... Rafael Marques über John Sinclair, Dark Land und den Echsendämon Rakk
... Rafael Marques ...
... über John Sinclair, Dark Land und den Echsendämon Rakk
Tja, wo fange ich am besten an? Ich bin 30 Jahre alt, komme aus dem schönen Limburg an der Lahn und arbeite – wenn ich gerade nicht mit Schreiben beschäftigt bin – am Frankfurter Flughafen.
In meiner sonstigen Freizeit versuche ich so oft wie möglich in die Natur zu kommen, andererseits bin ich aber auch immer auf der Suche nach guten Einkehrmöglichkeiten. ?
Rafael ist übrigens auch mein echter Vorname, wobei Marques ein Teil meines Geburtsnamens ist (ich bin halber Portugiese).
Eigentlich durch John Sinclair. Ich habe die Serie gelesen, seit ich 14 bin. Irgendwann habe ich dann angefangen, mir auszudenken, wie ich einen eigenen Sinclair-Roman schreiben könnte.
Es gibt sogar einen Fanfiction-Roman, der noch irgendwo bei mir herumfliegt, und noch ein älteres Schulheft, in das ich mal den Anfang einer Geschichte gekritzelt habe. Das waren so meine ersten schwachen schriftstellerischen Gehversuche, aber sie haben einen Keim gelegt.
Vorbilder habe ich jetzt nicht direkt, aber schon Romane, die mich geprägt haben. Vor John Sinclair habe ich bereits einige Jahre die Serie „Gänsehaut“ von R.L. Stine gelesen, die eigentlich meine Einstiegsdroge in den Gruselroman-Bereich war.
Daneben habe ich noch in ziemlich jungen Jahren im Urlaub mal „Friedhof der Kuscheltiere“ von Stephen King gelesen. Mann, habe ich mich damals dabei gegruselt …
Den ursprünglichen Kontakt zum Bastei-Verlag hat damals Florian Hilleberg hergestellt. Ich habe ihn gefragt, bei wem ich mich bewerben könnte, um mit ins Team zu kommen oder zumindest auch mal an der Serie mitzuschreiben.
Er hat dann bei der Britta, unserer Lektorin, nachgefragt und gab mir dann netterweise ihre Email-Adresse. Bei ihr habe ich mich dann mit meinen ersten Exposés bzw. Manuskripten beworben. Und nach einer – zumindest meinem Gefühl nach endlosen – Wartezeit hat es dann ja auch funktioniert. ?
Das ist eigentlich ganz unterschiedlich. Handelt es sich um einen Roman mit Bezug zur Haupthandlung, wie damals bei Band 1993 „Hetzjagd der Harpyie“ oder noch mehr bei meinen 3. Teil der 2000er-Trilogie, muss man sich natürlich erst mal genau mit den anderen Autoren besprechen, wie man die Handlung gestalten kann.
Ansonsten ist es meistens so, dass mir Ideen für eine Story einfach so kommen – bei der Arbeit, beim Autofahren oder einfach nur in Tagträumen. Wenn man einmal in einer Serie drin ist und sich mit der Welt und ihren Figuren auskennt, ist die Vorarbeit um einiges leichter.
Natürlich muss ich trotzdem immer wieder einige Sachen nachschlagen. Bevor ich ein Exposé anfange, setze ich einen Handlungseinstieg, das Ende und ein paar Dinge dazwischen fest. Der Rest fügt sich einfach beim Schreiben der Handlungszusammenfassung ineinander. Und dann muss das Exposé natürlich noch abgesegnet werden, bevor es losgehen kann.
Ich denke schon. Dank etwa Google Maps muss man heute keine Karten mehr wälzen, das erleichtert die Sache bestimmt.
Ich versuche immer, die Handlung auch wirklich in die reale Welt einzubetten, das heißt, Städte- und hin und wieder auch Straßennamen sollten schon einigermaßen realgetreu sein, selbst wenn der Handlungsort selbst vielleicht fiktiv ist.
Daneben ist es auch immer hilfreich, mal über alte Sagen oder einfach nur die Geschichte eines Ortes nachzulesen, um einige Punkte daraus in die Geschichte einzubauen oder zumindest am Rande zu erwähnen.
Auch andere Dinge wie Waffen, Polizeiränge und selbst die örtliche Flora versuche ich mit entsprechender Recherche relativ authentisch herüberzubringen.
So wollte ich meinen Band 2048 „Die schlafende Armee“ ursprünglich auf der Isle of Mull spielen lassen, habe ihn dann aber auf eine andere Insel umgesiedelt, weil es auf der Isle of Mull keine zur Handlung passenden Waldflächen gab.
