I am Legend
I AM LEGEND
mit Will Smith, Alice Braga, Dash
Mihok, Charlie Tahan, Salli Richardson, Willow Smith.
Kamera: Andrew Lesnie
Musik: James Newton Howard
Buch: Mark Protosevich, Akiva Golsman
Regie: Francis Lawrence
101 Minuten
USA 2007
Es
gibt Filme, die sind für mich Pflicht. Mit großer Spannung erwartete ich diese
erneute Verfilmung des Romans von Richard Matheson. Ich muss dazu sagen, dass
dieser Roman für mich so etwas wie eine heilige Schrift ist, ich ihn, seit ich
ihn das erste Mal gelesen habe, regelrecht anbete. Fraglos muss eigentlich eine
Verfilmung vor diesem Hintergrund bei mir scheitern. Es ist jedoch unfair, wenn
man die kongeniale Übersetzung einer Literaturvorlage erwartet (Egal, um
welchen Roman es sich handelt). Ein Film muss sich nicht wortgetreu an alles
halten. Wenn er die Stimmung der Vorlage einfangen kann, dann hat er im Grunde
sein Ziel erreicht.
Das gelingt diesem Film über weite
Strecken beängstigend gut, wenngleich er inhaltlich deutlich vom Roman
abweicht.
Der Film verlegt die Handlung in
eine sehr nahe Zukunft, bezieht Aktuelles mit ein. Das ist legitim, ja sogar unabdingbar,
soll der Stoff vor allem auch für ein jüngeres Publikum wirksam und
nachvollziehbar sein. Die Story darf gar nicht mehr in den 50'er/60'er Jahren
spielen, denn das würde diese dem neueren Publikum eher der Lächerlichkeit
preisgeben.
Robert Neville ist der letzte
normal existierende Mensch in dieser Welt. Ein unheimlicher Virus hat die
Menschheit zu vampirartigen Nachtgeschöpfen gemacht. Verzweifelt versucht der
Wissenschaftler zu ergründen, warum er gegen diesen Virus immun ist.
So weit die Gemeinsamkeiten.
Zugegeben, es ist nicht viel, aber es bildet das Grundgerüst. Während im Roman
die neuen Wesen des Denkens und Sprechens weiterhin mächtig sind, macht der
Film sie zeitgemäß zu eher zombieartigen Wesen, die nur von ihren Aggressionen
gesteuert werden. Das verflacht den Stoff erheblich. Glücklicherweise legen
Drehbuchautoren und Regisseur aber nicht ihr Hauptaugenmerk darauf.
Im Mittelpunkt des Films wie des
Romans steht dieser einsame Mensch, der zwar nach dem Geheimnis forscht, aber
dessen seelischer Verfall aufgrund der Einsamkeit immer mehr zunimmt. Während
der Roman häufig sehr wissenschaftlich orientiert ist und das Ganze meist eher
distanziert darstellt, versucht der Film von vornherein sich auf die emotionale
Seite zu konzentrieren. Und das macht er an manchen Stellen wirklich gut.
Grossen Anteil daran hat der Schauspieler Will Smith. Ihm gelingt es, mit nur
wenigen mimischen Veränderungen eine breite Palette von Empfindungen
auszudrücken. Smith entwickelt sich seit einigen Jahren zu einem beachtlichen
Charakterdarsteller und er hat das Zeug dazu, nicht nur berühmt (was er ja
schon ist) sondern einer der ganz Grossen zu werden.
Der Film hat, solange Neville
allein ist, einige sehr bewegende und auch einige mörderisch spannende
Sequenzen. Leider flacht er am Ende dann etwas ab, denn es stellt sich heraus,
dass er doch nicht der letzte Mensch ist. Er trifft auf eine Frau und ein Kind,
die aus einer abgeschotteten Stadt kommen, in der die vermeintlich letzten
Menschen leben. Dorthin nimmt die Frau jene Erkenntnisse mit, die Neville
gewonnen hat. Er löst das Geheimnis des Virus. Er opfert sich, um der Frau die
Flucht mit dem Serum zu ermöglichen. Dadurch wird die Menschheit, wie wir sie
kennen, gerettet und er wird zur Legende. Eigentlich hätte der Film also HE
IS LEGEND heißen müssen.
Hierin liegt der entscheidende
Unterschied zur Vorlage. Im Roman muss Neville am Ende erkennen, dass all sein
Streben nutzlos ist, denn eine neue Spezies hat die Herrschaft über die Erde
übernommen. Er ist das Relikt einer vergangenen Welt und wird folgerichtig am
Ende von diesen neuen Wesen hingerichtet. Der letzte Satz des Romans ist sein
eigener Gedankengang I AM LEGEND.
Komischerweise gibt es gerade in
jener schwächeren Schlussphase eine Sequenz, die für mich die Schlüsselszene
des Films darstellt und die ich für mich schon jetzt zur bewegendsten Szene des
Kinojahres 2008 gekürt habe. Manch einem Zuschauer wird diese Szene eher
lächerlich erscheinen.
Wir sehen den Jungen, wie er sich
von DVD im Fernsehen den Film SHREK ansieht. Plötzlich betritt Neville
den Raum und beginnt, jeden Dialogsatz des Films mitzusprechen, und zwar in
beinahe identischer Tonlage. Ich gebe zu, dass ich wirklich geschockt war und
mir bei dieser Szene Tränen über die Wangen liefen, denn selten ist mir die
Einsamkeit eines Menschen so krass vor Augen geführt worden. Wenn ein Film eine
solche Regung in mir erzeugt, dann hat er gewonnen, ganz gleich, wie der Rest
auch sein mag. Ich weiss nicht, wie diese Szene sich in der Deutschen
Synchronisation darstellen wird, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass sie
eine ähnlich intensive Wirkung erzielen kann (Ich will es auch gar nicht wissen
ich halte Synchronisation für Zensur, ein Film wird dadurch sprachlich und
emotional zensiert) man muss Will Smith hier wirklich original sprechen
hören.
Der Film ist, auch wenn er am Ende
leicht schwächelt, sehr empfehlenswert. Er erzeugt eine düstere, dramatische
Stimmung und wird dadurch in vielen Teilen dem Roman gerecht. Dass er seiner
Vorlage nicht das Wasser reichen kann, versteht sich von selbst. Aber wenn ich
die Zeichen richtig deute, dann will er das auch gar nicht.