Marr, Melissa - Gegen das Sommerlicht
GEGEN DAS SOMMERLICHT
von Melissa Marr
Übersetzung: BIRGIT SCHMITZ
347 Seiten Hardcover 17,90
ISBN 978-3-551-58168-6
Carlsen Verlag, Hamburg
Ashlyn,
wenn du die Richtige bist, der Schlüssel, den ich brauche, und dich von mir
abwendest, wird es auf der Erde immer kälter werden, bis die Sommerelfen dich
jetzt eingeschlossen untergehen und die Sterblichen verhungern.
Die
Siebzehnjährige Ashlyn hat die besondere Gabe ihrer Familie geerbt, denn sie
kann SEHEN! Sie sieht die Elfen, die sich unsichtbar in unserer Welt bewegen
und meist den Menschen eher übel mitspielen. Eines Tages lernt sie Keenan
kennen, den Elfenkönig des Sommerhofes. Er ist seit Jahrhunderten auf den Suche
nach der richtigen Frau, die seine Königin werden kann, um so seiner bösartigen
Mutter, der Winterkönigin Beira, die Stirn bieten zu können. Beira bringt die
neue Eiszeit über die Erde.
Ashlyn ist jedoch alles andere als
erfreut über das Werben des Sommerkönigs. Eigentlich liebt sie Seth, einen
etwas eigenwilligen jungen Mann, der am Rande der Stadt lebt. Als Keenan immer
aufdringlicher wird, gibt sie zum Schein seinem Werben nach, um mehr über die
Hintergründe zu erfahren. Keenan legt das Mädchen herein und macht sie ohne ihr
Wissen zur Elfe, worauf ihr kaum noch eine andere Wahl bleibt. Aber sie will
Seth nicht aufgeben, weshalb es zu einer eigenartigen Kompromissentscheidung
kommt.
Eine sehr merkwürdige Geschichte,
bei der mehr als ein Mal das Gefühl hochkommt, dass die Autorin eigentlich
etwas ganz anderes geplant hatte. Verschiedene Hinweise im Text legen die
Vermutung nahe, dass die ursprüngliche Konzeption einem Vampirroman entsprach.
Wahrscheinlich entschied sie sich dann anders, weil es schon so viele Romane
dieser Art gibt.
Bei den Beschreibungen sind die
Elfen oft zwanghaft auf ein exotisches Aussehen getrimmt. Weder bei ihnen noch
bei den Menschen werden (bis auf zwei Ausnahmen) echte Charaktere geformt. So
fällt es dem Leser schwer, Identifikationsfiguren zu finden.
Ashlyn, die Hauptperson, erfüllt
diese Anforderungen nicht, was natürlich sehr abträglich ist. Ihre emotionale
Wankelmütigkeit ist schwer nachvollziehbar und ihre Entscheidungen zum Ende hin
beinahe lächerlich.
Der interessanteste Charakter ist
Seth, ein Typ, der über und über tätowiert und gepierct ist. Obwohl die Meisten
(mich eingeschlossen) ihn aus optischen Gründen ablehnen würden, wächst er dem
Leser irgendwann ans Herz. Seine liebevolle und entschlossene Art, Ashlyn
Schutz zu geben und mit endloser Geduld auf ihre Liebe zu warten, macht ihn zu
einem Menschen, der einschlägige Vorurteile Lügen straft und uns lehrt, dass
das Äußere nie wirklich entscheidend ist. Leider wirft die Autorin alle gut
aufgebauten Charakterzüge am Ende über den Haufen. Ach, das Ende des Romans,
aber dazu komme ich gleich noch.
Die Erzählform ist mehr als
unglücklich. Es gibt keine Geheimnisse. Sehr häufig wird die Perspektive
gewechselt und in manchen Sequenzen sind die Elfen gar unter sich. So erfahren
wir von Anfang an, warum alles geschieht. Wir sind der Protagonistin immer voraus,
wodurch ihre Suche nach dem Sinn des Ganzen teilweise richtig langweilig wird.
Es gibt kein wirkliches Aufbäumen
gegen das scheinbar unvermeidliche Schicksal, das Finale ist derart
undramatisch, dass man es mit einem Lächeln liest. Dieses Rundherum-Friede-Freude-Eierkuchen-Ende
ist schon peinlich eklig. Das erinnert mich an irgendwelche trivialen
Mädchenromane.
Der Roman ist nur dann stark, wenn
es längere Passagen mit Seth gibt oder mit der Winterprinzessin Donia, einer
ehemaligen Geliebten Keenans, die die Prüfung zur Sommerkönigin aber nicht
bestand.
Laut Klappentext ist dieser der
erste Roman einer Frau, die Literatur studiert hat. Ich frage mich nur, welche
Art von Literatur: Vielleicht Trivialliteratur? Leider wird sie mit diesem Werk
zum Teil nicht einmal jener gerecht, da sie offenbar beim Studium die Fächer
Timing und Dramaturgie nicht belegt hat.