Das ist ganz unterschiedlich. Alles hängt von der Zeit und der Energie ab, die ich in meiner Freizeit aufbringen kann.
Ich habe schon Romane innerhalb weniger Tage geschrieben, aber manchmal dauert es auch gute drei oder vier Wochen, bis ich das Wort „Ende“ unter die Geschichte setzen kann.
Bisher wurden fast alle meine Arbeitstitel vom Verlag auch so übernommen. Einzige richtige Ausnahme war Band 2074 „Auferstehung der Banshees“, welcher ursprünglich „Der Fluch der Banshees“ hieß.
Daneben hatte ich vor dem Schreiben des Romans einige Titelvorschläge für den letzten Dark-Land-Roman gemacht, die dann aber nicht übernommen wurden. „Die letzten Stunden von Twilight City“ klingt im Nachhinein betrachtet aber wirklich besser als beispielsweise „Die Wurzel alles Bösen“.
Welcher es genau war, weiß ich leider nicht mehr genau, nur, dass es ein Buch aus der Weltbild-Hardcover-Edition war. Möglicherweise der Zweiteiler um den Hexenwürger von Blackmoor, aber sicher bin ich mir nicht. Mein erstes Heft war auf jeden Fall Band 1262 „Die Sauger“. Mittlerweile sieht es nicht mehr so gut, aber ich halte es immer noch in Ehren.
Für mich war so eine richtige Gruselserie etwas völlig Neues. Auch wenn manche Altleser jetzt vielleicht die Stirn runzeln wird, aber ich fand die Romane damals richtig spannend und fesselnd, zumal es auch noch mehrere übergeordnete Handlungen bzw. wiederkehrende Gegner gab, die mich einfach interessiert haben (z. B. Justine und Dracula II bei den Vampiren, die Templer oder die sich damals ankündigende Rückkehr des Schwarzen Tods).
Außerdem fand ich es toll, dass es trotzdem immer wieder in sich abgeschlossene Stories gab. Irgendwie hat mich Jason Darks Schreibe damals einfach sofort in den Bann gezogen.
Das ist eigentlich ganz einfach erklärt: Britta hat mich gefragt, ob ich nicht Interesse hätte, an Dark Land mitzuschreiben.
Und nachdem ich mich erstmal auf den neuesten Stand der Handlung gebracht und nach Absprache mit Britta ein Exposé erstellt habe, war ich dann dabei.
Vor allem, dass mich gereizt hat, mal etwas völlig anderes zu schreiben. „Dark Land“ ist zwar ein direkter Spin-off von „John Sinclair“, aber vom Ton, der Handlung und den Figuren her unterscheiden sich die beiden Serien quasi wie Tag und Nacht.
Da man sich in einer völlig neuen Welt bewegt – in der es natürlich trotzdem einen bereits vorher festgelegten Rahmen gibt – bedeutet das natürlich auch, dass man als Autor mehr kreative Freiheiten hat. Zumindest habe ich das so empfunden.
Die Exposés wurden jeweils auch von den Autoren geschrieben, die letztendlich die zugehörigen Romane verfasst haben. Natürlich musste man sich innerhalb der Rahmenhandlung bewegen, aber wir haben uns auch oft untereinander und/oder mit Britta besprochen, damit die Handlungen der einzelnen Romane ineinander übergreifen und vor allen Dingen, um zu wissen, wie es danach weitergehen soll.
Direkte Anweisungen nicht, aber Britta hat natürlich auch auf die fortlaufende Handlung eingewirkt und sie in bestimmte Richtungen gelenkt oder mitgelenkt.
Die Planung von größeren Handlungsverläufen haben wir häufig in Telefonkonferenzen besprochen, die dann auch mal zu dritt oder zu viert abliefen. Daneben haben wir Autoren uns untereinander ausgetauscht, damit sich unsere Romane auch passend ineinander fügten.
Bei den einzelnen Handlungsfäden gab es allerdings eine relative kreative Freiheit, natürlich im Rahmen dessen, wo wir handlungsmäßig irgendwann hinwollten. Beispielsweise war es meine Entscheidung, den Faden um das Schiff der Toten in DL # 27 zu beenden, weil ich der Meinung war, dass fünf Romane für das Thema ausgereicht haben.
Die Ursprünge von Rakk liegen in gewisser Weise bei „John Sinclair“. Dort gibt es die Guten und die Bösen, mal abgesehen von einigen Charakteren, die etwas mehr Facetten aufweisen.
Ich wollte einen Charakter schaffen, den man nicht auf eine Seite einordnen kann, der vielleicht auf eine gewisse Weise böse erscheint, auf eine andere auch als ein Antiheld fungieren kann.
Dass er letztendlich ein Echsendämon geworden ist, ist wohl auch einer gewissen Faszination für derlei Tiere geschuldet.
