshalb die Stadt geradezu überquillt vor angespannten Soldaten und Söldnern.
Andrej ist jedoch nicht bereit, so schnell aufzugeben. Verbissen sucht er nach Loki, um Rache zu üben ein Vorhaben, für das er vermutlich mit einem ungeheuren Preis zahlen muss: mit seinem Seelenheil...
Kritiker mögen der »Chronik der Unsterblichen« vorwerfen, sie behandle im Endeffekt immer nur Variationen desselben Themas, in dessen Zentrum das stets gleiche Drama stünde: der Vampyr in Andrej droht, endgültig die Kontrolle über den Schwertkämpfer zu übernehmen. Diese Schelte ist durchaus berechtigt. Auch in »Göttersterben« kommt dieser Storyline eine gewichtige Rolle zu.
Ein weiterer, durchaus angebrachter Kritikpunkt betrifft die in den verschiedenen Romanen auftauchenden Personen, Andrej und Abu Dun ebenso wie die jeweiligen Nebenfiguren. Allzu oft kommt es im Laufe der Handlung vor, dass sie sich in einer Szene urplötzlich anders verhalten, als es ihre vorangegangene Charakterisierung hätte vermuten lassen. In dieser Hinsicht ist Hohlbein sehr inkonsequent und opfert Logik und Glaubwürdigkeit nur zu gerne der Dramatik. Auch in diesem Falle bildet »Göttersterben« keine Ausnahme.
Doch so zulässig und verständlich diese beiden Kritikpunkte auch sein mögen, sie ändern nichts an der Tatsache, dass »Die Chronik der Unsterblichen«, von wenigen Ausnahmen abgesehen, eine ungemein packende Reihe ist, und dass »Göttersterben« ein ebenso düsterer wie gelungener Dark-Fantasy-Roman ist, der, trotz gelegentlicher Logiklöcher, durchgehend zu überzeugen weiß.
»Göttersterben« lebt vor allem von der dreckigen, ungeheuer dichten Atmosphäre, die Hohlbein schon mit den allerersten Sätzen aufbaut. Der Roman ist brutal und blutig; es gibt eine Vielzahl gnadenloser Zweikämpfe und so manch hochdramatische, menschenverachtende Schlachtszene, die derart intensiv geschildert ist, dass man den Eindruck bekommt, ein Film laufe vor einem ab.
Ein weiterer, häufig zu hörender Vorwurf, der Hohlbein gemacht wird, ist der, dass er sich zu lange mit unwesentlichen inneren Zwistigkeiten seines jeweiligen Protagonisten aufhalte und darüber die eigentlich Handlung vergesse. Man mag davon nun denken, was man will, auf den zehnten Band der »Chronik der Unsterblichen« trifft diese Vorhaltung in keinster Weise zu. Hohlbein verbindet eine mitreißende, in weiten Teilen äußerst bösartige Handlung mit einer nicht minder dramatischen Veränderung Andrejs und erschafft so einen Mix, bei dem Fans düsterer actiongeladener Geschichten das Herz aufgeht. Es wird gemordet, es wird gestorben, es spritzt Blut, es regnet Trümmer und Gliedmaßen kurzum, wer auf Dark Fantasy der wirklich unfreundlichen Sorte steht, der wird an diesem Roman nicht vorbeikommen.
»Göttersterben« ist Wolfgang Hohlbeins bester Roman seit langem. Gnadenlos und ohne die Verwendung vieler abstrakter Bilder, wie er es sonst gerne tut, legt der Autor einen rasanten, fesselnden Plot ganz im Stile der frühen Romane der Reihe vor. Ein Lesevergnügen, das sich kein Dark-Fantasy-Fan entgehen lassen sollte. Da fällt das warten auf den nächsten Roman um die beiden Unsterblichen Andrej und Abu Dun wirklich ungemein schwer.