Ja, die Beschreibung passt sehr gut. Auch wenn Rakks Methoden und Arbeitsweisen vielleicht noch etwas rigoroser und brutaler sind als die der Detektive in der Pulp- und Film-Noir-Ära.
Ich bin schon lange ein Fan dieser Genres, deshalb hat es mir besonders viel Spaß gemacht, einen Charakter aus diesem Bereich zu kreieren.
DL #17 „Götterdämmerung“ erläutert habe, aus dem Dienst entlassen wurde. Auch, aber er ist eigentlich mehr als das. Ursprünglich war er „nur“ ein normaler, wenn auch hartgesottener, Polizist, bis er auf Grund der Ereignisse, die ich in
Seit dieser Zeit hat er sich erst wirklich zu der Person entwickelt, die er heute ist. Er ist jemand, der sich am liebsten auf sich selbst verlässt, der berechnend und nie ohne Plan vorgeht, dabei aber immer einen Joker in der Hinterhand hat.
Er handelt nicht ohne Gewissen, zeigt sich aber gegenüber Feinden oder denjenigen, die sich ihm in den Weg stellen, gnadenlos. So zwielichtig er oft auch erscheinen mag, seine wenigen Freunde sind ihm sehr wichtig. Das bedeutet jedoch nicht, dass er bei diesen Freundschaften nicht auch hin und wieder auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist.
DL # 6 auf dem Schiff der Toten das Leben gerettet hat, obwohl er damit seine einzige rote Kugel opfern musste, eine Freundschaft. Bedingungslos sicher nicht. Es kommt zumindest auf die Person an. Mit Wynn beispielsweise verbindet ihn, seit er ihn in
In DL # 42 stellt sich jedoch letzten Endes heraus, dass er Wynns Vertrauen zu ihm benutzt hat, um aus der Welt von Twilight City zu fliehen – allerdings nicht, ohne sich um dessen Schicksal zu kümmern. Freunde können ihm also in gewisser Hinsicht vertrauen, sie sollten allerdings damit rechnen, dass er auch sein eigenes Süppchen kocht.
DL # 11 wurde Rakk von einer gewaltigen, aber doch normalen Explosion zerfetzt. Da noch etwas – ein Fingerglied und natürlich sein Geist – von ihm übrig war, konnte er sich dank seiner Fähigkeiten als Echsendämon wieder regenerieren. In
in # 27 „Die schwärzeste Nacht“ wurde er dagegen von einem magischen Geschoss getroffen, durch das das Gift der Schwarzen Göttin in seinen Körper strömte und ihn so stark schädigte, dass er den Arm abschlagen musste. Die Magie der Göttin war der des Echsendämons überlegen, weshalb er den Arm nicht regenerieren konnte.
DL 32 getroffen ist (eine mysteriöse Gestalt in einem aus Schlangenmäulern bestehenden Schutzanzug, die den Auftrag hatte, den Engel Samuel daran zu hindern, in die Welt von Twilight City vorzudringen), gerettet und nach Twilight City zurückgeschickt hat. Wo genau er dabei war, lasse ich an dieser Stelle noch offen. Das ist etwas, was ich noch vorhabe genauer zu klären. In DL 42 sagt er selbst, dass er zwischen den Dimensionen verschollen war, bis ihn ein Wesen wie jenes, auf das er in
Wie mittlerweile denjenigen, die die Romane gelesen haben, bekannt ist, wurden alle Weißen Herrscher bis auf einen getötet, welcher sich wieder nach Sgoth zurückgezogen hat.
Bella Tosh ist nach der Erkenntnis, selbst die Nachfahrin einer Weißen Herrscherin zu sein, völlig verändert und schließt mit ihrem alten Leben – Wynn eingeschlossen – ab, um augenscheinlich ebenfalls nach Sgoth zurückzukehren.
Mit dem letzten Band wollte ich nochmal den Fokus auf die Hauptfiguren der Serie legen: Wynn, Abby und Sir Roger. Dass dabei einige offene Handlungsstränge auf der Strecke blieben, ist denke ich nur logisch, da das die Geschichte komplett überfrachtet hätte.
Ohne denjenigen, die Band 42 noch nicht gelesen haben, alles zu verraten: Am Ende kommt es schließlich nicht nur zu einem tödlichen Finale für einen wichtigen Charakter, sondern auch zu einem letzten Showdown zwischen Wynn und Norek, an dessen Ende ersterer wieder in seiner Welt landet und seine Freundin Abby zurücklassen muss.
Wo genau er schließlich wieder auftaucht, erfährt man in John Sinclair Band 2085 „Der Engelstöter“.
Ja, aber nur beim Übertritt in „unsere“ Welt. Danach gehen beide erstmal ihre eigenen Wege, wobei Wynn/Johnny davon ausgeht, dass Rakk in der Welt von Twilight City tot zurückgeblieben ist.
Johnny wird auf jeden Fall wieder bei „John Sinclair“ integriert, aber als durch seine Erlebnisse in Twilight City gereifter Charakter. Rakk dagegen wird sich etwas zurückhalten, immerhin muss er sich in seiner neuen Umgebung erst einmal zurechtfinden. Es dürfte aber klar sein, dass er nicht einfach so als Echsendämon in der realen Welt auftreten kann.
Die Frage zu beantworten fällt mir ehrlich gesagt etwas schwer. Erst einmal muss man sagen, dass die Serie bei denjenigen, die „Dark Land“ gelesen haben, meiner Meinung nach durchaus gefunkt hat. Nur waren es eben nicht genug.
DL war, wie bereits erwähnt, etwas völlig anderes als „John Sinclair“, schon allein vom Storytelling her. Durch die eng verzahnte Handlung und den, sagen wir mal „Kulturschock“, mit dieser völlig neuen Welt, hatte es die Serie bei den Gelegenheitslesern – anders als die Ursprungsserie – sicher von Anfang an schwer.
Natürlich gab es ungewöhnlich viele Themen, die parallel behandelt wurden, aber ich finde, es hielt sich alles im Rahmen, auch wenn das sicher einige anders sehen werden. Gerade das Thema „Weißes Schiff“ wurde ja vielfach kritisiert, und ich verstehe die Fans, wenn sie sagen, dass sie sich einen anderen bzw. schnellen Fortgang dieser Handlung gewünscht haben. Andererseits bin ich der Meinung, dass dieser Faden logisch fortgeführt und aufgelöst wurde.
Man sollte natürlich bedenken, dass die Einstellung der Serie uns die Möglichkeit genommen hat, wirklich alle begonnene Handlungsstränge auch zu einem befriedigenden Ende zu bringen bzw. sie noch weiter auszubauen, wie es vielleicht ursprünglich geplant war.
Man muss aber auch sagen, dass Johnny Conolly vor den Tod seiner Mutter nie zu den wirklich beliebten Charakteren bei „John Sinclair“ gehört hat und deshalb möglicherweise einige Sinclair-Leser weniger interessiert waren, zu erfahren, wie er sich weiterentwickelt. Zumindest ist das in den Foren in den Jahren vor dem Start der Serie mein Eindruck gewesen.
Wenn ich mich nicht ganz täusche, war das, als ich Band 37 korrekturgelesen habe. Da stand die Handlung der nächsten beiden Bände aber glaube ich schon relativ fest.
Ich vermisse sie jetzt schon sehr. Die Serie war für mich immer etwas besonders, nicht nur, aber auch, weil ich die Möglichkeit bekommen habe, sie so stark mitzugestalten.
Im Gegensatz zu „John Sinclair“, gab es hier für die anderen Autoren und mich eine völlig neue Welt, die wir mit Leben füllen konnten. Das bedeutete natürlich auch, dass man sich mit seinen Ideen um einiges freier entfalten konnte – natürlich, ohne den Rahmen der Serie zu sprengen.
Ich bin ja während „Dark Land“ lief nie ganz aus „Geisterjäger John Sinclair“ weggewesen und habe dort auch noch weiter Romane geschrieben. Jetzt werden das natürlich hoffentlich wieder mehr werden.
Mein nächster Sinclair-Roman wird Band 2088 „Rache aus dem Totenreich“, danach wird es mit Band 2092 meinen zweiten Australien-JS-Roman geben.
Der Titel von Band 2092 lautet „Wolfsmond über Sydney“.
Es handelt sich um eine etwas andere Werwolfsgeschichte, die in gewisser Weise auch einen Bezug zu meinem vorherigen Australien-Roman (Band 2035 „Der Totengeist von Townsville“) besitzt.
Außerhalb von John Sinclair nichts. Aber ich arbeite daran, dass da noch mehr kommt. Abwarten …
Vielen Dank auch, dass ich sie beantworten durfte.
Kommentare
Sehr interessant und der Autor kommt auch sympathisch herüber. Ich bin froh, dass die Sinclair Reihe nicht beendet wurde und eine neue Autorenriege ran darf, welche die Reihe hoffentlich nur über den Hauptautor hinaus (falls er mal nicht mehr schreiben will oder kann) dauerhaft fortsetzen werden.
Irgendwie begleiteten mich die Sinclair-Hefte ab dem 12. Lebensjahre regelmässig im Leben, weshalb es für mich immer eine schöne Kindheitserinnerung bleibt, auch wenn es manchmal trivial zugeht.